OMV: Weiter Verhandlungen mit Adnoc
29.05.24
von
Klaus Fischer
Nach wie vor gibt es keine Entscheidung bezüglich der Schaffung eines gemeinsamen internationalen Petrochemiekonzerns, hieß es bei der OMV-Hauptversammlung.
Die Verhandlungen zwischen der OMV und der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) über die Schaffung eines internationalen Petrochemiekonzerns sind nach wie vor im „ergebnisoffenen“ Gange. Das berichteten der Generaldirektor der OMV, Alfred Stern, und deren für den Geschäftsbereich „Chemicals & Materials“ zuständige Vizepräsidentin Daniela Vlad bei der Hauptversammlung am 28. Mai in Wien. Vlad kündigte an, die OMV werde „zu gegebener Zeit“ über den Stand der Gespräche berichten. Stern ergänzte, bei einem allfälligen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen sei keine außerordentliche Hauptversammlung geplant, ebensowenig wie eine Änderung der Konzernstrategie, die primär auf die Forcierung des Chemiegeschäfts sowie verstärkte Aktivitäten im Bereich Kreislaufwirtschaft ausgerichtet ist.
Bekanntlich plant die OMV, den Kunststoffkonzern Borealis, an dem sie 75 Prozent hält, in das in Verhandlung befindliche Gemeinschaftsunternehmen mit der Adnoc einzubringen. Die Adnoc wiederum würde diesem ihren Tochterkonzern Borouge zuführen. In seiner Rede vor der Hauptversammlung hatte Generaldirektor Stern das Thema nicht angesprochen. Auch Finanzvorstand Reinhard Florey hatte sich dazu nicht geäußert.
Florian Beckermann, der Vorstand des Interessenverbands für Anleger (IVA), der rund 2.000 Aktionäre mit 65 Millionen Aktien vertritt, konstatierte bei der Hauptversammlung, bei der geplanten Transaktion handle es sich um „eine der größten Entscheidungen in der Geschichte der OMV überhaupt. Wir sollten dabei sein, aber auf Augenhöhe“.
Verhandlungsleiter im Aufsichtsrat
Bei der Hauptversammlung wurden der Downstream-Chef der Adnoc, Khaled Salmeen, sowie der Finanzchef des Konzerns, Khaled Al Zaabi, in den Aufsichtsrat der OMV gewählt. Sie übernahmen die Mandate von Alyazia Ali Al Kuwaiti sowie Saeed Al Mazrouei. Salmeen leitet die Verhandlungen zwischen der OMV und der Adnoc bezüglich des geplanten Gemeinschaftsunternehmens. Bei seiner Vorstellung gegenüber den OMV-Aktionären sprach er von „Herausforderungen“, aber auch „vielen Chancen“ für den österreichischen Konzern. Ähnlich äußerte sich Al Zaabi.
Bei der Wahl in den Aufsichtsrat erhielt Salmeen mit rund 236,8 Millionen die wenigsten Ja-Stimmen der vier neuen Aufsichtsratsmitglieder. Außer ihm und Al Zaabi sind dies die aus Bregenz stammende Chemikerin und Unternehmensbeteiligungs-Spezialistin Dorothée Deuring sowie der künftige Chef der in Hamburg ansässigen Skyborn Renewables GmbH, Patrick Lammers, der derzeit im Vorstand des deutschen Energiekonzerns EOn unter anderem für das Endkundengeschäft zuständig ist. Al Zaabi bekam mit 243,2 Millionen Ja-Stimmen die zweitniedrigste Zustimmung. Gewählt sind die beiden Adnoc-Manager bis zum Ablauf der Hauptversammlung, die über das Geschäftsjahr 2026 beschließt und somit im Frühjahr 2027 stattfindet.
27.05.24
von
Klaus Fischer
Im Zuge seiner heurigen Generalversammlung feierte der österreichische Pharmaindustrieverein ein rundes Jubiläum. Damals wie heute gilt das Motto „Verbundenheit wirkt“, betonte Präsident Ingo Raimon.
Der österreichische Pharmaindustrieverein Pharmig hielt dieser Tage seine 70. Generalversammlung ab und feierte in einem Zuge sein 70jähriges Bestehen. Seine formelle Gründung erfolgte am 7. Oktober 1954 unter der Bezeichnung „Pharmig – Vereinigung pharmazeutischer Erzeuger Österreichs“. Wie die Vereinsbehörde am 11. Dezember des selben Jahres mitteilte, hatte der Verein sämtliche Auflagen des Allierten Rates einzuhalten. Er musste sich unter anderem verpflichten, „ein freies und unabhängiges Österreich zu stärken“. Ferner durfte er „keinerlei Tätigkeiten gegen die Besatzungsmächte“ richten – wobei solche Tätigkeiten freilich ohnedies nicht geplant waren. Wie Pharmig-Präsident Ingo Raimon bei der 70-Jahr-Feier betonte, arbeitet der Verein seither „an der besten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, einem guten Pharmastandort sowie der verstärkten Sichtbarkeit der Tätigkeit unserer Branche“. Das Motto der Feier, „Verbundenheit wirkt“, habe seit jeher gegolten und werde in Hinkunft noch größere Bedeutung gewinnen.
Bundeskanzler Karl Nehammer lobte die Pharmig in einer Videobotschaft als Partner der (Gesundheits-)Politik, der sich nicht zuletzt während der COVID-19-Pandemie einmal mehr bewährt habe. Nehammer versicherte, sich weiterhin für die Stärkung des Life-Sciences- und Pharmastandorts einsetzen zu wollen.
Von „Zeitenwende“ zu „Zeitenwende“
Gemeinsam unternahmen Raimon und Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog einen Streifzug durch die Geschichte des Vereins – vom Beschluss des Gesetzes über die Allgemeine Sozialversicherung (ASVG) am 9. September 1954 über den Startschuss für den Pharmig-Verhaltenskodex im Jahr 1963 aufgrund eines Beschlusses des europäischen Pharmaverbands, die Etablierung der Pharmakovigilanz 1968 infolge eines WHO-Programms, die Einführung der Pharmaberater-Prüfung 1974, das Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes 1980, die seit 1987 bestehende Generika-Preisregelung, den EU-Beitritt 1995, die Einführung des Erstattungskodexes und den Rahmen-Pharmavertrag 2005 bis zur Transparenzinitiative der Branche 2013/14, zur „Initiative Pharmastandort“ 2015, zur Serialisierung 2019 und zu den neuesten Entwicklungen, Stichwort Überarbeitung der EU-Arzneimittelgesetzgebung. „Die Aufgaben werden nicht weniger“, konstatierte Herzog.
Raimon resümierte, um das Jahr 1954 habe sich eine weltweite „Zeitenwende“ begeben. Nun spiele sich wieder eine solche ab. In Entwicklung sei ein „multipolares“ weltpolitisches System, geprägt nicht zuletzt durch die zunehmenden Ansprüche der BRICS-Staaten, die „ihren Platz“ einforderten. Der Westen wiederum wolle seine dominierende Rolle behalten und werde dies tun, „wenn wir bei unserer wirtschaftlichen Stärke bleiben“.
Unruhige Verhältnisse
Dass künftig mit eher unruhigen Verhältnissen zu rechnen ist, konstatierten der Politikberater Thomas Hofer und der Meinungsforscher Peter Hajek. Hofer geht davon aus, dass die politische Entscheidungsfindung auf EU-Ebene „vielleicht noch komplizierter“ sein könnte als bereits derzeit. Populisten versuchten, das Bild einer Polarisierung zwischen „uns da unten“ und „denen da oben“ zu zeichnen, wobei die Pharmaindustrie „denen da oben“ zugerechnet werde. Umso wichtiger werde es für die Pharmaindustrie, mit einer Stimme zu sprechen, wie die Pharmig dies tue. Überdies gelte es, sich darüber klar zu werden, „dass man jederzeit zur Zielscheibe werden kann“. Angesichts der zunehmenden Emotionalisierung der politischen Kommunikation empfehle es sich, „positive Emotionen zu finden, mit denen man selbst kommunizieren kann“.
Hajek zufolge ist nicht auszuschließen, dass im Nationalrat künftig sieben Parteien vertreten sein werden. Neben den derzeitigen Fraktionen (ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos) haben auch die Bierpartei sowie die KPÖ diesbezüglich Chancen. Sollte dies eintreten, dürfte sich auch bei einer Beteiligung der FPÖ keine mit einer absoluten Mehrheit ausgestattete Zweiparteienkoalition mehr zustande bringen lassen. In einer Drei- oder gar Vierparteienkoalition wiederum werde die Entscheidungsfindung schwierig. Hajek erwartet für diesen Fall „israelische Verhältnisse“ mit Neuwahlen im Abstand von zwei Jahren oder noch kürzeren Zeiträumen. Der Pharmig bleibe angesichts dessen nichts anderes übrig, als „ihre eigenen Positionen zu klären, was Sie sicher bereits getan haben, und zu schauen, wer die Ansprechpartner in den einzelnen Parteien sind“.
Neue Vizepräsidentinnen
Im Zuge der Generalversammlung bestätigten die Mitglieder der Pharmig Präsident Raimon sowie Vizepräsident Bernhard Wittmann in ihren Funktionen. Neu ins Präsidium gewählt wurden Elisabeth Keil, die Geschäftsführerin von Daiichi Sankyo Austria, und Nicole Daniela Schlautmann, die Geschäftsführerin der Pfizer Corporation Austria. Raimons Vorgänger als Pharmig-Präsident, Philipp von Lattorff, wurde zum Ehrenvorstandsmitglied gekürt.