Aus für Martin Shkreli
Der „Pharma Bro“ darf sein Leben lang keine Geschäfte im Pharmasektor mehr machen und muss 64,6 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.
Martin Shkreli galt über Jahre hinweg als Enfant terrible der US-amerikanischen Finanzszene mit Schwerpunkt Pharmaindustrie, das mit umstrittenen Operationen um meist seit langer Zeit auf dem Markt befindliche, aber selten verschriebene Präparate hohe Gewinne zu erzielen wusste. Mit seinem letzten Coup dürfte sich der sogenannte „Pharma Bro“ indessen gründlich verrechnet haben: Die New Yorker Bundesrichterin Denise Cote sperrte ihn lebenslang von der Tätigkeit im Pharmasektor. Außerdem verurteilte sie Shkreli zu einer Strafe von 64,6 Millionen US-Dollar. Das meldete die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, Letitia James.
Der Hintergrund: Als CEO der Vyera Pharmaceuticals (vormals Turing Pharmaceuticals) erhöhte Shkreli den Preis von Daraprim buchstäblich über Nacht von 13,50 US-Dollar pro Tablette um rund 5.500 Prozent auf 750 US-Dollar. Das Mittel war bis vor kurzem das einzige von der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) zugelassene Medikament gegen Toxoplasmose, eine durch Parasiten ausgelöste Krankheit, die primär bei Katzen auftritt, aber auch den Menschen befallen kann. Gefährlich ist sie vor allem, wenn sich Schwangere infizieren. Sie können Fehl- bzw. Totgeburten erleiden. Kommen die Kinder lebend zur Welt, sind sie meist mit Toxoplasmose infiziert und können erblinden, an schwerer Gelbsucht erkanken oder gravierende Gehirnschäden erleiden. Bei AIDS-Kranken wiederum ist die Toxoplasmose schwer endgültig heilbar. Sie kann immer wieder auftreten und muss daher dauerhaft behandelt werden.
Generalstaatsanwältin James sowie die für Konsumentenschutz zuständige Federal Trade Commission (FTC) bezichtigten Shkreli wegen seiner Preiserhöhung für Daraprim der rechtswidrigen Ausnutzung einer Monopolstellung und brachten ihn sowie seinen Geschäftspartner Kevin Mulleady im Jänner 2020 vor Gericht. Im April 2020 schlossen sich die US-amerikanischen Bundesstaaten Illinois, Kalifornien, North Carolina, Ohio, Pennsylvania und Virginia der Klage an. Nunmehr wurde Shkreli laut Generalstaatsanwältin James rechtskräftig für schuldig befunden.
„Verrückt“ und „unverantwortlich“
Wie die Kläger argumentierten, sei Daraprim in den USA über Jahrzehnte hinweg billig und daher leicht zugänglich gewesen. Im August 2015 habe Shkreli mittels seiner Vyera das Medikament und die Rechte daran übernommen und den Preis sofort erhöht – in einer Weise, die die früheren Anbieter des Mittels wörtlich als „exzessiv“, „verrückt“ und „unverantwortlich“ beschrieben hätten. Generalstaatsanwältin James betonte: „Die Reichen und Mächtigen können nicht nach ihren eigenen Spielregeln agieren. Geld regelt auch für Herrn Shkreli nicht alles. Die Bürger des Staates New York können darauf vertrauen, dass meine Behörde und ich alles tun werden, um die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen und die Gesundheit der Menschen sowie ihre Geldbörsen zu schützen.“ FTC-Chefin Lina Khan sprach von einem „bedeutenden Sieg für die amerikanischen Konsumenten. Dieser Präzedenzfall sollte alle Manager warnen, dass sie persönlich für wettbewerbswidriges Verhalten verantwortlich gemacht werden können, das sie leiten oder kontrollieren“.
Bereits im August 2017 war Shkreli im Zusammenhang mit einer anderen Causa von einem Gericht in Brooklyn wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt worden. Im März 2018 wurde die Strafe mit sieben Jahren Gefängnis festgesetzt.
Blog aus dem Gefängnis
Shkreli, der aus einer albanisch-kroatischen Einwandererfamilie stammt, reagierte bisher nicht auf seine neuerliche Verurteilung. Der letzte Eintrag auf seinem Blog datiert von Ende August 2021. Darin teilt er mit, er werde voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 aus dem Gefängnis entlassen und freue sich bereits darauf: „Bald werde ich mehr über meine künftigen Pläne schreiben. So viel ist sicher: Ich bleibe in New York City.“