Archive - Mär 30, 2021

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Rekord an Aufgriffen gefälschter Arzneimittel

Im Jahr 2020 verzeichnete der österreichische Zoll mehr Fälle als je zuvor. Die Menge der beschlagnahmten Medikamente war die bisher zweithöchste. Die Pharmig zeigt sich alarmiert.

 

Insgesamt 3.420 Aufgriffe gefälschter sowie anderer illegaler Arzneimittel erzielten die österreichischen Zollbehörden im Jahr 2020. „So viele Fälle in einem Jahr hat der Zoll noch nie verzeichnet“, heißt es dazu im aktuellen Produktpirateriebericht des Finanzministeriums. Die Zahl der sichergestellten Medikamente belief sich auf 345.966 Stück. Nach Angaben der Finanz war dies die zweithöchste jemals beschlagnahmte Menge nach 2018. Damals fielen dem Zoll rund 1,2 Millionen Stück an gefälschten und illegalen Medikamenten in die Hände. Zurückzuführen war dies laut dem Produktpirateriebericht insbesondere auf die vier größten Fälle, bei denen jeweils über 880.000 Stück an Arzneimitteln sichergestellt wurden: „Im Jahr 2020 wurden bei den vier größten Aufgriffen insgesamt ‚nur‘ 27.588 Medikamente entdeckt und es gab lediglich 17 Aufgriffe mit 1.000 Tabletten oder mehr (gesamt 46.710 Stück). Bei den restlichen Sendungen waren jeweils weniger als 1.000 Medikamente enthalten.“

 

Den größten Anteil an den beschlagnahmten gefälschten „Pharmazeutika“ hatten Potenzmittel sowie fruchtbarkeitsfördernde Produkte mit etwa 35 Prozent, gefolgt von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie schmerz- und entzündungshemmenden Präparaten mit jeweils rund 15 Prozent. Etwa zehn Prozent entfielen auf gelenksstärkende und knochenschützende Substanzen. Laut dem Produktpirateriebericht gehen die Aufgriffe an gefälschten Arzneimitteln seit 2018 zurück. Als Grund nennt die Finanz das Auslaufen des Patentschutzes für das Potenzmittel Tadalafil. Seither hätten sich die Fälscher auf Generika des Mittels verlegt, „die nicht unter Produktpiraterie fallen. Das hat auch einige Pharmafirmen dazu bewogen, ihre Anträge auf Tätigwerden beim Zoll gar nicht mehr zu verlängern“.

 

Wie die Behörden hinzufügen, entstanden dem Arzneimittelgroßhandel 2020 EU-weit Umsatzeinbußen von insgesamt etwa 10,0 Milliarden Euro, von denen 6,0 Milliarden Euro oder 60 Prozent auf Arzneimittelfälschungen entfielen. Den Mitgliedsstaaten der EU entgingen dadurch rund 1,0 Milliarden Euro an Steuern und Sozialabgaben.

 

„Alarmierender Anstieg“

 

Der Generalsekretär des österreichischen Pharmaindustrieverbandes Pharmig, Alexander Herzog, sprach von einem „alarmierenden Anstieg bei Arzneimittelfälschungen. Gefälschte Präparate und illegale Medikamente sind eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit, denn sie unterliegen keinerlei Qualitätskontrolle und können im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. In Wahrheit stecken hinter den scheinbar günstigen rezeptpflichtigen Arzneimitten aus dem Internet skrupellose Geschäftemacher und kriminelle Organisationen. Sicherheit beim Kauf eines Arzneimittels bietet allein die legale Lieferkette, bestehend aus Hersteller, Großhandel und Apotheke. Davon zeugen die strengen Sicherheitsvorkehrungen, die gefälschte und illegale Präparate vor dem Eindringen hindern“.

 

Wie Herzog betonte, ist der Bezug von rezeptpflichtigen Humanarzneimitteln über den Onlinehandel in Österreich veboten. Wer rezeptfreie Medikamente online bestellen möchte, sollte dies laut Herzog ausschließlich bei einer zugelassenen Online-Apotheke tun. Er verwies auf das diesbezügliche Verzeichnis des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen.