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June 29th, 2021

EU-Kommission: Fünf Therapiekandidaten gegen COVID-19

Bis Jahresende sollen in der EU mindestens drei Arzneimittel gegen die Coronakrankheit zugelassen werden. Eine erste Liste mit Kandidaten veröffentlichte die EU-Kommission am 29. Juni.

 

Die EU-Kommission veröffentlichte am 29. Juni eine Liste von fünf potenziellen Arzneimittel gegen COVID-19, die im Oktober eine vorläufige Zulassung seitens der European Medicines Agency (EMA) erhalten könnten. Es handelt sich um den Immunsuppressor Baricitinib des US-amerikanische Pharmakonzerns Eli Lilly, für den dieser eine Ausweitung der bestehenden Zulassung auf COVID-19 beantragt hat. Ferner geht es um vier monoklonale Antikörper, die sich derzeit im „Rolling Review“, dem beschleunigten Zulassungsverfahren der EMA, befinden. Diese sind: eine Kombination von Bamlanivimab und Etesevimab von Eli Lilly, eine Kombination von Casirivimab (Regeneron Pharmaceuticals) und Imdevimab (Hoffmann-La Roche), Regdanivimab von Celltrion sowie Sotrovimab von GlaxoSmithKline und Vir Biotechnology. Laut der EU-Kommission wird angestrebt, im Oktober mindestens drei Medikamenten gegen COVID-19 eine vorläufige Zulassung zu erteilen, bis Jahresende sollen zwei weitere Zulassungen hinzukommen. Die Kommission selbst will im Oktober eine Liste von mindestens zehn Arzneimittelkandidaten veröffentlichen. Hinsichtlich Casirivimab und Imdevimab hat die Kommission bereits mit der gemeinsamen Beschaffung für alle EU-Mitgliedsstaaten begonnen.

 

Geplant ist, im Rahmen der Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA) bis Mitte kommenden Jahres eine Plattform einzurichten, auf der Informationen über vielversprechende Arzneimittelkandidaten veröffentlicht werden. Die Kommission ergänzte, je nach Patientengruppe und Schwere der COVID-19-Erkrankung würden unterschiedliche Medikamente benötigt. Eine Expertengruppe werde daran arbeiten, unter den in Entwicklung befindlichen Pharmazeutika die jeweils am besten geeigneten zu identifizieren.

 

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides konstatierte, die Impfungen gegen COVID-19 seien in vollem Gange. Allerdings werde das Virus nicht verschwinden: „Daher brauchen wir sichere und wirksame Therapien. Unser Ziel ist, mindestens drei Arzneimittel bis Ende des Jahres zuzulassen.“

June 22nd

VCI: Klarer Wunsch zur Bundestagswahl

Der deutsche Chemie- und Pharmaindustrieverband hat schwer zu übersehende politische Präferenzen.

 

Am 26. September wird in Deutschland der Bundestag neu gewählt. Und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat klare Vorstellungen, wer im Berliner Parlament künftig das Sagen haben sollte. Das zeigen seine Aussendungen zu den Wahlprogrammen der Parteien. Am meisten Lob zollt der Verband der CDU. Deren Programm enthalte „viele gute Elemente für eine zukunftsorientierte Industriepolitik“. Richtig sei das Ziel der Christdemokraten, „die Wirtschaft zu entfesseln, um durch nachhaltiges Wachstum gemeinsam mit der Industrie ein klimaneutrales Deutschland zu realisieren“. Als „wegweisend“ lobt Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup das seitens der CDU geforderte Planungsmodernisierungsgesetz sowie die im Programm enthaltenen „weiteren Vorhaben zum Bürokratieabbau, zur Innovationsförderung und zur Unternehmensbesteuerung“. Damit „stellt die Union die Weichen in Richtung wettbewerbsfähige Zukunft des Standortes. So können Politik und Industrie als Partner die Transformation zum Erfolg führen“.

 

Gut kommt auch die FPD weg. Sie verstehe laut Große Entrup Digitalisierung, Bildung und Innovation „als Schlüsselfaktoren für die Modernisierung des Standorts Deutschland an“. Auch die Forderungen der Freien Demokraten bezüglich Forschungsförderung, Unternehmenssteuerreform sowie zu einem „Entfesselungspakt für den Mittelstand“ sieht der VCI laut Große Entrup als „Ansatzpunkte für den Neustart nach der Pandemie“. Ferner begrüßt der VCI Große Entrup zufolge die Forderung der FDP, die EEG-Umlage abzuschaffen, also das deutsche Gegenstück zum Ökostromförderbeitrag. Allerdings, so die Mahnung: In einigen Details müsse das Programm noch konkretisiert werden.

 

Steuerpolitisch „perspektivlose“ SPD

 

Der SPD dagegen wird attestiert, zwar „wichtige industriepolitische Elemente zur Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland“ aufzugreifen, etwa mit der Forderung nach Abschaffung der EEG-Umlage und nach Investitionen in die Forschung im Pharmabereich. Indessen blieben die Sozialdemokraten „auf wichtigen Feldern hinter den Erwartungen“ zurück. Das gelte zumal hinsichtlich der Steuerpolitik. „Insbesondere der industrielle Mittelstand würde durch die vorgeschlagene Erhöhung der Einkommensteuer, eine Verschärfung der Erbschaftsteuer und Wiedererhebung der Vermögensteuer massiv getroffen. Positive steuerpolitische Perspektiven für die Wirtschaft – seien es auch nur schwache Signale – fehlen im dem Programmentwurf für die Bundestagswahl“, konstatiert Große Entrup.

 

Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen ist laut VCI dagegen „in großen Teilen kritisch“ zu bewerten, betont Große Entrup: „Die Grünen wollen einen mutigen Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit gehen. Dafür haben sie Chemie und Pharma an ihrer Seite. Leider sieht es aber nicht so aus, als ob sie Deutschlands drittgrößten Industriezweig mitnehmen wollen. Beispiele dafür sind Vorbehalte und Verbote gegen chemische Produkte, kompliziertere Genehmigungsverfahren und neue Steuern. Werden diese Ideen umgesetzt, bleibt manches Unternehmen auf der Strecke. Die negativen Auswirkungen für den Standort Deutschland überwiegen.“

 

„Aus der Zeit gefallen“

 

Keine Gnade vor Herrn Große Entrup findet schließlich Die Linke. Deren Wahlprogramm „fehlen ernsthafte industriepolitische Ideen für ein zukunftsfestes Deutschland. Die Linke denkt und argumentiert in überkommenen Mustern. Sie ignoriert die Bedeutung der Industrie und ihrer Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft. Deshalb propagiert sie überholte Konzepte. Mehr Regulierung, Verstaatlichung und Steuererhöhungen wirken aus der Zeit gefallen. Diese Ideen führen am Industriestandort Deutschland zu Rückschritt statt Fortschritt“.

 

Verwunderlich ist das alles wohl nicht: Große Entrup begann seine Berufslaufbahn als Referent in der CDU-Bundestagsfraktion. Nach leitenden Tätigkeiten für BASF und Bayer wurde er 2019 als Nachfolger Utz Tillmanns VCI-Hauptgeschäftsführer. Seiner angestammten Partei ist Große Entrup weiter verbunden. Unter anderem ist er Mitglied des sogenannten „Wirtschaftsrats der CDU“. Laut einer aktuellen Studie von Lobbycontrol ist dieser formell gesehen keine Parteiorganisation, sondern ein Verband von etwa 12.000 deutschen Unternehmen und Unternehmern, „die sich als CDU-nah verstehen. Wichtig ist aber auch: De facto agiert der Wirtschaftsrat trotzdem wie ein Parteigremium“.

 

Zur als rechtsextrem geltenden AfD äußerte sich der VCI in Bezug auf die Bundestagswahl bisher übrigens nicht.

 

 

 

Präzision und Prävention

Sanofi hat seit der Bekanntgabe seiner neuen Strategie Ende 2019 eine Neuorientierung vollzogen. Wir haben mit Wolfgang Kaps, Geschäftsführer von Sanofi Österreich, gesprochen, was der Ansatz der Präzisionsmedizin für das Geschäftsmodell und die F&E-Aktivitäten des Unternehmens bedeutet.

Von Georg Sachs

Sanofi hat im Dezember 2019 strategische Weichenstellungen vorgenommen. In Zukunft sollen Wachstumstreiber wie der Antikörper Dupilumab oder das Vakzin-Portfolio im Vordergrund stehen, während es in einigen angestammten Gebieten – etwa den Stoffwechselerkrankungen – keine F&E-Aktivitäten mehr geben soll. Was war der Hintergrund für diese Weichenstellung?

Sanofi hat viele verschiedene Unternehmen unter einem Dach vereint, deren Geschichte teilweise sehr lange zurückreicht. In den vergangenen 20 Jahren lag der Fokus stark auf medizinischen Schwerpunkten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Der Sanofi- und ehemalige Höchst-Standort in Frankfurt war lange Zeit einer der größten Entwickler und Hersteller von Insulinprodukten. Doch wir haben mit diesen Produkten einen Status quo erreicht, der bedeutet, dass Patienten gut mit dieser Krankheit leben können, wir sehen hier wenig weiteres Entwicklungspotenzial. Auch im Bereich der kardiovaskulären Erkrankungen sind schon seit längerem keine sprunghaften Innovationen mehr zu verzeichnen.

Mit Paul Hudson als CEO wurde hier eine Zäsur vollzogen. 2025 will Sanofi dafür bekannt sein, eines der innovativsten Unternehmen auf den Gebieten Immunologie und Onkologie zu sein. Die Fortschritte in diesem Bereich wären aber nicht möglich gewesen, wenn wir sie nicht durch die Einnahmen aus dem Bereich „Primary Care“ quersubventioniert hätten.

 

Im Zusammenhang mit der „Play to Win“ genannten neuen Strategie ist auch von kultureller Transformation und vom „Hinter-sich-Lassen von alten Formen zu arbeiten“ die Rede. Was ist damit genau gemeint?

Sanofi ist ein Unternehmen, das traditionell recht hierarchisch aufgebaut war. Paul Hudson hat auch hier eine Zäsur eingeleitet, indem er nicht mehr auf „Command & Control“, den Führungsstil des 20. Jahrhunderts, sondern auf „Empower & Enable“ setzt. Die Rolle der Führungskräfte ist es, Aufgaben zu stellen und lösungsfähig zu machen. Sie sollen Wissen vermitteln und das, was einem Mitarbeiter zur Lösung einer Aufgabe fehlt, zur Verfügung stellen.

 

In den Aussendungen zur neuen Strategie sind verschiedene therapeutische Ansätze konkret genannt. Liest man das richtig, wenn man daraus schließt, dass Sanofi in Zukunft mehr auf bestimmte innovative Technologiefelder als auf bestimmte Kreise von Indikationen setzt?

Der Eindruck ist richtig. Der von Ihnen angesprochene monoklonale Antikörper Dupilumab ist ein gutes Beispiel dafür: Er wurde zunächst gegen atopische Dermatitis zugelassen. Wenn man aber einmal verstanden hat, wie die Funktionsweise des Wirkstoffs ist und mit welchen molekularen Signalwegen er in Wechselwirkung tritt, dann kann man ihn auch für zahlreiche andere immunologisch bedingte Indikationen einsetzen, bei denen dieser Signalweg eine Rolle spielt: Asthma, Allergien, Nasenpolypen, aber auch COPD. Wir haben also eine ganze Pipeline innerhalb der Beschäftigung mit einem einzelnen Präparat vor uns. Weitere Beispiele sind die gezielte Krebstherapie oder die Entwicklung von Impfstoffen, die man nicht nur gegen Infektionen, sondern auch gegen viele andere Arten von Erkrankungen einsetzen wird.

 

Was Sie da beschreiben, folgt in weiten Zügen dem Trend zur Präzisionsmedizin – also die therapeutische Intervention auf dem soliden Fundament der Erforschung von Entstehungsmechanismen einer Krankheit aufzubauen. Wie sehr wird das Ihrer Einschätzung nach die künftige Entwicklung der pharmazeutischen Industrie prägen?

Die Zielrichtung der Medizin hat sich im Laufe der Jahrzehnte stark verändert. Galt es früher, eine Krankheit für den Patienten erträglich zu machen, wandelt sich unsere Perspektive immer stärker dahin, ihre Entstehung zu verhindern, also Maßnahmen der Prävention zu setzen. Wenn wir weiter in die Zukunft blicken, könnte es sogar gelingen, auch schwerwiegende Erkrankungen vollständig zu heilen. Der Umgang mit Krebserkrankungen ist dafür ein gutes Beispiel: Als ich ein Kind war, konnte man bei der Diagnose Krebs nur mehr palliativ eingreifen, später hat man Therapien entwickelt, die zwar Erfolg haben konnten, bei denen die Wirkung aber häufig mit starken Nebenwirkungen erkauft wurde. Mittlerweile haben wir es geschafft, bestimmte Krebsarten in chronische Krankheiten zu verwandeln, weil sie zielgerichtet behandelt werden können. Weißen Hautkrebs können wir in günstigen Fällen heute schon ganz heilen.

 

Könnte man einen solchen Ansatz, die Ursache einer Krankheit zielgerichtet zu bekämpfen, nicht auch auf Diabetes anwenden? In der Forschung gibt es ja zu Stoffwechselerkrankungen und ihrem Zusammenhang mit anderen Krankheitsbildern – Stichwort „metabolisches Syndrom“ – eine gewisse Dynamik.

Andere Unternehmen forschen daran, Diabetes im Kern zu bekämpfen. Das war nie unser Ansatz. In der Präzisionsmedizin wird es einen hohen Grad an Spezialisierung geben – wir haben uns sehr stark in Richtung Immunologie und Onkologie aufgestellt, andere Unternehmen wie Novo Nordisk spezialisieren sich auf Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

 

Wenn man die molekularen Mechanismen der Krankheitsentstehung immer besser kennt und auf dieser Grundlage Erkrankungen in Untergruppen aufgliedern kann, die unterschiedlich behandelt werden – wird es dann bald nur noch „seltene Erkrankungen“ mit sehr kleinen Patientenzahlen geben.

Was Sie beschreiben, entspricht nicht dem klassischen Begriff einer seltenen Erkrankung. Dieser ist vielmehr als Anreizsystem geschaffen worden, um unter erleichterten regulativen Rahmenbedingungen auch für kleine Gruppen von Betroffenen Arzneimitteln entwickeln zu können. In der Präzisionsmedizin sehen wir etwas anderes: Der Spezifizierung von Indikationen steht hier ja gegenüber, dass ähnliche Mechanismen und daher therapeutische Ansätze in ganz verschiedenen Krankheitsbildern auftreten können. Die Zahl der Patienten, die von einem Präparat oder einer Technologie profitieren, ist dann insgesamt gar nicht so klein.

 

Sind viele dieser neueren Behandlungsformen nicht viel schwieriger zu kommunizieren als der klassische Blockbuster?

Ja, diese Aufgabe ist uns gestellt – sowohl gegenüber dem Patienten als auch gegenüber denen, die die Behandlung bezahlen. Es ist zum Beispiel bekannt, dass Männer viel weniger Bereitschaft zu Arztbesuchen zeigen als Frauen. Hier besteht die Herausforderung, die Erfolgschancen von Therapien noch besser zu kommunizieren. Aber auch das Erstattungssystem ist noch nicht auf die Genesung eines Patienten von einer schwerwiegenden Erkrankung eingerichtet. Eine zielgerichtete Therapie ist vielleicht aufwendig und kostenintensiv, aber wenn sie bei einem Patienten eine Krankheit stabilisieren oder sogar heilen können, entfallen für das Gesundheitssystem viele weitere Kosten. Hier müssen erst Wege gefunden werden, das abzubilden. Eine Möglichkeit wäre, die Erstattung vom Erreichen bestimmter Biomarker abhängig zu machen, die zeigen, dass der gewünschte Effekt eingetreten ist. Die Entwicklung solcher Biomarker muss ein integraler Bestandteil der Medikamentenentwicklung werden.

 

Bedeutet das, dass ein Pharmaunternehmen in Zukunft auch andere Aufgaben haben wird, als Arzneimittel zu erforschen und auf den Markt zu bringen – etwa im Bereich der begleitenden Diagnostik?

Es gibt derzeit nur wenige Pharmaunternehmen, die eine eigene Diagnostik-Sparte haben, etwa Roche oder Johnson & Johnson. Man kann die erforderliche Kompetenz aber auch über Partnerschaften abdecken, gerade auch im kleinen Maßstab, wenn es um spezielle Biomarker geht. Ich sehe aber einen anderen Wandel auf die Pharmaindustrie zukommen: Wir kommen vom Forschen und Herstellen zum Forschen und Verteilen. Das Herstellen der „Active Pharmaceutical Ingredients“ (APIs) ist nicht zwangsläufig Kernkompetenz eines Pharmaunternehmens. Sanofi trennt sich z. B. von zwei Millionen Euro Umsatz und bringt die Herstellung von Wirkstoffen in das neue Unternehmen „Euroapi“ ein, das die Qualität eines europäischen Konzerns auch anderen Anbietern zu Verfügung stellt.

 

Die öffentliche Wahrnehmung dessen, was die pharmazeutische Industrie tut, ist – selbst in Fachkreisen – nicht selten von Verzerrungen geprägt. Hat sich hier im Zuge der COVID-19-Pandemie etwas verändert?

Das schlechte Image ist in der Vergangenheit zum Teil selbst verschuldet worden. Es sind tatsächlich Fehler passiert, was die Sicherheit betrifft, wenn wir etwa an Contergan denken. Aber das ist sehr lange her. Man hat sowohl auf Seiten der Behörden als auch in den Unternehmen etwas dagegen getan und sehr strenge Regulative eingeführt. Auch, dass Reisen für Ärzte bezahlt wurden, gehört der Vergangenheit an. Als ich in die Pharmabranche gegangen bin, waren solche Dinge bereits sehr streng geregelt. All dem steht die Innovationskraft der Industrie gegenüber, ohne der der medizinische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte nicht denkbar gewesen wäre. Gerade in der COVID-Pandemie hat die Pharmabranche ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt. Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um Waren rund um den Globus zu schaffen. Ich denke, das hat unser Image verbessert, ich nehme in der Bevölkerung großes Interesse an unseren Themen wahr.

 

Aktuell ist eine Bewegung weg von einer Reparatur- hin zu einer Vorsorgemedizin zu beobachten – das Schlagwort „health in all policies“ steht für den höheren Stellenwert, den Gesundheit in der Gesellschaft hat. Aber kann ein solcher Ansatz nicht auch übertrieben werden, wenn vieles zur Krankheit gemacht wird, was bis jetzt keine war?

Dafür gibt es sicher Beispiele, etwa wenn Kinder, die früher als „Zappelphilipp“ bezeichnet worden wären, heute gegen ADHS behandelt werden. Aber wenn Sie das in einem weiteren historischen Horizont betrachten: Fast das gesamte medizinische Wissen ist in den vergangenen 200 Jahren entstanden und es hat uns all das möglich gemacht, was wir heute können. Warum sollten wir daher nicht auch die Informationen nutzen, die heute im Gesundheitswesen entstehen. Mit den Methoden der Big-Data-Analyse lassen sich Vorhersagen machen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Mensch eine bestimmte Krankheit bekommen wird. Wenn man das weiß, kann früh mit Präventionsmaßnahmen begonnen werden – nicht erst dann, wenn man übergewichtig geworden ist –, indem etwa Ernährung und Lebensstil danach ausgerichtet werden. Das hilft, das Gesundheitssystem angesichts immer komplexer werdender Produkte bezahlbar zu machen.

 

Das „Ökosystem“ rund um Entwicklung, Produktion, Marktpositionierung und Distribution von Arzneimitteln wird zunehmend bunter. Welche Aufgaben kommen in diesem Zusammenhang einer nationalen Organisation wie Sanofi Österreich zu?

Die führenden Pharmaunternehmen entwickeln nach wie vor selbst, aber sie greifen vermehrt Ideen auf, die aus den verschiedensten Quellen kommen. In Österreich arbeiten wir z. B. mit dem Health Hub Vienna zusammen. Wir haben Kooperationen mit österreichischen Startups im Sanofi-Konzern bereits auf die europäische Ebene gebracht (siehe Info-Box). Auch das ist Teil unserer „Play to Win“-Strategie. Etwas ist nicht nur dann gut, wenn es aus einem großen Unternehmen kommt. Das anzuerkennen, belegt eine offene Geisteshaltung.

 

Zur Person

Wolfgang Kaps ist seit 1. März 2019 Geschäftsführer der Sanofi Aventis Österreich GmbH. Der gebürtige Hamburger verfügt über langjährige Erfahrung in der Pharmabranche und hatte seit 2003 mehrere Positionen mit wachsender Führungsverantwortung bei Sanofi Deutschland inne. Ab 2013 baute er als Franchise Head Multiple Sklerose einen neuen Geschäftsbereich in Österreich auf. 2015 übernahm er als Country Head von Sanofi Genzyme die Verantwortung für das Specialty Care Portfolio.

Sanofi und der Health Hub Vienna

Der Health Hub Vienna ist eine Open-Innovation-Plattform, auf der Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen, Versicherungsgesellschaften, Gesundheitseinrichtungen und Startups zusammenarbeiten. Sanofi hat zwei Kooperationen mit kleinen, innovativen Unternehmen über diese Plattform geknüpft:

  • Symptoma hat einen digitalen Gesundheitsassistenten entwickelt, der Ärzten und Patienten dabei unterstützt, die richtige Diagnose zu aufgetretenen Symptomen zu finden. In den „Symptom-Checker“ sind viele Jahre medizinischer Forschung eingeflossen, die diagnostische Treffsicherheit wurde in einer Publikation mit Peer-Review gezeigt.
  • Scarletred hat ein Medizinprodukt entwickelt, das über computerunterstützte Bilderkennung zur erleichterten Diagnosefindung dermatologischer Erkrankungen beiträgt. Die klinisch validierte Software kann Unterstützung bei einer Vielzahl von Hauterscheinungen bieten und hat sich bisher bereits im klinischen Studiensetting als nützlich erwiesen.

 

 

 

June 21st

COVID-19-Impfstoffe: 842 Millionen Euro für Mückstein

Der Gesundheitsminister soll für die Jahre 2022 und 2023 rund 42 Millionen weitere Dosen beschaffen. Was Österreich nicht benötigt, darf er an Drittstaaten sowie internationale Organisationen weiterverkaufen oder spenden.

 

Die ÖVP und die Grünen wollen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ermächtigen, für die Jahre 2022 und 2023 insgesamt 42 Millionen Dosen an Impfstoffen gegen COVID-19 zu beschaffen. Mückstein soll dafür 841,8 Millionen Euro ausgeben dürfen, von denen 447,3 Millionen Euro auf 2022 und 394,5 Millionen Euro auf 2023 entfallen. Sollte Impfstoff in Österreich nicht benötigt werden, darf Mückstein diesen im Einvernehmen mit Außenminister Alexander Schallenberg anderen Staaten sowie internationalen Organisationen verkaufen bzw. spenden.

 

Laut einem Initiativantrag der beiden Regierungsparteien „ist davon auszugehen, dass nach Verabreichung von COVID-19-Schutzimpfungen zur Grundimmunisierung weitere Auffrischungsimpfungen notwendig sein werden, gegebenenfalls auch mit an neue Varianten angepassten Impfstoffen“. Es sei unklar, wie lange der Schutz durch die Impfung anhält. Auch lasse sich nicht absehen, „ob und in welchem Ausmaß zukünftig weitere Impfungen auf Grund neuer Varianten von SARS-CoV-2 notwendig sein werden, um weiter und dauerhaft einen optimalen Impfschutz zu bieten“. Daher müsse Österreich vorsorgen und die gesamten Mengen an Impfstoffen beschaffen, die ihm im Rahmen des „Joint EU Approach to COVID-19-vaccines procurement“ der Europäischen Union zur Verfügung stehen. Dafür benötige Mückstein die erwähnten 841,8 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln. Wie es in dem Antrag heißt, gibt Österreich von 2020 bis einschließlich 2023 somit etwa 1,18 Milliarden Euro für 72,5 Millionen Dosen an COVID-19-Impfstoffen aus.

 

Die Weitergabe an Drittstaaten sowie internationale Organisationen kann dem Antrag zufolge nur stattfinden, wenn die betreffenden Mengen in Österreich nicht benötigt werden. Spenden sollen möglich sein, weil nach den bisherigen Erfahrungen die notwendige rasche Weitergabe von Impfstoffen per Verkauf nicht durchführbar ist. Verhandlungen über einen Verkauf dauerten zu lange. Außerdem fehle den zumeist begünstigten „ärmsten Entwicklungsländern“ ohnehin das Geld. Überschüssige Mengen an Impfstoffen können in Österreich auftreten, weil es notwendig ist, Vorräte zu beschaffen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass Österreich die immer wieder auftretenden Lieferprobleme der Hersteller ohne Auswirkungen auf seinen Impfplan meistern kann. Spenden darf Minister Mückstein laut dem Initiativantrag auch nicht benötigtes „Bedarfsmaterial zur Verabreichung der Impfstoffe, Schnelltests, Veklury (Remdesivir), FFP2-Masken und COVID-19-Arzneimittel“.

 

 

June 17th

Wintershall Dea: Börsengang verschoben

Die Eigentümer BASF und LetterOne wollen den deutsch-russischen Öl- und Gaskonzern frühestens 2022 an die Börse bringen. Sie erhoffen sich davon einen höheren Preis.

 

Der deutsche Chemiegigant BASF und die Investmentgesellschaft LetterOne des russländischen „Oligarchen“ Michail Fridman verschieben den Börsengang ihres gemeinsamen Öl- und Gaskonzerns Wintershall Dea. Laut einer Aussendung von BASF hätte dieser in der zweiten Jahreshälfte stattfinden sollen. Nun wird er für die Zeit „nach 2021“ angestrebt, meldete die BASF. Sie hält an dem Gemeinschaftsunternehmen rund 72,7 Prozent. Ihr stellvertretender Vorstandschef und Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef von Wintershall Dea ist, verlautete: „Strategisch strebt BASF weiterhin uneingeschränkt an, ihre Anteile an Wintershall Dea zu veräußern.“ Noch sei der mutmaßlich erzielbare Preis aber zu niedrig, hieß es in der Aussendung sinngemäß: „Während sich die Öl- und Gaspreise auf dem Spotmarkt sowie am kürzeren Ende der Terminpreiskurve deutlich erholt haben, wird diese Verbesserung in den langfristigen Analysteneinschätzungen bisher noch nicht vollständig reflektiert. Zudem haben die Marktwerte von Öl- und Gasunternehmen aus unterschiedlichen Gründen noch nicht wieder die Höhe erreicht, die die Anteilseigner erwarten, um den IPO anzustoßen.“

 

Und: „Aufgrund ihrer sehr soliden Geschäftsentwicklung erwirtschaftet Wintershall Dea für ihre Aktionäre weiterhin einen starken Cashflow.“ Darüber lässt sich möglicherweise diskutieren. In ihrem Gründungsjahr 2019 erwirtschaftete die Wintershall Dea einen Umsatz von rund 5,93 Milliarden Euro, 2020 waren es nur mehr 3,89 Milliarden Euro. Der 2019 eingefahrene Jahresverlust von etwa -637 Millionen Euro verschlechterte sich 2020 auf -839 Millionen Euro. Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit wiederum verringerte sich von 1,87 auf 1,60 Milliarden Euro.

 

Auch mit dem Beitrag der Wintershall Dea zum Jahresergebnis der BASF dürfte Finanzchef Engel keine rechte Freude gehabt haben: Dieser lag 2020 bei -890 Millionen Euro, 2019 waren es -86 Millionen Euro gewesen. Weil die prognostizierten Öl und Gaspreise infolge der COVID-19-Pandemie einbrachen, musste die BASF-Beteiligung an der Wintershall Dea um 791 Millionen Euro abgewertet werden. Im Geschäftsbericht 2020 der BASF wird ihr Wert nun mit etwa 10,19 Milliarden Euro beziffert.

 

 

June 14th

Deutschland: Weniger Angst vor SARS-CoV-2

Laut dem Corona-Monitor des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) glauben rund 62 Prozent der Bevölkerung, sich vor einer Ansteckung schützen zu können. Im März waren es erst 40 Prozent gewesen.

 

Etwa 62 Prozent der Bevölkerung Deutschlands sind sehr oder zumindest sicher, sich vor einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus schützen zu können. Das zeigt die aktuelle Ausgabe des Corona-Monitors des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Weitere 24 Prozent schätzen die Sicherheit als „mittel“ ein, die übrigen 14 Prozent sind sich nicht bzw. gar nicht sicher. Laut BfR-Präsident Andreas Hensel hat das Sicherheitsgefühl „deutlich zugenommen. Ende März dieses Jahres hatten nur 40 Prozent der Befragten das Gefühl, sich vor einer Ansteckung schützen zu können“.

 

Für den Corona-Monitor lässt das BfR allmonatlich etwa 1.000 Personen im Alter ab 14 Jahren befragen. Laut der neuesten Ausgabe des „Monitors“ fühlen sich 56 Prozent der Befragten sehr gut oder wenigstens gut über die Entwicklung der Pandemie informiert. Rund 24 Prozent bezeichnen ihren Informationsstand als „mittel“, 20 Prozent halten sich für schlecht bzw. sogar sehr schlecht informiert. Die Einschätzung der Pandemie in den Medien erachten 51 Prozent der Befragten als angemessen. Dem gegenüber bezeichnen sie 42 Prozent als übertrieben, acht Prozent wiederum halten sie für verharmlosend.

 

Welche Schutzmaßnahmen haben die Befragten innerhalb der vergangenen Wochen selbst getroffen? Etwa 98 Prozent trugen nach eigenen Angaben einen Mund-Nasen-Schutz. Rund 84 Prozent hielten mehr Abstand zu anderen Personen, 82 Prozent wuschen sich ihre Hände gründlicher. Geschlossene Räume gründlicher gelüftet haben dem Corona-Monitor zufolge 73 Prozent, Freunde seltener getroffen 71 Prozent. Ferner nutzten 65 Prozent häufiger Desinfektionsmittel, 62 Prozent ließen sich auf das SARS-CoV-2-Virus testen, 59 Prozent verließen ihr Zuhause weniger oft. Dem gegenüber nutzten nur etwa 30 Prozent die Corona-Warn-App, 13 Prozent legten größere Vorräte an, und nur sechs Prozent ließen sich Lebensmittel häufiger liefern.

 

Die Wahrscheinlichkeit, sich durch die Nähe anderer Menschen anzustecken, bezeichnen 62 Prozent der Befragten als hoch bzw. sehr hoch, nur 15 Prozent schätzen sie als niedrig oder sehr niedrig ein. An zweiter Stelle unter den Ansteckungsrisiken liegen den Befragten zufolge Türklinken, gefolgt von Bargeld, Spielzeug sowie Geschirr und Besteck. Nur elf Prozent halten dagegen Kleidung für ein (sehr) hohes Ansteckungsrisiko, zehn Prozent Lebensmittel und neun Prozent Haustiere.

 

Was die Maßnahmen der deutschen Bundesregierung angeht, halten 93 Prozent der Befragten die Home-Office-Regelung für angemessen. Die Maskenpflicht sowie die Quarantänemaßnahmen befürworten 91 Prozent. Ein fast ebenso hoher Anteil von 90 Prozent hält die Abstandsregel für sinnvoll. Mit der Absage von Veranstaltungen können sich 80 Prozent anfreunden, mit der Begrenzung der Zahl der Kunden in Geschäften 77 Prozent und mit Kontaktbeschränkungen 67 Prozent. Etwa 65 Prozent sind auch mit der Schließung von Kultureinrichtungen einverstanden.

 

 

 

 

June 7th

Die ersten Schritte der Krebsentstehung

Wissenschaftler des IMBA und der Universität Cambridge haben eine Methode zum Einfärben von Krebszellen entwickelt, auch wenn diese noch einzeln in gesundem Gewebe vorliegen

Die Anfärbung von Zellen ist eine der ältesten Vorgehensweisen der experimentellen Erforschung von Krankheiten: Schon Paul Ehrlich konnte Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Zelltypen durch Färbemethoden unterscheiden, die ihm zudem Hinweise auf die Bindungsaffinität bestimmter Verbindungen an zelluläre Strukturen gab. Was damals den Weg in Richtung der ersten synthetischen Arzneimittel bahnte, ermöglicht Forschern heute bösartige Veränderungen schon festzustellen, wenn erst eine einzige Zelle davon betroffen ist. In dieser ersten Phase der Krebsentstehung tritt in einer sogenannten Keimzelle eine erste krebsfördernde Mutation (ein "onkogener Hit") auf, während sie noch vollständig von gutartigem Gewebe umgeben ist. Die bisher verfügbaren histologischen Methoden können diese frühe Entwicklung nicht sichtbar machen.

Ein Forscherteam rund um Bon-Kyoung Koo vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) und Benjamin D. Simons von der University of Cambridge haben nun ein mehrfarbiges Markierungssystem mit dem Namen „Red2Onco” entwickelt, mit dem sie Epithelgewebe im Darm von Mäusen untersuchten. Sie zielten dabei auf Mutationen in zwei als „Krebsgene“ (Proto-Onkogene) bekannten DNA-Abschnitten, KRAS und PI3K, ab. Dabei zeigte sich, dass schon einzelne bösartige Mutationen das umliegende, nicht mutierte Gewebe deregulieren. Es verliert seine Stammzellen und begünstigt so die territoriale Ausbreitung der mutierten Stammzellen und ihrer Nachkommen. Durch diesen Prozess der „Feldtransformation“ erhöht die Besiedlung des Darmgewebes durch mutierte Zellen die Chance auf weitere onkogene Treffer und die Entstehung des Tumors nimmt ihren Lauf.

Zudem konnten die Autoren zeigen, dass von onkogenen Mutanten ein Signal über das „Bone Morphogenic Protein“ ausgelöst wird, dessen Unterdrückung den negativen Einfluss auf die gesunden Stammzellen abschwächt. Dies könnte den Weg für Interventionsstrategien ebnen, die auf zelluläre Crosstalk-Mechanismen abzielen.

Die Originalarbeit ist in der Zeitschrift Nature erschienen.

 

June 4th

Niederösterreich erhält eine „open innovation“-Plattform für Gesundheitstechnologie

Das Land Niederösterreich baut derzeit eine „open innovation“-Plattform für Gesundheitstechnologie auf. Die Forschungseinrichtung ACMIT wird darin eine Schlüsselroll spielen.

Der Gesundheitssektor ist durch die Covid-Pandemie weltweit in den Fokus gerückt.  Um die Erfolgschancen und die Innovationskraft der auf diesem Gebiet tätigen Unternehmen und F&E-Einrichtungen in Niederösterreich weiter zu erhöhen, wurde kürzlich eine „open innovation“-Plattform für Gesundheitstechnologie gestartet. Sie ist im Umfeld des Krebszentrums „MedAustron“ und des entstehenden neuen Landesklinikums in Wiener Neustadt angesiedelt und wird von ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Bundeslandes, umgesetzt.

Gegenwärtig verzeichnet man in Niederösterreich mehr als 60 Unternehmen, die in den Bereichen Medizintechnik, Pharmazeutische Produktion und Entwicklung tätig sind. Die ACMIT Gmbh steht beispielgebend für die auch international vielbeachteten Forschungseinrichtungen. Für sie alle soll die neue Gesundheitsplattform zur ersten Anlaufstelle werden. Es geht um die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, den Know-how- und den Technologietransfer, sowie um eine noch bessere Vernetzung innerhalb des Sektors.

 

Chirurgische Instrumente, Medizinroboter, Ultraschall in 3D

Gerade die anwendungsorientierte Forschung, wie sie bei der ACMIT betrieben wird, kommt den Menschen unmittelbar zugute. Das Kompetenzzentrum für Medizintechnik unter der Leitung von Nikolaus Dellantoni steht für neue Technologien und Prozesse im Bereich der minimal-invasiven Chirurgie. ACMIT entwickelt u. a. multifunktionale chirurgische Instrumente, Sensorsysteme für Diagnose und Therapie, Medizinrobotiksysteme, aber auch anatomische Modelle, wie sie in der Schulung von medizinischem Personal zum Einsatz kommen. Ein besonderes Highlight ist ein Medizinprodukt, das ACMIT in Zusammenarbeit mit der Piur Imaging GmbH von der Idee bis zum klinischen Einsatz entwickelt hat: Damit wird ein kostengünstiges handelsübliches 2D- zu einem 3D-Ultraschallgerät, mit dem eine räumliche Darstellung der Strukturen im Inneren des Körpers möglich ist. Das Gerät wird im Kundenauftrag von der ACMIT Manufacturing GmbH in Wiener Neustadt gefertigt.

ecoplus-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger zeigte sich im Rahmen eines  Betriebsbesuchs beeindruckt: „Seit mehr als 15 Jahren ist Medizintechnik am Technopolstandort in Wiener Neustadt ein Schwerpunktthema. Am Beispiel der Entwicklungen von ACMIT zeigt sich, was alles möglich ist, wenn die Rahmenbedingungen passen.“ ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki kann dem nur zustimmen: „Die Gesundheitsplattform ist die optimale Ergänzung zu den bereits bestehenden ecoplus-Netzwerken wie etwa dem Technopol Wiener Neustadt.“

 

Weitere Informationen im Web:
www.ecoplus.at
https://acmit.at

OMV: „Nachhaltiges Geschäftsmodell“ etabliert

Mit der Übernahme der Borealis-Mehrheit und dem Einstieg in die Kreislaufwirtschaft sei der Öl-, Erdgas- und nun auch Chemiekonzern bestens gerüstet für die Zukunft, hieß es bei der Hauptversammlung.

 

OMV-Aufsichtsratschef Mark Garrett zeigte sich zufrieden. Das Geschäftsjahr 2020 des Öl-, Erdgas- und Chemiekonzerns sei zwar stark von der COVID-19-Pandemie geprägt gewesen. „Aber es war ein Erfolgsjahr, vor allem wegen des klugen Managements und des integrierten Geschäftsmodells“, konstatierte Garrett bei der Hauptversammlung (HV) Anfang Juni. Insbesondere habe der Vorstand um den scheidenden Generaldirektor Rainer Seele „die Weichen für die neue OMV gestellt“. Die Übernahme der Mehrheit an dem Kunststoff- und Düngerkonzern Borealis im Herbst vergangenen Jahres war Garrett zufolge ein „Meilenstein in Richtung Chemikalien und Kreislaufwirtschaft. Damit wird nachhaltiges Geschäftsmodell etabliert“. Und mit dem ab 1. September fungierenden neuen Generaldirektor Alfred Stern verfüge die OMV über die „ideale Besetzung“ des Chefpostens, um dieses Geschäftsmodell erfolgreich umzusetzen.

 

Stern, zuvor als Nachfolger Garretts selbst Vorstandschef der Borealis, wechselte mit 1. April in den OMV-Vorstand und übernahm dort im Rahmen der neuen Konzernstruktur den Bereich Chemicals & Materials. Im Gegenzug trat der bisher im OMV-Vorstand fürs Downstreamgeschäft, also nicht zuletzt die Raffinerien, verantwortliche Thomas Gangl an die Borealis-Spitze. Zu – wenigstens vorläufig – guter Letzt kommt von dort spätestens mit 1. Juli Martijn van Koten in den OMV-Vorstand, um das Refining-Geschäft zu leiten. Angesichts dieser Entwicklungen ätzen Aktionäre, die OMV habe für die Aufstockung ihres Anteils an der Borealis von 36 auf 75 Prozent vier Milliarden Euro bezahlt, um von ebendieser Borealis übernommen zu werden.

 

 

OMV als „Herzensangelegenheit“

 

So wollte Noch-Generaldirektor Seele die Angelegenheit nicht gesehen wissen. Die OMV bleibe nach wie vor im angestammten Öl- und Erdgasgeschäft tätig, betonte Seele bei der HV. Sie erweitere aber ihre Wertschöpfungskette nach vorne und werde damit größer, stärker und profitabler: „Man wird die OMV auch weiterhin an Bohrtürmen und Pferdekopfpumpen erkennen. Aber sie wird mehr sein.“

 

Seele ergänzte, er verlasse den Konzern aus familiären Gründen: „Ich schaue auf eine Zeit zurück, in der Wien zu meiner zweiten Heimat und die OMV zu einer Herzensangelegenheit geworden ist.“ Er und seine Vorstandkollegen hätten das Unternehmen, „das 2015 in Schieflage geraten war, auf Erfolgskurs gebracht, und zu Rekordergebnissen geführt“. Demonstrativ versicherten einander Garrett und Seele ihrer wechselseitigen Wertschätzung, über die in den vergangenen Monaten nicht nur Positives berichtet worden war. Garrett beonte, er wolle „Rainer großen Dank aussprechen“. Seele wiederum konstatierte, es werde „in der Öffentlichkeit viel über unser Verhältnis kolportiert, was nicht der Wahrheit entspricht. Ich danke Dir, Mark“.

 

Nicht recht überzeugt vom Agieren der OMV zeigte sich bei der HV eine Reihe von Kleinaktionären, von denen etliche den sogenannten „anerkannten Umweltorganisationen“ angehörten. Sie bemängelten das ihrer Ansicht nach unzureichende Engagement des Konzerns in Hinblick auf den Klimawandel. Garrett sowie Seele und dessen Vorstandskollegen wiesen dies zurück. Laut ihrer Klimastrategie wolle die OVM „bis 2050 oder früher klimaneutral“ werden. Umfassende Maßnahmen hierzu seien im Gange, weitere würden folgen. Und mit der Übernahme der Mehrheit an der Borealis trage die OMV dem Trend zur Kreislaufwirtschaft Rechnung. Laut Seele ist das „die Grundlage des künftigen Geschäftsmodells“.

 

 

May 27th

Glyphosat: Bayer präsentiert Fünf-Punkte-Plan

Nach dem Scheitern der Einigung mit der US-Justiz geht der Konzern nun neue Wege bei den Rechtsstreitigkeiten um das umstrittene Pflanzenschutzmittel. Dessen Verkauf geht unterdessen weiter - auch an Endkunden.

 

„Zu Beginn möchte ich noch einmal betonen, dass wir fest entschlossen sind, die Rechtsstreitigkeiten zu Roundup beizulegen und das Risiko zu minimieren, welches von den bestehenden sowie möglichen künftigen Klagen für unser Unternehmen ausgeht.“ So kommentierte Bayer-Vorstandschef Werner Baumann das Scheitern der Einigung seines Konzerns mit der US-amerikanischen Justiz hinsichtlich des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat. Sein Unternehmen sei „weiterhin offen für Vergleichsverhandlungen zu den noch bestehen Klagen, soweit die Bedingungen angemessen sind. Allerdings werden wir dieses Vorgehen künftig überprüfen“. Er, Baumann, müsse davon ausgehen, dass das zuständige Gericht, der United States District Court des Northern District of California in San Francisco, die Vorschläge von Bayer zur Streibeilegung „nicht ohne weitere erhebliche Änderungen genehmigen wird. Diese Änderungen sind nicht im Interesse von Bayer“.

 

Daher verfolge der Konzern nun einen Fünf-Stufen-Plan. Erstens werde eine Website eingerichtet, um die Sicherheit des auf Glyphosat basierenden Herbizids Roundup zu dokumentieren. Hinweise auf diese Website wolle Bayer auf den im Verkauf verwendeten Roundup-Behältern anbringen. Zweitens werde Roundup weiterhin an Privatkunden in den USA verkauft. Mit professionellen Kunden in der Landwirtschaft gebe es ohnehin keine Probleme. Diese seien auf glyphosathältige Mittel wie Roundup angewiesen, „um ihre Ernte zu sichern und eine nachhaltige Landwirtschaft praktizieren zu können, die das Pflügen und das Erodieren der Böden reduziert und den Kohlendioxidausstoß verringert“.

 

Drittens prüfe Bayer Alternativen zum Umgang mit künftigen Klagen. In diesem Zusammenhang werde ein „unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium“ eingerichtet, um die Sicherheit glyphosat-basierter Roundup-Produkte zu überprüfen. Die Ergebnisse der Untersuchungen würden auf der Roundup-Website veröffentlicht. Viertens bleibe Bayer offen für Vergleichsverhandlungen zu laufenden Klagen. Die „überwiegnde Mehrheit“ davon sei bereits beigelegt, werde in Bälde beigelegt sein oder sei für Beilegungen nicht geeignet. Fünftens schließlich setze der Konzern die Berufungsverhandlungen in den erstinstanzlich entschiedenen Fällen fort. Dies könne „dazu beitragen, künftige Rechtsrisiken zu minimieren“. Bayer sei weiterhin „überzeugt von der Stärke unserer rechtlichen Argumente“.

 

Heftige Kritik

 

In einer am 26. Mai ergangenen Stellungnahme hatte der zuständige Richter, Vince Chhabria, die Vorschläge des Konzerns zur Streitbeilegung sämtlicher Causen in der Luft zerrissen. Diese seien sehr gut für Bayer. Sie könnten die rechtlichen Risiken substanziell verringern, Strafen weitgehend ausschließen und die Chancen des Konzerns erhöhen, die Berufungsverfahren zu gewinnen. Weit weniger brächten sie dagegen den Nutzern von Roundup, die noch nicht am Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) erkrankt, dem Risiko einer Erkrankung aber ausgesetzt seien. Und schon gar nicht brächten die Vorschläge, was die Anwälte von Bayer versprächen. Bayer habe vorgeschlagen, für die noch nicht an NHL erkrankten Roundup-Nutzer ein vier Jahre lang laufendes ein Monitoring- und Unterstützungsprogramm einzurichten. Erkrankten sie während der Laufzeit des Programms, könnten sie Zahlungen beantragen, die sich auf 10.000 bis 60.000 US-Dollar beliefen, in seltenen Fällen bis zu 200.000 USS-Dollar. Das Problem ist laut Chhabria die lange Latenzzeit von NHL, die zehn bis 15 Jahre betragen kann. Somit bestehe die Gefahr, dass etliche Nutzer von Roundup das Programm nicht in Anspruch nehmen könnten.

 

Zwar habe Bayer die Option, das Programm zu verlängern. Eine Pflicht dazu bestehe indessen nicht: „Daher kann das Gericht nicht annehmen, dass Geld länger als vier Jahre verfügbar sein wird.“ Wer an dem Programm teilnehme, müsse überdies auf Schadenersatzforderungen mit Strafcharakter verzichten und damit möglicherweise auf hohe Summen, auf die er andernfalls Anspruch hätte.

 

Der schwerwiegendste Nachteil der Vorschläge des Bayer-Konzerns bestehe aber in der Schwierigkeit, diese den Betroffenen überhaupt zur Kenntnis zu bringen, kritisierte Chhabria. Realistischerweise könne dies nur durch Anzeigenschaltungen in den Medien erfolgen, die oft übersehen oder nicht ernst genommen würden. Dies gelte zumal für Nutzer von Roundup, die (noch) nicht an NHL erkrankt seien.

 

 

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