Archive - 2015

August 13th

Dieter Falkenhagen verstorben

Univ.-Prof. Dr. Dieter Falkenhagen ist tot. Der ehemalige Leiter des Departments für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin der Donau-Universität Krems, erlag am 11. August seiner schweren Erkrankung. Der Rektor der Donau-Universität, Friedrich Faulhammer, würdigte ihn als „Persönlichkeit, deren Pioniergeist und außerordentliches Engagement stets mit der Donau-Universität Krems verbunden bleiben wird.“ Falkenhagen leitete seit 1995 die dortige Abteilung für Umwelt- und Medizinische Wissenschaften. Überdies war er fast zehn Jahre lang, von 1996 bis 2005, Vorsitzender des Kollegiums der Donau-Universität und trug als solcher maßgeblich zu deren gedeihlicher Entwicklung bei. 

 

Im Jahr 2005 wurde Falkenhagen zum Professor für Gewebe- und Organersatz sowie Leiter des Departments für Klinische Medizin und Biotechnologie berufen. Dieses, das 2011 in „Department für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin“ umbenannt wurde, leitete er bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren. Einer seiner Forschungsschwerpunkte war die extrakorporale Blutreinigung, die der breiteren Öffentlichkeit unter dem Schlagwort „künstliche Leber“ bekannt ist. Intensiv arbeitete der aus Rostock stammende Facharzt für Innere Medizin und Nephrologe mit führenden Medizintechnikunternehmen wie Fresenius zusammen. Nicht zuletzt seine hervorragenden Kontakte zur Industrie ermöglichten ihm, die Donau-Universität zu einem Kompetenzzentrum für biomedizinische Technologie zu machen. Diese würdigte seine Verdienste im Jahr 2013 mit der Verleihung ihres Ehrenringes.

 

 

Merck darf Sigma-Aldrich übernehmen

Die deutsche Merck-Gruppe darf die US-amerikanische Life-Science-Firma Sigma-Aldrich übernehmen. Das teilten die beiden Konzerne mit. Laut Merck liegen alle kartellrechtlichen Genehmigungen vor. Anfang der Woche habe die brasilianische Wettbewerbsbehörde CADE die Transaktion „uneingeschränkt“ erlaubt. Die Freigabe trete „nach einer üblichen Wartefrist von 15 Tagen in Kraft.“ Merck will das Geschäft noch im dritten Quartal 2015 abschließen. Die EU-Kommission habe ihr Placet schon am 15. Juni erteilt, allerdings unter der Bedingung, dass „Teile des europäischen Geschäftes für Lösungsmittel und anorganische Stoffe von Sigma-Aldrich“ verkauft werden. Bernd Reckmann, Mitglied der Merck-Geschäftsleitung, verlautete, die Auflagen würden nun möglichst „zügig“ umgesetzt, um die Transaktion abschließen zu können.

 

Laut Sigma-Aldrich gibt Merck für die Übernahme rund 17 Milliarden US-Dollar (15,3 Milliarden Euro, Kurs vom 13. August) aus. Damit entstehe „einer der führenden Player in der globalen Life-Science-Industrie“, die jährlich etwa 130 Milliarden US-Dollar (117 Milliarden Euro) erwirtschafte.

 

Merck und Sigma-Aldrich hatten die Übernahme am 22. September 2014 angekündigt. Merck sieht in dieser einen „wichtigen Baustein im Fit-für-2018-Transformations- und Wachstumsprogramm“, mit dem das Unternehmen seine Geschäftsbereiche Healthcare, Life Science sowie Performance Materials „nachhaltig stärken“ will. Infolge der Transaktion entstehe eine Lieferkette, über die rund 300.000 Produkte auf den Markt gebracht werden könnten. Außerdem könne Merck sein Angebot an Laborchemikalien sowie in der Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln ausbauen.

 

 

August 12th

Petrochemiegeschäft verbessert OMV-Bilanz

Im ersten Halbjahr 2015 erwirtschaftete die OMV ein Konzernergebnis von rund 11,5 Milliarden Euro, um 40 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2014. Das Betriebsergebnis (EBIT) ging um 50 Prozent auf 451 Millionen Euro zurück. Besonders dramatisch war die Entwicklung im Geschäftsbereich Upstream (vormals „Exploration und Produktion“), in dem ein Minus von 83 Prozent auf 135 Millionen Euro zu verzeichnen war. Dem gegenüber verbesserte sich das EBIT im Bereich Downstream (vormals „Raffinerien und Marketing“ sowie „Gas und Power“) stark um 102 Prozent auf 357 Millionen Euro.

 

Wie der neue OMV-Generaldirektor Rainer Seele erläuterte, sind die Halbjahreszahlen vor allem durch den gesunkenen Rohölpreis bedingt. Im ersten Halbjahr 2015 erlöste die OMV für Rohöl im Durchschnitt 52,66 US-Dollar pro Barrel (USD/bbl), um 48% weniger als im ersten Halbjahr 2014. Der von ihr erzielte Gaspreis lag um ein Fünftel unter dem des ersten Halbjahres 2014. Wegen des zeitweiligen Ausfalls der Ölproduktion in Libyen und im Jemen verringerte sich auch die verkaufte Öl- und Erdgasmenge um rund drei Prozent auf 9,8 Millionen Tonnen. Nur teilweise ausgeglichen wurde dies durch das Raffinierie- und Petrochemiegeschäft. So stieg die Verkaufsmenge an Petrochemie-Produkten (Ethylen/Propylen) um drei Prozent auf 1,13 Millionen Tonnen. Stark verbessert hat sich auch die Raffineriemarge. Sie belief sich auf 7,61 USD/bbl, verglichen mit 1,77 USD/bbl im ersten Halbjahr 2014. Seele zufolge ist „der Rohölpreis in Kombination mit den Raffineriemargen“ stets entscheidend für den Unternehmenserfolg der OMV. Sie kann allfällige Mindererlöse aus dem Upstream-Geschäft durch das Downstream-Geschäft zumindest abfedern.

 

Seele fügte hinzu, auf absehbare Zeit sei keine Erholung der Rohölpreise zu erwarten. Die OMV müsse daher ihre Effizienz weiter verbessern. Bis Anfang kommenden Jahres will er gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen die Konzernstrategie überarbeiten. Das werde „keine Revolution, die auch nicht nötig ist, aber ein Aufbruch und ein beherzter Schub.“ Seele kündigte an, die Zusammenarbeit mit dem russländischen Erdgaskonzern Gazprom weiter zu verstärken. Bereits Ende Juni unterzeichnete Vorstand Manfred Leitner eine Absichtserklärung, der zufolge sich die OMV beim Ausbau der Nord-Stream-Pipeline beteiligen wird. Geplant ist, deren Kapazität auf etwa 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu verdoppeln. Überdies möchte die OMV auch an der Gasförderung im westsibirischen Achimov-Feld teilnehmen. Chancen für das Unternehmen sieht Seele auch im Iran. Um seine Ölförderung wieder anzukurbeln, brauche dieser „Milliardeninvestitionen“. Und die OMV habe Technologien, um „reife“ Felder, aus denen seit Jahrzehnten Öl gefördert wird, besonders effizient auszubeuten.

 

Insgesamt sieht Seele die OMV „gut aufgestellt für die kommenden Herausforderungen.“ Es gehe nun darum, „die Zukunft zu gestalten.“ Die „strategische Kraft“ dazu habe die OMV, betonte der neue Generaldirektor.

 

 

 

August 11th

Wirtschaftspolitik: „Österreich hat ein bewährtes Forschungsfördersystem“

Chemiereport:  Seit mittlerweile rund anderthalb Jahren besteht das BMWFW in seiner derzeitigen Form mit den Zuständigkeiten für Wirtschaft und Wissenschaft. Hat sich dies aus Ihrer Sicht bewährt?

Losch: Ja, in der neuen Ressortstruktur kann das vorhandene Potenzial entlang des gesamten Innovationszyklus gut zur Entfaltung gebracht werden – von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung bis zur Marktanwendung. Ein konkretes Beispiel ist das Programm „Wissenstransferzentren und IPR-Verwertung“, mit dem wir die Verwertung von Forschungsergebnissen an Universitäten verbessern.
 
Chemiereport:  Was werden im kommenden Jahr die wichtigsten Schwerpunkte des BMWFW hinsichtlich Wissenschaft und Forschung sein?
Losch: Die Schwerpunkte werden weiterhin vor allem in der Zusammenarbeit Wissenschaft – Wirtschaft und dem verbesserten Transfer von Wissen in Produkte liegen. Beispiele dafür sind unsere Christian-Doppler-Labors, von denen bis heute mehr als 150 CD-Labors seitens des Wirtschaftsministeriums unterstützt wurden, das COMET-Programm, die Wissenstransferzentren und ganz aktuell die Förderung von Inkubatoren und Akzeleratoren über das neue Pilotprogramm „Jump-Start“. Darüber hinaus fördern wir die Umstellung auf Industrie 4.0 mit Maßnahmen in Höhe von 30 Millionen Euro.
 
Chemiereport:  Sie nehmen am 2. September beim Europäischen Forum Alpbach an einer Podiumsdiskussion zum Thema Investitionslücke in Europa – wie Wachstum stärken?“ teil. Was sind Ihre Vorschläge?
Losch: Das wirtschaftliche Umfeld ist in Europa nach wie vor von geopolitischen Unsicherheiten und geringem Wachstum geprägt, weshalb auch die Investitionen der Unternehmen schwächeln. Es braucht also einerseits vertrauensbildende und andererseits stimulierende Maßnahmen. Zentrales Element auf europäischer Ebene ist hier der Investitionsplan für Europa, den auch Österreich unterstützt. National erwarten wir uns unter anderem vom Alternativfinanzierungsgesetz verbesserte Möglichkeiten zur Finanzierung von Unternehmen durch Crowdfunding. Über die Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) bieten wir zudem Garantien und besonders zinsgünstige ERP-Kredite an, um die Finanzierung zu unterstützen.
 
Chemiereport: Es gibt Kritik an der unübersichtlichen Förderlandschaft. Was sind die wichtigsten Verbesserungsmöglichkeiten?
Losch: Österreich hat ein sehr ausdifferenziertes Forschungsfördersystem, das sich bewährt hat und auch bei internationalen Unternehmen, die sich bei uns ansiedeln, als attraktiver Standortfaktor gilt. Auf Bundesebene haben wir mit der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und der aws zwei Agenturen, die den Hauptteil der FTI-bezogenen Förderungen abdecken und den Unternehmen und anderen Forschungsinstitutionen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. FFG und aws werden außerdem ihre Zusammenarbeit in nächster Zeit noch deutlich vertiefen, mit dem Ziel die Kunden beider Häuser administrativ zu entlasten, etwa durch abgestimmte Einreichunterlagen.
 
Chemiereport: Wird die FFG das hohe Niveau an Unterstützungsleistungen für die innovative österreichische Wirtschaft weiterhin halten können?
Losch: Die FFG hat im Vorjahr 460 Millionen Euro an Förderungen ausbezahlt, das waren fünf Prozent mehr als im Jahr davor. Darüber hinaus hat die Bundesregierung auf Initiative des Wirtschaftsministeriums die Forschungsprämie im Zuge der Steuerreform von zehn auf zwölf Prozent erhöht. Das setzt neue Anreize und macht Österreich als Standort für die F&E-Abteilungen internationaler Unternehmen noch attraktiver.
 
Chemiereport: Im Rahmen der FTI-Strategie hat sich Österreich das Ziel gesetzt, bis 2020 eine F&E-Quote von 3,76 Prozent des BIP zu erreichen. Nach neuesten Berechnungen wird die Quote heuer bei 3,01 Prozent liegen. Welche Maßnahmen wird das BMWFW zur Zielerreichung setzen?
Losch: Klar ist, dass dieses Ziel der FTI-Strategie großer Anstrengungen bedarf, es geht aber in die richtige Richtung: Heuer steigen die Forschungsausgaben auf ein Rekordniveau von über zehn Milliarden Euro. Mit drei Prozent hat Österreich die viertbeste Forschungsquote in der Europäischen Union. Aktuell wurden im Zusammenhang mit der eben beschlossenen Steuerreform wichtige Impulse im Bereich F&E gesetzt, zum Beispiel die Erhöhung der Forschungsprämie oder die Forcierung von Alternativfinanzierung über Crowdfunding.
 
Chemiereport: Österreich gibt zwar immer mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus, fällt aber im EU-Innovationsvergleich zurück (2009 Platz 6, heuer Platz 11). Wie ist dies zu erklären? Was ist zu tun, um gegenzusteuern?
Losch: Der Vergleich von Platzierungen ist gerade beim Innovation Union Scoreboard mit Vorsicht zu genießen, weil es fast jährlich Änderungen in den Berechnungsmethoden und Kriterien gibt. Österreich ist auch in der absoluten Gesamtperformance nicht schlechter geworden, Faktum ist aber, dass andere Länder ihre Bemühungen noch stärker forciert haben. Zusätzlich zur ausreichenden Dotierung von Forschung und Entwicklung treiben wir daher die Umsetzung der FTI-Strategie mit dem Forschungsaktionsplan weiter voran. Hier wurden in sechs Aktionslinien 50 Maßnahmen erarbeitet, die wir systematisch abarbeiten. Auch die Leitbetriebe-Standortstrategie enthält wichtige strukturelle Maßnahmenvorschläge, von denen viele bereits umgesetzt und eingeleitet wurden. 
 

August 10th

„Paris ist nicht das Ende“

Urlaub ist für die Klimapolitiker und -diplomaten in aller Welt in den kommenden Wochen wohl eher nicht angesagt: Vom 31. August bis 4. September findet in Bonn der zehnte Teil der zweiten Sitzung der Ad Hoc Working Group on the Durban Platform for Enhanced Action (ADP) statt. Hinter diesem Titel verbirgt sich die vorletzte offizielle Vorbereitungskonferenz für den Weltklimpagipfel in Paris vom 30. November bis 11. Dezember. Dort soll ein völkerrechtlich bindendes Nachfolgeabkommen zum bekannten Kyotoprotokoll beschlossen werden.

 

Seit Ende Juli liegt ein 83-seitiger Entwurf vor, den die „co-chairs“ (Vizevorsitzenden) der ADP ausarbeiteten. Obwohl das Papier vor alternativen Formulierungsvorschlägen und einander in etlichen Punkten widersprechenden Begehrlichkeiten nur so strotzt, gilt es als maßgeblicher Fortschritt. Der Ausgangspunkt für seine Erstellung war der sogenannte „Geneva Text“, der bei der Genfer Klimawandelkonferenz Anfang Februar erarbeitet worden war. Allerdings handelte es sich dabei lediglich um eine so gut wie unlesbare 90-seitige Kompilierung der Vorschläge und Wünsche der 196 an den Verhandlungen beteiligten Unterzeichnerstaaten der Klima-Rahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Bei der Klimawandelkonferenz in Bonn im Juni gelang es gerade einmal, den Text auf 85 Seiten zu kürzen, im Wesentlichen, indem Doubletten entfernt wurden.

 

Die nunmehrige Version, verfügbar unter http://unfccc.int/2860.php, gliedert sich in drei Teile. Der erste davon, das „Draft Agreement“, enthält auf 19 Seiten Standardbestimmungen, von denen viele zum Teil aus formalrechtlichen Gründen schwerlich verzichtbar sind. Dabei geht es unter anderem um die Begriffsdefinitionen sowie einmal mehr um das grundsätzliche Bekenntnis zur Umsetzung der Klima-Rahmenkonvention. Nicht fehlen darf eine Klausel, die jeden beteiligten Staat zum „Austritt“ aus dem Abkommen berechtigt. Der zweite Teil, betitelt „Draft Decision“, beinhaltet auf weiteren 19 Seiten die Vorschläge der „Co-Chairs“ für die Kernbestimmungen eines allfälligen Abkommens, also im Wesentlichen, welche Pflichten die beteiligten Staaten prinzipiell haben und wie diese erfüllt werden könnten. Wie schon im ersten Teil werden allerdings auch hier bei fast jedem Punkt mehrere Alternativen vorgeschlagen. Allein hinsichtlich des Zeitplans für die Umsetzung finden sich nicht weniger als fünf Optionen. Im dritten Teil schließlich ist alles zusammengefasst, was noch weiterer Klärung durch die Verhandler bedarf.


 

Nicht ausreichend

Allerdings halten die Co-Chairs einleitend ausdrücklich fest, dass auch der nun auf dem Tisch liegende Text weder inhaltlich noch formal etwas vorweg nimmt, was Teil eines Pariser Abkommens sein könnte. Und die bisher bekannten unverbindlichen Vorschläge der UNFCCC-Staaten hinsichtlich ihrer allfälligen CO2-Reduktionsziele (Intended Nationally Determined Contributions, INDCs) lösen unter Klimawissenschaftlern nur mäßige Begeisterung aus. Ende Juni lagen gerade einmal 20 Vorschläge auf dem Tisch. Das „Climate Action Tracker“-Konsortium (CAT-Konsortium), bestehend aus den Forschungseinrichtungen ECOFYS, NewClimate Institute und PIK Potsdam, untersuchte bisher zwölf davon. Nur zwei wurden als ausreichender Beitrag angesehen, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf 1,5 bis zwei Grad Celsius zu begrenzen. Und die stammten von Äthiopien und Marokko, nicht eben den größten CO2-Emittenten der Welt.

 

Kühler Kopf

Und so ist der Optimismus hinsichtlich der Substanz eines allfälligen Pariser Klimaabkommens eher verhalten. Sylvie Lemmet, im französischen Umweltministerium für die Vorbereitung des Gipfels im Dezember zuständig, betonte indessen beim Vienna Energy Forum: „Paris ist nicht das Ende, sondern erst der Anfang. Es muss ein Meilenstein auf dem Weg zu einer weitgehend CO2-neutralen Weltwirtschaft werden, von dem aus es keine Umkehr mehr gibt.“ Lemmet zufolge will die französische Regierung auf alle Fälle ein völkerrechtlich bindendes Abkommen zustande bringen, das mehr als ein bloßes Alibi-Papier ist. Notwendig sei vor allem ein Aktionsplan, der zeige, wie es nach dem Dezember-Gipfel weitergeht. Ähnlich argumentierte der Klimabevollmächtigte der polnischen Regierung, Marcin Korolec. Auch wenn bei manchen offiziellen Verhandlungen wenig weitergehe, laufe doch inoffiziell sehr viel: „Wir müssen einfach einen kühlen Kopf bewahren.“

 

 

Die vollständige Fassung dieses Beitrages erscheint in der Ausgabe 5/2015 des Chemiereport.

 

 

 

Auf dem Weg zum „Game-Changer“

Neue Krebsimmuntherapien zu entwickeln, die auf niedermolekularen Substanzen beruhen, ist das Ziel einer Kooperation zwischen dem Wiener Biotech-Unternehmen Apeiron Biologics, der Hamburger Evotec AG und dem Pharmakonzern Sanofi, teilten Vertreter von Apeiron und Evotec heute in Wien mit. Für die kommenden zwei Jahre übernimmt Sanofi die Forschungskosten der beiden Unternehmen in diesem Bereich. Zusätzlich zu den mit dem Projekt befassten Experten der beiden Unternehmen stellt Sanofi etwa 25 Forscher dafür ab, berichtete Evotec-Vorstand Werner Lanthaler bei einer Pressekonferenz. Vereinbart wurden Meilensteinzahlungen von mehr als 200 Millionen Euro, wenn vorab definierte Erfolge erzielt werden. Sollte es gelingen, eine Therapie zu entwickeln, erhalten Apeiron und Evotec überdies einen Anteil an den jährlichen Umsatzerlösen. Wie Lanthaler dem Chemiereport mitteilte, liegt dieser zwischen drei und zehn Prozent, der genaue Wert ist vertraulich. Lanthaler zufolge ist die Umsatzbeteiligung „der große kommerzielle Erfolg“. Bei derartigen Projekten liege der Umsatz im Milliardenbereich. Ein Anteil von wenigen Prozenten mache da erhebliche Summen aus.

 

Apeiron-Gründer Josef Penninger erläuterte, es gehe darum, dem Immunsystem zu ermöglichen, Tumorzellen zu erkennen und damit bekämpfen zu können. Das erfolgt mittels der „Checkpoint-Blockade“. Als „Checkpoints“ werden Mechanismen bezeichnet, die das Immunsystem daran hindern, körpereigene Zellen anzugreifen. Bei Krebsimmuntherapien werden die „Checkpoints“ zeitweilig deaktiviert, damit das Immunsystem die – ja körpereigenen – Tumorzellen ausschalten kann. Penniger zufolge ist dieser Ansatz „ein völliger Game-Changer“ in der Krebsbehandlung. Alle großen Pharmaunternehmen befassen sich derzeit mit solchen Technologien. Wie Penniger auf Frage des Chemiereport erläuterte, soll im Rahmen der Kooperation mit Sanofi innerhalb der kommenden zwei Jahre erforscht werden, welches Molekül sich für welche Therapie grundsätzlich am besten eignen würde: „Wenn es optimal läuft, finden wir vielleicht ein Molekül, das sich für klinische Tests eignet“. Dabei spielt nicht zuletzt auch das Erforschen der Nebenwirkungen eine wichtige Rolle, fügte Penninger hinzu. Bei Krebsimmuntherapien würden, grob gesprochen, die „Bremsen“ des Immunsystems zeitweilig deaktiviert. Dabei könnten unerwünschte Effekte nicht ausgeschlossen werden.

 

Basis APN411

Die Basis für die nun erfolgenden Forschungen legte Apeiron mit dem Programm APN411, an dem seit drei Jahren auch die Evotec beteiligt war. Laut Apeiron-Vorstandschef Hans Loibner wurden dabei rund 100.000 Substanzen auf ihre mögliche Wirksamkeit überprüft. Nun gehe es darum, die Wirkmechanismen im Detail zu untersuchen. Nach zwei Jahren werde Sanofi entscheiden, „ob ausgehend von den dann vorliegenden Ergebnissen, die Entwicklung von Therapien weiterverfolgt wird oder nicht.“ Schlage das Vorhaben fehl, sei dies zwar unerfreulich, aber keineswegs existenzgefährdend, teilte Loibner dem Chemiereport mit: „Wir haben dann viel gelernt und können mit anderen Projekten weitermachen“. Er plant, in den kommenden zwei Jahren etwa fünf bis sechs Personen für die Kooperation mit Evotech und Sanofi einzustellen.

 

Laut Lanthaler waren bei Apeiron und Evotec bisher insgesamt etwa 20 Personen mit dem Programm APN411 beschäftigt. Die jährlichen Kosten pro Mitarbeiter lagen ihm zufolge bei etwa 100.000 bis 250.000 Euro. Somit investierten die beiden Unternehmen insgesamt zwischen sieben und 17,5 Millionen Euro. Den genauen Wert wollte Lanthaler auf Anfrage des Chemiereport nicht nennen.

 

 

 

 

August 7th

Britische Wettbewerbsbehörde ermittelt gegen Pfizer und Flynn Pharma

Die britische Competition and Markets Authority (CMA) hat eine Untersuchung gegen die Pharmaunternehmen Pfizer und Flynn Pharma eingeleitet. Sie werden beschuldigt, seit September 2012 in Großbritannien ein Arzneimittel gegen Epilepsie zu „überhöhten und unfairen Preisen“ verkauft und damit britisches sowie EU-Recht verletzt zu haben. Dadurch sei das staatliche Gesundheitssystem Großbritanniens geschädigt worden. Das Medikament dient der Vorbeugung gegen Schlaganfälle sowie dazu, die Auswirkungen von Schlaganfällen zu kontrollieren. Nach Angaben der CMA wird es in Großbritannien von etwa 50.000 Personen benötigt.

 

Laut CMA ist der Sachverhalt folgender: Vor September 2012 produzierte und verkaufte Pfizer das Medikament unter der Bezeichnung Epanutin. Zu dieser Zeit wurden die Vermarktungsrechte an die Flynn Pharma verkauft. Diese erzeugte ein Generikum und begann im September 2012 mit dessen Vermarktung. Gleichzeitig produzierte Pfizer Epanutin weiter und verkaufte es zwecks Weitervermarktung an Flynn Pharma – zu Preisen, die um acht bis 17 Prozent über dem ursprünglichen Verkaufspreis lagen. Flynn Pharma wiederum verkaufte das Mittel um 25 bis 27 Prozent über dem ursprünglichen Verkaufspreis von Pfizer. Dadurch stieg der Aufwand für das Arzneimittel und das Generikum im Rahmen des staatlichen britischen Gesundheitssystems von rund 2,3 Millionen Pfund (3,3 Millionen Euro) im Jahr 2012 auf über 50 Millionen Pfund (71 Millionen Euro) im Jahr 2013 und über 40 Millionen Pfund (56,8 Millionen Euro) im Jahr 2014.

 

Ann Pope, Senior Director of Antitrust Enforcement der CMA, verlautete in der Aussendung, Unternehmen mit einer dominierenden Marktposition hätten eine „spezielle Verantwortung“ dafür, sicherzustellen, dass die von ihnen verlangten Preise nicht überhöht und unfair seien. Die CMA sei deshalb über das Verhalten der beiden Pharmaunternehmen und dessen Auswirkungen auf das britische Gesundheitssystem besorgt. Es werde nun weitere Untersuchungen geben, um festzustellen, ob tatsächlich britisches bzw. europäisches Recht gebrochen wurde.

 

Laut einer Meldung des britischen Nachrichtensenders BBC hat Pfizer der CMA „volle Kooperation“ zugesagt. Eine Bestätigung des Unternehmens gibt es bisher nicht. 

August 5th

Boehringer Ingelheim: Umsatz wächst um zwei Prozent

Der Umsatz des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim belief sich im ersten Halbjahr 2015 auf rund 7,4 Milliarden Euro. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2014 (6,5 Milliarden Euro) sei dies ein Plus von rund zwei Prozent, teilte Boehringer Ingelheim in einer Aussendung mit. Den mit rund 5,3 Milliarden Euro größten Teil des Umsatzes erwirtschaftete das Unternehmen weiterhin mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. „Währungsbereinigt“ sei das Geschäft in diesem Bereich „stabil“ geblieben. In Euro gerechnet ergebe sich ein Plus von rund zwölf Prozent, was allerdings nicht zuletzt der „relativen Schwäche“ der gemeinsamen europäischen Währung geschuldet sei.

 

Sehr gut“ entwickelten sich laut der Aussendung die Bereiche Selbstmedikation und Tiergesundheit. Letzterer wuchs währungsbereinigt um elf Prozent auf 662 Millionen Euro. Bei Biopharmazeutika, die Boehringer Ingelheim ausschließlich an Industriekunden verkauft, war mit 214 Millionen Euro ein Plus von 24 Prozent zu verzeichnen.

 

Überdies wurdeb laut der Aussendung im ersten Halbjahr Zulassungen für mehrere Medikamente erzielt, etwa für Synjardi in der EU und für Glyxambir in den USA. Beide Produkte dienen der Behandlung von Diabetes mellitus. In der EU wurde weiters Ofev, ein Mittel gegen idiopathische Lungenfibrose (IPF), zugelassen. Sowohl in den USA als auch in der EU bekam Boehringer Ingelheim auch die Zulassung für Stitolo Respimat gegen COPD. Zur Zulassung in der EU, den USA, Kanada und anderen Ländern eingereicht hat das Pharmaunternehmen Idarucizumab, ein Medikament, das den oralen Gerinnungshemmer Pradaxa seinerseits hemmt.

 

Andreas Barner, der Vorsitzende der Geschäftsführung, zeigte sich mit der Entwicklung zufrieden: „Wir haben mit unseren Markteinführungen der vergangenen Monate die Erneuerung unseres Portfolios weiter vorangetrieben und damit Wachstumspotenziale nicht nur geschaffen, sondern auch genutzt.“ Um mit dem „sich verändernden Umfeld“, vor allem in den USA und Japan, besser zurande zu kommen, soll die Effizienz des Unternehmens weiter gesteigert werden. Für das Gesamtjahr erwartet Boehringer Ingelheim ein „moderates Umsatzwachstum im unteren einstelligen Prozentbereich“, verlautete Hubertus von Baumbach, der die Finanzen des Unternehmens managt.

 

 

 

August 4th

AMAG: Absatz sinkt, EBIDTA steigt

Der Absatz des Ranshofener Aluminiumkonzerns AMAG belief sich im ersten Halbjahr 2015 auf rund 192.500 Tonnen, um zwei Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2014. Das Ergebnis nach Ertragssteuern sank um 15 Prozent auf 22,7 Millionen Euro. Letzteres habe allerdings nichts mit dem operativen Geschäft zu tun, betonten AMA-Vorstandsvorsitzender Helmut Wieser und Finanzvorstand Gernot Mayer heute bei der Bilanzpressekonferenz in Wien. Mayer erläuterte, im ersten Halbjahr 2014 sei vor allem ein einmaliger „positiver Steuereffekt“ zum Trage gekommen: „Den hatten wir heuer nicht mehr.“ Laut Geschäftsbericht 2014 begründete sich dies durch Verlustvorträge für den Standort Ranshofen, die für das Gesamtjahr zu einem Steuerertrag von rund 3,2 Millionen Euro führten.

 

Wie Wieser und Mayer betonten, erhöhte die AMAG im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ihre Umsatzerlöse um 16 Prozent auf 471,5 Millionen Euro. Das EBITDA wuchs um 30 Prozent auf 70,6 Millionen Euro. Preiseffekte im ersten Quartal trugen zum EBITDA mit 2,5 Millionen Euro bei, die Umschichtung der Verkaufsmengen auf höherwertige Produkte brachte 27,2 Millionen ein. Dazu kamen Währungseffekte vor allem durch den im Vergleich zum US-Dollar gesunkenen Euro-Kurs, die Exporte, primär in die USA, erleichterten und insgesamt mit 10,1 Millionen Euro positiv zu Buche schlugen. Negativ wirkten sich dagegen die um 16,7 Millionen Euro höheren Rohstoff- und Energiekosten, der um 3,9 Millionen Euro gestiegene Personalaufwand sowie nicht näher erläuterte Effekte in der Höhe von 2,9 Millionen Euro aus. Insgesamt sei das erste Halbjahr 2015 sehr gut gelaufen, betonten die beiden AMAG-Vorstände.

 

Die höheren Personalkosten stehen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Standorts Ranshofen, wo bis Mitte 2017 um rund 300 Millionen Euro ein neues Kaltwalzwerk sowie dazu gehörende Veredelungsanlagen errichtet werden. Damit baut die AMAG ihre Kapazität im Bereich Walzen auf mehr als 300.000 Tonnen pro Jahr aus. Wieser betonte, dass die Nachfrage derzeit die Produktionsmöglichkeiten seines Unternehmens übersteige: „Alle, von der Auto- über die Flugzeug- bis zur Verpackungsindustrie, möchten mehr Walzprodukte von uns haben. Dieses Problem lösen wir jetzt.“

 

Klima hilft

Als hilfreich fürs Geschäft erweist sich ihm zufolge nicht zuletzt die internationale Klimapolitik. Sowohl in den USA als auch in Europa treten in den nächsten Jahren neue Grenzwerte für den PKW-Flottenausstoß an CO2 in Kraft. Auch hat die EU angekündigt, ihre CO2-Emissionen bis 2030 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 senken zu wollen. Am 3. Juli präsentierte US-Präsident Barack Obama seinen „Clean Power Plan“ (CPP), der bis 2030 eine Reduktion der US-amerikanischen CO2-Emissionen um 32 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005 vorsieht.
Wieser zufolge zwingt dies die Automobilindustrie, verstärkt Aluminium statt Stahl einzusetzen. Ein Mercedes der C-Klasse enthalte heute bereits etwa 50 Prozent Aluminium, vor zehn Jahren seien es noch acht Prozent gewesen. Wie Wieser dem Chemereport erläuterte, steht Aluminium bei den Leichtbaustoffen „natürlich“ in Konkurrenz zu Kohlefaserstoffen. Allerdings sei Aluminium zu rund 80 Prozent rezyklierbar, Kohlefaserstoffe kämen dagegen auf maximal 16 Prozent. Überdies spiele auch das Kostenargument eine nicht unwesentliche Rolle. Und die Entwicklung gehe weiter. Auch zweidimensionale Werkstoffe seien „selbstverständlich“ ein wichtiges Thema.

 

Überdies setzt auch die AMAG auf das Thema „Industrie 4.0“, fügte Wieser gegenüber dem Chemiereport hinzu. Mit diesbezüglichen Automatisierungstechnologien – Stichwort „intelligente Fabrik“ - lasse sich die Produktivität um das Zehnfache steigern. Vom Chemiereport auf die im Herbst anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen angesprochen, sagte Wieser, die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit werde dabei ganz sicher auf der Tagesordnung stehen. Diese sei notwendig, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Nichts abgewinnen kann Wieser dagegen der Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche: „Am Strand liegend kann man kein Geld verdienen.“

 

Für das Gesamtjahr 2015 rechnen Wieser und Mayer mit einem EBITDA in der Höhe von 130 bis 140 Millionen Euro. Gegenüber 2014 (114,7 Millionen Euro) wäre das ein Plus von etwa 13,3 bis 22 Prozent. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die seit März von 2.194 US-Dollar pro Tonne auf 1.879 US-Dollar gesunkenen Alu-Preise nicht weiterhin stark fallen. Welches Preisniveau zu einer Korrektur der Ergebnisprognose führen würde, wollten die beiden Manager nicht sagen.

 

 

 

July 30th

„Wahrscheinlich krebserregend“

Das weltweit am meisten verbreitete Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist wahrscheinlich krebserregend. Zu diesem Ergebnis kommt eine 92 Seiten umfassende Monographie der Internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer, IARC), die am 29. Juli präsentiert wurde. Die IARC fasst darin die Ergebnisse von mehr als 200 Untersuchungen aus aller Welt zusammen. In Auftrag gegeben wurde die Monographie seitens der Weltgesundheitsorganisation WHO. Wie die IARC ausführt, werden jährlich global rund 700.000 Tonnen Glyphosat erzeugt und über mehr als 750 Produkte vermarktet. Das Pflanzenschutzmittel, dessen Wirkung im Jahr 1970 entdeckt wurde, lässt sich mittlerweile im Boden, in der Luft, im Oberflächen- und Grundwasser sowie in Lebensmitteln nachweisen. In den von der IARC berücksichtigten Studien wurde unter anderem untersucht, ob der Wirkstoff bestimmte Arten von Lymphknotenkrebs (Hodgkin-Lymphom und Non-Hodgkin-Lymphom), Knochenkrebs, Gehirntumore sowie Prostatakrebs auslösen kann. Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für das Non-Hodgkin-Lymphom erbrachten laut IARC Studien in Schweden, Kanada und den USA. Nur schwache Evidenz besteht bisher hinsichtlich Knochenkrebs. Für alle anderen Krebsarten wurden keine Hinweise auf einen Zusammenhang ihres Auftretens mit einer Glyphosat-Exposition ermittelt. Starke Hinweise sieht die IARC in den von ihr überprüften Studien auf eine erbgutschädigende Wirkung von Glyphosat. Hinsichtlich des Abbauprodukts AMPA vermerkt die Agentur, es gebe nur wenige Studien zur Frage, ob dieses erbgutschädigend ist. Allerdings deuteten diese sämtlich auf diese Gefahr hin.

Brisanz hat die Monographie deshalb, weil Ende des Jahres die Zulassung von Glyphosat und damit der glyphosathältigen Pflanzenschutzmittel in der Europäischen Union ausläuft. Die EU-Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA hat angekündigt, die Monographie der IARC in ihrem Verfahren zur Verlängerung der Zulassung zu berücksichtigen. Überraschend kam die Stellungnahme der IARC übrigens kaum. Bereits im März hatte sie mehrere glyphosathältige Pflanzenschutzmittel als „möglicherweise“ bzw. „wahrscheinlich“ krebserregend bezeichnet.

 

Konter der Industrie

Die Pflanzenschutzmittelindustrie reagierte zumindest offiziell gelassen. In einer Aussendung der Glyphosate Task Force (GTF), der unter anderem Monsanto Europe, Syngenta und Dow AgroSciences angehören, hieß es, in den vergangenen 40 Jahren hätten Untersuchungen in aller Welt gezeigt, dass der Einsatz von Glyphosat „kein inakzeptables Risiko für Menschen, Tiere oder die Umwelt darstellt.“ Auch heiße es im Review Assessment Report (RAR) im Rahmen des Wiederzulassungsverfahrens in der EU, die darin berücksichtigten Studien hätten keinen Hinweis auf die Karzinogenität von Glyphosat erbracht. Dies werde auch in der Monographie der IARC nicht in Frage gestellt. Auch habe deren Aufgabe ausschließlich darin bestanden, die grundsätzlichen Risiken zu ermitteln, die von Glyphosat ausgehen könnten. Dies sage jedoch nichts über die tatsächlichen Gefahren im tagtäglichen Einsatz des Stoffes sowie der darauf basierenden Pflanzenschutzmittel aus. Um diese festzustellen, seien Risikobewertungen erforderlich, die seitens der zuständigen Behörden im Rahmen der Zulassungsverfahren erfolgten. Überdies habe die IARC nur einen „Bruchteil“ der verfügbaren Daten berücksichtigt.

Ähnlich argumentierte die CropLife International, die sich als weltweiter Vertreter der Pflanzenforschungsindustrie versteht. Zu ihren Mitgliedern gehören neben Monsanto, Syngenta und Dow AgroSciences unter anderem DuPont, die US-amerikanische Food Machinery and Chemical Corporation (FMC) sowie Sumitomo Chemical. CropLife-International-Präsident Howard Minigh verlautete, die IARC habe nach ihren eigenen Aussagen lediglich die potenziellen Risiken, aber nicht die konkreten Gefahren durch den Einsatz von Glyphosat untersucht. Letzteres sei die Aufgabe der Zulassungsbehörden. Diese führten ihre Risikobewertungen unter Praxisbedingungen („real world conditions“) durch. Signifikante neue Informationen enthalte die Monographie der IARC nicht. Dennoch habe CropLife International die Generaldirektorin der WHO, Margaret Chan, sowie IARC-Direktor Chris Wild um ein Treffen ersucht. Die Pflanzenforschungs- und Pflanzenschutzmittelindustrie bemühe sich um das Vertrauen ihrer Kunden und der Öffentlichkeit insgesamt, betonte Minigh: „Wir möchten nicht, dass dieser Prozess unterminiert wird.“

 

 

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