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Chemiereport_2016-3

29 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 MÄRKTE & MANAGEMENT zum anderen werden mittels Frage- bogen alle lebensmittelproduzierenden Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern befragt. „Im Zuge der Studie werden wir bei den Leitbetrieben den Ist-Zustand erheben und den Abfall analysieren“, sagt Pladerer. Datenloch Ein Datenloch gibt es aber noch in einem anderen wesentlichen Bereich der Wertschöpfungskette, nämlich in der Landwirtschaft. Angaben über die Aus- schussmenge, beispielsweise bei Obst oder Gemüse, sucht man vergeblich. Grobe Schätzungen im Rahmen einer Masterarbeit am Institut für Abfallwirt- schaft der Universität für Bodenkultur (BOKU) gehen davon aus, dass in Öster- reich beim Obst und Gemüse 25 Prozent am Produktionsstandort verloren gehen, weitere fünf Prozent während des Hand- lings und der Lagerung, zehn Prozent bei der Distribution und 19 Prozent bei den Konsumenten. Dass Obst und Gemüse vielfach die Obstplantage oder das Feld gar nicht erst verlassen, liegt nicht an EU-Normen, denn der Großteil der Ver- marktungsnormen auf EU-Ebene ist schon längst abgeschafft worden. Vielmehr sind die Ansprüche von Handel und Konsu- menten dafür ausschlaggebend, ob Obst und Gemüse auf dem Teller landen oder gar nicht erst geerntet werden. Schönheitskonkurrenz Um marktfähig zu sein, müssen bei- spielsweise Äpfel zumindest 65 Millimeter und Birnen 55 Millimeter groß sein. Zwar wird manches, das den Schönheitsidealen nicht entspricht, dennoch geerntet und zu Säften, Tiefkühl- oder Dosengemüse, Suppen und Ähnlichem verarbeitet. Und auch der Handel weicht die selbst auf- erlegten (Schönheits-)Kriterien auf: So bietet etwa REWE unter der Eigenmarke „Wunderlinge“ Obst und Gemüse an, das nicht den klassischen „Schönheitsidea- len“ entspricht. Im Jahr 2014 wurden rund 2,5 Millionen „Wunderlinge“ verkauft. Das entspricht einer Menge von mehr als 5.600 Tonnen Obst und Gemüse, die nicht entsorgt bzw. minderwertiger verwertet wurden. Obst und Gemüse mit Makeln bie- tet auch die Handelskette Spar an. Dafür wurde nach eigenen Angaben jedoch keine eigene Marke kreiert. Unter anderem wer- den besonders während der Erntezeit bei- spielsweise sehr große Äpfel oder solche mit leichten Fehlern in der Schale in Groß- kisten verkauft. Auch Einkochmarillen mit Schalenfehlern (beispielsweise durch Sonnenbrand oder Hagel) sind dann in Fünf-Kilo-Kartons oder -Kübeln zu haben. Erst ab einer deutlichen Preisreduktion seien Kunden bereit, auch zu Obst und Gemüse außerhalb der Norm zu greifen, so Spar. Doch nicht nur die Ansprüche der Kunden an die Optik, sondern auch ihr Wunsch, dass alle Artikel bis Geschäfts- schluss verfügbar sind, tragen dazu bei, dass genießbare Ware weggeworfen oder verwertet werden muss. Pro Jahr werden im Handel, wo, wie auch in der Außer-Haus-Verpflegung, schon zahlreiche Initiativen zur Reduzierung des Lebens- mittelabfalls bestehen, rund 110.000 Ton- nen Lebensmittel entsorgt. Dazu kommen mehr als 35.600 Tonnen Retourware, meist Brot und Gebäck. Dieses geht teilweise zurück an die produzierenden Bäckereien, von wo es beispielsweise als Heizmaterial in Biomassebetriebe geht. Oder es wird zu Tierfutter verarbeitet. Mit optimierten Bestellsystemen, Frischetheken, Backstati- onen und Ähnlichem sowie mit Bewusst- seinsbildung bei den Konsumenten ver- sucht der Handel nach eigenen Angaben ebenfalls, die Abfallberge zu reduzieren. „Wir sind auch der Meinung, dass nicht jeder einzelne Artikel täglich bis zum Ladenschluss verfügbar sein muss“, heißt es darüber hinaus beispielsweise bei Lidl, „dazu stehen wir, auch wenn das manche Kunden verärgert.“

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