Die Architektur des bakteriellen Gifttransports
Forscher der am Vienna Biocenter angesiedelten Institute IMBA und IMP haben erstmals die Struktur eines Transportsystems beschrieben, mit dessen Hilfe Tuberkulose-Bakterien Gifte an Wirtszellen abgeben.
Die Forschungsgruppe von Thomas Marlovits, der sowohl am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) als auch am IMP (Institut für Molekulare Pathologie) in Wien forscht, interessiert sich für jene molekularen Maschine in der Zellmembran von Bakterien, über die Giftstoffe in die Zellen eines befallenen Organismus transportiert werden. Nun ist man für einen bestimmten Typus einer solchen Maschine einen großen Schritt weitergekommen: Mithilfe eines Kryo-Elektronenmikroskops konnte erstmals molekulare Struktur eines sogenannten Typ-7 Sekretionssystems (T7SS) rekonstruiere. Ein solches besteht aus vier Proteinmolekülen, die sich in der äußeren Zellmembran von Mykobakterien (zu ihnen gehört auch der bekannte Tuberkulose-Erreger) zu einem Komplex zusammenlagern.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass T7SS eine bisher unbekannte molekulare Architektur zeigt, die vermutlich einem bislang nicht beschriebenen Transportmechanismus zugrundeliegt: Einem geordneten Kernbereich, in dessen Mitte Marlovits einen Kanal zum Transport der Toxine vermutet, stehen flexible Molekülarme gegenüber, die ins Plasma der Zellen ragen und wohl dazu dienen, nach den zu transportierenden Molekülen greifen.
Neue Strategie gegen Antibiotika-resistente Keime?
Fernziel ist, den Transportmechanismus durch neuartige Wirkstoffe zu blockieren und so eine neue Option gegen Tuberkulose-Erreger zu eröffnen, die Resistenzen gegen die bekannten Antibiotika-Klassen zeigen. Weiterführende Forschungen sollen nun am Center for Structural Systems Biology (CSSB) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg-Bahrenfeld stattfinden, an dem Marlovits eine Professur für Struktur- und Systembiologie bakterieller Infektionserreger innehat.