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Chemiereport_2016-3

47 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 LIFE SCIENCES Engineering-Lösung für die Öl-, Gas- und Chemieindustrie Hier stimmt die Chemie free download: www.aucotec.at Halle A, Stand A0236 beta-Oligomere wie Pyroglutamat-Abeta (pGluAbeta), die durch enzymatische Spaltung des Vorläuferproteins APP entste- hen. Bösewicht pGluAbeta Bei AD kommt es zu einer Kumulation solcher löslichen pGluAbeta-Peptide in den Neuronen. Aktuelle Forschungen zei- gen, die Zerstörung wird dabei wohl in vier Schritten initiiert: (1) Die Aktivierung von Nikotin-Acetylcholin-Rezeptoren (NMDA) auf Astrozyten setzt den Neurotransmitter Glutamat frei. (2) Ein Überschuss an Glutamat soll anschlie- ßend NMDA-Rezeptoren auf Neuronen aktivieren und zu einem Einstrom von Cal- cium-Ionen führen. (3) Eine Änderung der mitochondrialen Funktion im Neuron ver- stärkt oxidativen Stress und fördert die Hyperphosphorylierung und Aggregation von Tau-Proteinen. (4) Letztere zerstören wohl die Mikrotubuli und leiten die Zerstörung der Nervenzelle ein. Neben diesem komplexen Prozess hat pGluAbeta aber noch eine einfachere Wirkung. Aufgrund ihrer geringen Größe schmuggeln sich die pGluAbeta-Peptide in den synaptischen Spalt, wo sie toxisch auf Synapsen wirken. Zwar fördern pGluAbeta-Peptide auch die Ent- stehung von Amyloid-beta-Plaques, Letztere scheinen für Schä- den an Neuronen und Synapsen aber weniger verantwortlich zu sein. Wie der Zufall spielt Claude Wischik gehört seit langem zu den Unterstützern der Tau-Hypothese. Seit Wischik 1985 bei seinen Arbeiten zur Strukturaufklärung der Tau-Neurofibrillen an der Universität Cambridge auf eine bisher unbekannte Wirkung von Methylen- blau stieß, setzt der Wissenschaftler seine Hoffnungen auf den synthetischen Farbstoff. Methylenblau schien nämlich die aus Tau-Proteinen bestehenden Neurofibrillen aufzulösen. Seit die- ser Zeit befasst sich Wischik mit der Erforschung von biokom- patiblen Methylenblau-Derivaten und ist Mitbegründer des in Singapur beheimateten Unternehmens TauRx. Dass Methylen- blau-Derivate die neuen Hoffnungsträger bei AD sein könnten, dafür sprechen nicht nur Hinweise aus In-vitro- und Tierstu- dien, auch eine aussichtsreiche Phase-II-Studie mit dem Methy- lenblau-Derivat „Rembr“ untermauert Wischiks Hoffnungen. Nachdem „Rembr“ das Fortschreiten der Erkrankung um bis zu 81 Prozent verringern konnte, flossen Investorengelder in Höhe von 120 Millionen Euro für eine internationale Phase-III-Studie in TauRx. Weitere Unterstützung für Wischiks These und die Wirkung seiner Tau-Aggregationshemmer (TAI) kommt aus einer kürz- lich in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ publizierten Arbeit. Mittels NMR-Spektroskopie gelang es, zwei potenzielle Wirkme- chanismen von Methylenblau sichtbar zu machen. Demnach reagiert der Farbstoff mit Cysteinresten im Tau-Protein. Zwischen den SH-Gruppen klinkt sich ein Sauer- stoffatom ein und verhindert die Disulfid- brückenbindung, die eine Tau-Aggregation initiiert. Darüber hinaus lagert sich Methy- lenblau an die Faltblatt-Region von Tau-Proteinen an. Die Anla- gerung weiterer Faltblattstrukturen wird behindert und die Tau-Aggregation, die zur Entstehung von Tau-Neurofibrillen führt, bleibt aus. Jagd nach neuen Wirkstoffen Das Wissen um die Wirkung von aggregiertem Tau-Protein hat in der Branche eine regelrechte Jagd nach neuen Wirk- stoffen ausgelöst. Die aktuellen Prognosen, wonach sich die Zahl der Betroffenen von aktuell 40 bis 50 Millionen weltweit bis 2050 verdreifachen könnte, haben den Wettlauf nach dem nächsten wirksamen Medikament weiter angefacht. Selbst der Lebensmittelgigant Nestlè hat das Potenzial erkannt und setzt gemeinsam mit der Firma AC Immune auf die Entwicklung von Tau-Antikörpern. Das Gleiche gilt für das Merck-Serono Spin- off AsceNeuron. AXON Neuroscience favorisiert einen Impfstoff gegen Tau-Fibrillen, während Claude Wischik fest an den Erfolg seines jüngsten Tau-Aggregationshemmers – dem Methylen- blau-Derivat LMTX – glaubt. Wer das Rennen macht, ist noch offen. Wischik will aber noch in diesem Jahr erste Ergebnisse der laufenden Phase-III-Studie vorlegen und hat damit – zumin- dest zeitlich – die Nase vorn. Rund 50 Millionen Menschen leiden an Alzheimer.

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