Archive - Dez 3, 2015

Datum

Gut im Griff

Die Zeit drängt: Noch heuer hat die EU-Kommission einen Aktionsplan zur Begrenzung der Wasserbelastung durch Arzneimittel vorzulegen. Das wurde im Herbst 2014 im Zuge der Revision der Wasserrahmenrichtlinie (WWRL) der EU beschlossen. Und manche Mitgliedsstaaten, insbesondere Schweden, legten eine Reihe von diesbezüglichen Forderungen auf den Tisch, berichtete Thomas Jakl, der stellvertretende Leiter der Sektion Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im Umweltministerium, am 3. Dezember beim 8. Fachgespräch des Umweltbundesamts (UBA) über „Arzneimittelwirkstoffe in der Umwelt“. Den Schweden zufolge soll sich die Kommission in dem Plan unter anderem mit Resistenzentwicklungen, Freisetzungsfragen bei Produktionsstätten, eventuellen Rücknahmeverpflichtungen für Arzneimittel und Abwasserbehandlung befassen. Auch die Entwicklung eines Screeningtests für Arzneimittelrückstände in Gewässern steht auf der Wunschliste.

Zumindest diesbezüglich kann den Skandinaviern in absehbarer Zeit geholfen werden, versicherte Karl Kienzl, der stellvertretende Geschäftsführer des UBA. Dieses entwickle gerade einen solchen Test. Zur Verfügung stehen werde dieser voraussichtlich ab dem zweiten Halbjahr 2016. Schon im Jahr 1999 veröffentlichte das UBA seinen ersten Bericht zum Thema des Fachgesprächs. Eine Überarbeitung ist laut Kienzl im Gang und soll im zweiten Quartal des kommenden Jahres publiziert werden.

 

(K)ein Problem

Über die Ergebnisse des im Rahmen eines Forschungsprojekts durchgeführten Monitoringprogramms „Pharmazeutika und Abwasserindikatoren in Grund- und Trinkwasser“ berichteten Franz Allerberger von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und Franko Humer vom UBA. Im Zuge des Projekts wurden jeweils 50 Grund- und Trinkwassermessstellen auf 19 Antibiotika und acht Abwasserindikatoren untersucht. Ausgewählt wurden laut Humer Messstellen, bei denen das Auftreten der fraglichen Substanzen besonders wahrscheinlich ist und die daher als „risikobasiert“ gelten können. Das Ergebnis: Zwar wurden etliche der Stoffe tatsächlich nachgewiesen. Ihre Konzentration lag aber meist an der Nachweisgrenze und in allen Fällen „deutlich unterhalb jeglicher gesicherten humatoxikologischen Relevanz.“ Allerberger zufolge wäre es jedoch trotzdem sinnvoll, die Ursachen für die Einträge ausfindig zu machen und letztere so weit wie möglich zu unterbinden: „Man sollte nicht sagen: Wir sind eh um Zehnerpotenzen unter den gefährlichen Werten. Also ist das kein Problem und wird auch nie eines werden.“

 

Teilweiser Abbau

Laut Manfred Clara vom UBA sind in Österreich derzeit etwa 13.500 Humanarzneimittelspezialitäten und 1.300 Arzneimittel für Tiere zugelassen. Insgesamt enthalten diese rund 2.000 verschiedene Wirkstoffe. Die Zahl der abgegebenen Einzeldosen, also Tabletten und dergleichen, liegt im europäischen Durchschnitt. Aufgrund der immer besser werdenden Analytik können Rückstände so gut wie überall nachgewiesen werden, etwa in Abwasser, Klärschlamm und daraus hergestelltem Kompost, im Boden, in Oberflächengewässern und im Grundwasser sowie in Sedimenten und Schwebstoffen. In Donauschwebstoffen kommen unter anderem die Antibiotika Erythomycin und Sulfadiazin sowie das Beruhigungsmittel Diazepam vor. In Sedimenten fand sich außerdem der Blutdrucksenker Verapamil. In Kläranlagen ist es nur teilweise möglich, Arzneimittelrückstände zu beseitigen. Vollständig gelingt dies unter anderem beim Schmerzmittel Ibuprofen und beim Lipidsenker Bezafibrat. Erythromycin lässt sich dagegen nur zum Teil abbauen. Keine Wirkung haben Kläranlagen nach derzeitigen Kenntnisstand unter anderem auf das Antiepileptikum Carbamazepin.

Einiges Erstaunen bei den Experten löste übrigens das Auffinden von Arzneimittelrückständen in Bioabfallkompost aus Vorarlberg aus. Nachfragen ergaben laut Clara, dass in manchen Haushalten Arzneimittel im Biomüll entsorgt wurden: „Das Argument war: Das ist ja ein Medikament, das kann ja nicht schlecht sein.“