Archive - Mai 20, 2014

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Klinische Studien: Wettbewerbsvorteil droht verloren zu gehen

Mit der EU-weiten Harmonisierung der Zulassungsverfahren für klinische Studien droht ein Standortvorteil für die heimische Forschung wegzufallen. Pharmazeutische Industrie und forschende Medizin fordern Maßnahmen zu Gegensteuerung.

Was die Zulassung von klinischen Studien betrifft, sind die österreichischen Behörden äußerst flink: Äußert sich das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen innerhalb von 35 Tagen nicht, so gilt ein Antrag als genehmigt – das ist deutlich weniger als der EU-weite Durchschnitt von 60 Tagen. Für die heimische Pharma-Industrie und die forschende Medizin stellt dies einen Vorteil im internationalen Wettbewerb dar – noch, denn eine EU-Verordnung über klinische Prüfungen soll ab 2016 zu einer EU-weiten Harmonisierung der Rahmenbedingungen führen.

Zumindest teilweise konnte die bisher bestehende Chance genutzt werden: „Bis 2003 war es de facto nicht möglich, eine Erstanwendungsstudie zu einem Wirkstoff im Menschen in Österreich zu machen“, erklärte Markus Müller, Vizerektor für Forschung der Medizinischen Universität Wien im Rahmen einer Pressekonferenz am 19. Mai: „Heute steht Österreich in der klinischen Forschung weltweit an 22. Stelle, per capita sogar auf Rang 8.“ Welche Art von klinischen Überprüfungen dabei durchgeführt werden, wurde jüngst in einer Umfrage unter pharmazeutischen Unternehmen erhoben. 497 Studien mit insgesamt rund 7.000 eingeschlossenen Patienten liefen 2013 in Österreich, 253 davon in den Bereichen Onkologie, Hämatologie und Kardiologie, „also in jenen Indikationen, die rund 70 Prozent der Todesfälle in Österreich ausmachen“, wie Wolfgang Bonitz, Medical Director bei Novartis Österreich, betonte. Unterscheiden müsse man dabei zwischen Forschung, die in Österreich aus angestoßen werde (und rund ein Drittel der Studien ausmache) und großen, internationalen Multizentrenstudien, an denen Österreichische Krankenhäuser mitbeteiligt sind.

 

Voraussetzungen an den Spitälern

In den durch die Umfrage erhobenen Daten fällt auf, dass die Zahl der Phase-III-Studien wesentlich höher ist als jene der Studien in Phase I und II. Gerade letztere sind laut Müller aber ein Indikator für die an heimischen Kliniken vorhandene Kompetenz auf einem bestimmten Fachgebiet, die oft der Grund dafür sie, dass pharmazeutische Unternehmen andocken. Ebenso wichtig sei aber eine entsprechende Ausstattung mit Personal und Infrastruktur, Rückhalt durch die Spitalserhalter und die Zugänglichkeit der entsprechenden Datenbasis, die in Österreich derzeit nur unzureichend gegeben sei. Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber sprach sich angesichts des stärker werdenden Standortwettbewerbs im Bereich der klinischen Forschung, dem eine stagnierende Forschungsquote in Östererich gegenübersteht, für eine klare politische Strategie mit entsprechender Schwerpunktsetzung und Evaluierung der gesetzten Maßnahmen aus.