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Chemiereport_2016-3

69 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 CHEMIE & TECHNIK Bild:WolfgangBrodacz od. 0,1 Minuten bei absoluten Retenti- onszeiten bzw. 1 Prozent gemessen an der relativen Retentionszeit mit der Verschär- fung auf ± 0,1 Prozent, wenn isotopenmar- kierte interne Standards eingesetzt wer- den. Viele Regelungen basieren hauptsäch- lich auf Expertenmeinungen und weni- ger auf experimentell ermittelten Daten. Zudem sind viele davon schon älteren Datums und berücksichtigen daher die moderne Geräteentwicklung nicht. Die 2002 in Kraft getretene Entscheidung „2002/657/EC“ der EU-Kommission wurde z. B. nie aktualisiert und beruht auf dem Gerätestand der Neunzigerjahre. Hans Mol, ein international anerkannter Experte für massenspektrometrische Spu- renanalytik am Forschungsinstitut RIKILT (Wageningen, NL), und dort verantwort- lich für die Analytik von Pestiziden und natürlichen Toxinen, hat diese Identifi- zierungskriterien verglichen, hinterfragt und erstmals systematische Untersuchun- gen über die experimentelle Variabilität der entscheidenden Identifizierungskri- terien Retentionszeit und Ionenverhältnis durchgeführt1 . Für die Pestizidanalytik wurden 120 aktuelle Pestizide in drei Konzentrati- onsstufen mit 21 typischen Matrizes ver- schiedenster Klassen herangezogen. Die Messungen erfolgten auf fünf aktuel- len LC-MS/MS-Systemen unterschiedli- cher Hersteller in verschiedenen Labors, sodass letztlich 135.000 extrahierte Ionen- chromatogramme ausgewertet wurden. Die Erkenntnisse sind in der Zwischenzeit für die Pestizidanalytik in das EU-Richtli- niendokument „SANCO/12571/2013“ ein- geflossen, das mit Gültigkeit von Anfang 2014 Empfehlungen dafür zusammen- fasst. Eine Erweiterung für die Mykotoxin- analytik erstreckte sich zusätzlich auf die Messung von über 4.000 Mykotoxin-Ma- trix-Konzentrations-Kombinationen.2 Retentionszeit-Schwankungen Bei der Auswertung aller oben genann- ten Messungen ergab sich eine Stan- dardabweichung der absoluten Retenti- onszeiten (bezogen auf den Mittelwert „Ref-RT“ aller Kalibrierstandard-Injektio- nen) von weniger als 0,02 Minuten. Nur ein Labor (Nr. 5), das keinen LC-Säulen- ofen verwendet, hatte dadurch deutlich größere Abweichungen (Bild 1 unten). Nun ist es in der Chromatographie-Praxis weit verbreitet, dass die Toleranz für die Retentionszeiten, d. h. das Peak-Erken- nungsfenster, als relativer Wert in Pro- zenten definiert wird. Regulatorien wie z. B. 2002/657/EC geben ein solches relati- ves Retentionszeitfenster sogar vor. Plot- tet man die Retentionszeit-Abweichungen gegen die Retentionszeit, so zeigt sich aber deutlich, dass die Variabilität der Retentionszeit-Abweichungen nicht von der Retentionszeit beeinflusst wird (Bild 1 ). In manchen Labors ist es auch übliche Praxis, eine sogenannte relative Retenti- onszeit zur Identifizierung heranzuzie- hen. Dabei wird die Retentionszeit jedes Zielanalyten auf die Retentionszeit einer Referenzsubstanz oder auch eines inter- nen Standards bezogen, um Schwankun- gen von Lauf zu Lauf möglichst gut auszu- gleichen. Die experimentellen Daten zeigen bei dem oben genannten Ausrei- ßer-Labor Nr. 5, dass sich dadurch die Reproduzierbarkeit der Retentionszeiten merklich verbessern lässt (Bild 2 unten). Das heißt, dass kleine Änderungen der Flussrate, insbesondere bei langen Sequenzen, durch die Retentionszeit-Refe- renz kompensiert werden können. Die Auswertung aller Daten über die vier Labors mit grundsätzlich gut stabilen Retentionszeiten relativiert allerdings diese Erkenntnis. Betreibt ein Labor gut gewartete HPLC-Geräte und arbeitet ins- besondere mit einem Säulenofen zur Thermostatisierung der Trennsäule, so sind die relativen Standardabweichungen sowohl für die Retentionszeit als auch für die relative Retentionszeit sehr ähnlich und für 96 Prozent aller Pestizide unter 0,5 Prozent (kleiner 1 Prozent für 98 Pro- zent aller Analyten). Nur absolute Toleranzen angemessen Bei einer Wiederholung der Retenti- onszeit-Messungen unter Matrixeinfluss (d. h. die Pestizide wurden in den Extrak- ten verschiedenster Produkte untersucht) waren die Retentionszeit-Abweichun- gen für alle Matrizes und alle Geräte fast immer unter 0,05 Minuten und praktisch immer kleiner als 0,1 Minute. Damit bestä- tigt sich auch im Beisein von Störsubstan- zen, dass die absoluten Retentionszeit-Ab- weichungen praktisch unabhängig von der Retentionszeit sind. Für diese Art von Analytik wird prak- tisch immer die Gradientenelution ver- wendet. Die Zeit, welche die jeweiligen Pestizide tatsächlich eluieren, ist in der Praxis ziemlich gleich, da spät eluie- rende Analyten anfangs am Kopf der –27.58 –29.72 –30.89 –32.00 –32.22 –33.02 –33.40 –34.21 –35.05 –36.56 A B C D E F Ref. RT (min) 3 Vergleich der Peak-Erkennungsfenster von derivatisierten Mykotoxinen (B-Trichothecene) in der GC. Eine derzeit gültige Regelung (schwarze Markierung) erlaubt mit einer relativen Toleranz von +/– 2,5 Prozent eine unnötig großzügige Peakzuordnung, während ein absolutes Kriterium (+/– 0,1 Minuten; rote Markierung) ausreichend wäre.

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