Archive - Jun 25, 2014

Einseitige Pflanzenschutzmittel-Debatte

Ein wissenschaftlicher Review, über den BBC News vorab berichtet hat, spricht von gravierenden Umweltfolgen von Neonicotinoiden. Dass die Industrie die Aussagen keineswegs für einen neutralen wissenschaftlichen Standpunkt, sondern für den Teil einer Kampagne hält, wird in Österreich aber kaum wahrgenommen.

 

Und wieder sind Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Neonicotinoide Gegenstand hitziger Debatten. Der Anlass diesmal: BBC News hat über einen Review der bisher publizierten wissenschaftlichen Literatur zu möglichen Belastungen von Ökosystemen durch diese Stoffklasse sowie durch Fipronil (einen Wirkstoff aus der Klasse der Phenylpyrazole, der in Österreich gar nicht zugelassen ist) berichtet, die im Auftrag der Weltnaturschutz IUCN erstellt wurde. Erschienen ist der Review noch nicht, gegenüber der BBC sprach Dave Goulson, einer der Autoren, aber vom Nachweis, dass sich die Insektizide im Boden anreichern und regelmäßig in Flüssen anzutreffen seien. Es sei daher „unmöglich zu leugnen“, dass damit starke Umwelteinflüsse verbunden seien.

Im BBC-Bericht kommt aber auch der Herstellerverband „European Crop Protection Association“ zu Wort, der von einseitiger Beweisführung spricht. Es scheine, der Review sei Teil einer Bewegung von NGOs und einigen Wissenschaftlern, deren einziges Ziel das Verbot von Neonicotinoiden sei, unabhängig davon, was sich beweisen lasse und was nicht.

 

Einseitige Rezeption in Österreich

Ebenso einseitig erfolgt derzeit die Rezeption der Debatte in Österreich, wo sie von Global 2000 aufgegriffen wurde. In einem Bericht auf der Website des ORF wird Jean-Marc Bonmatin, ebenfalls Mitautor des Reviews, gar mit den Worten zitiert, der Einsatz von Chemikalien in der Nahrungsmittelproduktion stelle eine „Gefahr für die Welternährung“ dar. Dem hält freilich die österreichische IG Pflanzenschutz gegenüber, dass eher das Gegenteil der Fall sei und ohne  Pflanzenschutzmittel die Lebensmittelproduktion massiv einbrechen würde, weil Schädlinge ganze Ernten vernichten würden. Die Publikation, die von Global 2000 aufgegriffen wurde, sei kein tragfähiges Argumentarium zur Sicherheit von Pflanzenschutzmitteln unter realistischen Bedingungen sondern eine Auslese mehrerer Worst-Case-Szenarios, die größtenteils unter Laborbedingungen zustande gekommen seien. Ähnlich argumentiert man auf europäischer Ebene: Neonicotinoide seien seit mehr als 20 Jahren in Gebrauch. Wenn sie tatsächlich so gravierende Schäden hervorrufen würden, hätte man diese schon längst beobachten müssen.