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Chemiereport_2016-3

50 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 LIFE SCIENCES Bild:iStockphoto.com/frentusha U m die Person Gregor Mendels ranken sich zahlreiche My- then: Gerne wurde der Ordensmann als isolierter For- scher gezeichnet, der fernab von wissenschaftlichen Zentren in seinem Klostergarten Erbsen züchtete und dabei die Grundgesetze der Vererbung entdeckte. Auch wurde über ein „verkanntes Genie“ berichtet, dessen Arbeiten über Jahrzehnte unbeachtet blieben und dessen Bedeutung erst Jahre nach sei- nem Tod „wiederentdeckt“ wurde. Die wissenschaftshistori- schen Vorträge im Rahmen eines am 17. und 18. März von der Gregor-Mendel-Gesellschaft, der Veterinärmedizinischen Uni- versität und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften veranstalteten Symposiums rückten derartige Legenden anhand der historisch belegbaren Fakten zurecht. Besonders die in der Biologiegeschichte detailliert informierten Historikerinnen Ma- rianne Klemun und Ariane Dröscher betonten, dass die Genetik im 19. Jahrhunderts keineswegs aus dem Nichts entstand, son- dern eingebettet in die wissenschaftlichen Strömungen der Zeit. Auch Mendel agierte nicht unabhängig davon. Gerade Franz Unger, bei dem der Brünner Augustiner-Pater an der Universi- tät Wien in die damals neue zellphysiologische Deutung biolo- gischer Prozesse, aber auch in die mathematische Fassung wis- senschaftlicher Ergebnisse eingeführt wurde, hatte massiven Einfluss auf seine Forschungsarbeiten. Auch die Rezeption der Mendelschen Arbeiten brach nicht plötzlich um die Jahrhundertwende in ein bis dahin herrschen- des Dunkel der Vergessenheit ein, sondern entwickelte sich, den wissenschaftlichen Programmen der Zeit folgend, allmählich. Wie Johann Vollmann, selbst Pflanzenzüchter am BOKU-Depart- ment IFA Tulln, eindrücklich darlegte, gab es bereits vor 1900 etliche Zitationen von Mendels berühmter Arbeit über Pflan- zenhybride, die zum Teil die Ergebnisse des Pioniers durchaus zu würdigen wussten. Sehr wohl könne man Mendel – darin waren sich die Vor- tragenden einig – hingegen in die Kategorie der „Gentlemen Scientists“ einordnen, die Wissenschaft nicht in erster Linie als berufliche Betätigung betrieben, sondern auf dem gesicherten Fundament eines Vermögens oder, wie in Mendels Fall, einer außerwissenschaftlichen Position. Stets blieb Mendel dabei ein Mann der Kirche, der die Anwendung wissenschaftlicher Metho- den auf der Höhe der Zeit mit persönlicher Religiosität zu verbin- den vermochte, wie Gottfried Brem, Professor für Tierzucht und Genetik an der Vetmed und Initiator der Tagung, hervorstrich. Grundlage der molekularen Genetik Mendels bleibende und unumstrittene wissenschaftliche Leis- tung ist die Konzeption des abgrenzbaren, unveränderlichen und unabhängig von anderen Faktoren vererbbaren Merkmals eines Organismus, die er auf der Basis stringenter Versuchsplanung und statistisch präziser Auswertung formulierte. Nicht von unge- fähr steht die Anfang des 20. Jahrhunderts einsetzende breite Rezeption seiner Arbeiten im Zusammenhang mit einem unge- heuren Schub an genetischen Arbeiten, in denen zwischen Symposium „150 Jahre Mendelsche Regeln“ Als die Gene mendeln lernten Vor 150 Jahren veröffentlichte Gregor Mendel die nach ihm benannten Regeln der Vererbung und schuf damit die Grundlagen des gezielten Eingriffs in die genetischen Ressourcen – bis heute ein Thema von technologischer Relevanz und gesellschaftlicher Brisanz. Von Georg Sachs

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