Archive - Mai 2, 2017

Kreislaufwirtschaft pro und kontra

Um neue Methoden, Rohstoffe als Werkstoffe für die Industrie bereitzustellen, ging es bei einer Veranstaltung des Technologieministeriums in Wien.

 

Hinsichtlich ihrer Rohstoffversorgung für die Industrie ist die Europäische Union nicht eben gut aufgestellt, warnte Alfred Maier, der Beauftragte für internationale Angelegenheiten der Montanuniversität Leoben, beim Stakeholder-Dialog „Vom Rohstoff zum Werkstoff“ des Technologieministeriums (BMVIT) am 2. Mai in Wien. Wie Maier erläuterte, verfügt die EU bei immerhin 18 der weltweit gehandelten 63 mineralischen Rohmaterialien über keine Eigenproduktion. Hinzu kommt, dass bei 50 der Substanzen über 50 Prozent der Förderung in nur drei Ländern konzentriert sind. Bei 28 Rohstoffen ist die Volksrepublik China der wichtigste Produzent. Und der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wächst rasant: In den Jahren 2000 bis 2016 legte er um 52,9 Prozent auf 17,3 Milliarden Tonnen zu.

 

Fraglich ist laut Maier angesichts dessen, ob die von der EU-Kommission propagierte Kreislaufwirtschaft dieses Problem lösen kann. Er verwies auf das Beispiel Gold: Im Jahr 2015 wurden weltweit rund 3.000 Tonnen des Edelmetalls erzeugt. Dabei fiel allerdings rund eine Milliarde Tonnen nicht goldhältigen Gesteins an. Auch die Bereitstellung vieler anderer mineralischer Rohstoffe ist laut Maier mit „riesigen Abfallmengen“ verbunden. Und weil die derzeitige Wirtschaftsweise auf Wachstum basiert, werden die Mengen an notwendigen Rohstoffen samt den bei ihrer Förderung anfallenden Abfällen immer größer. „Die Kreislaufwirtschaft ist also zumindest teilweise ein Trugbild - wenngleich sie in mancher Hinsicht ein Bild ist, dem man durchaus folgen kann“, konstatierte Maier. Seiner Ansicht nach wird es notwendig sein, von den Funktionalitäten auszugehen, die die Kunden benötigen respektive wünschen. Aus dieser Perspektive lässt sich eruieren, welche Rohstoffe nötig sind, um diese Funktionalitäten darzustellen. Das aber macht es erforderlich, die Stoffe und deren Eigenschaften sowie die daraus resultierenden Anwendungsmöglichkeiten tunlichst zu kennen.

 

Mit all diesen Fragen befasst sich nicht zuletzt das European Institute of Innovation and Technology (EIT) in Budapest. Es rief zu diesem Zweck die EU-weite „Knowledge and Innovation Community“ (KIC) RawMaterials ins Leben, in deren Rahmen die Montanuniversität in Österreich eine wesentliche Rolle spielt. „EIT RawMaterials“ ist laut Maier das weltweit größte Forschungs- und Industrienetzwerk, das sich mit allen Rohstoffen außer Energie- und Nahrungsmittelrohstoffen befasst. Insgesamt arbeiten darin derzeit 109 Partner zusammen. Sie bemühen sich nicht zuletzt, das oft erwähnte „Valley of Death“ zu überbrücken, Maier zufolge die „Kluft zwischen exzellenten Forschungsergebnissen und Marktreife“. In den vergangenen beiden Jahren wurden in Österreich im Rahmen der KIC RawMaterials Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 9,5 Millionen Euro abgewickelt.

 

Beim Design ansetzen

 

Nach Ansicht Veronika Reinbergs von der Alchemia-Nova Gmbh ist das Kreislaufwirtschaftskonzept grundsätzlich durchaus sinnvoll. Ihr zufolge empfiehlt sich, beim Produktdesign anzusetzen und davon ausgehend eine Gesamtsicht zu entwickeln: „Man muss beim Design mitdenken, was nach der Anwendung des Produkts passiert, ob und wie es sich wiederverwenden bzw. recyceln lässt. Dabei geht es nicht zuletzt auch um Fragen des modularen Aufbaus und der Reparierbarkeit.“

 

Ihr eigenes Unternehmen befasst sich unter anderem mit der sogenannten „Green Recovery of Metals“. Gemeint ist damit, dass Pflanzen eingesetzt werden sollen, um industriell wichtige Metalle wie Mangan, Kobalt und Gallium aus Müllverbrennungsasche wiederzugewinnen. Das Zauberwort dabei heißt „Bioleaching“ und beschreibt einen mikrobiellen Prozess. Dabei werden Metalle durch Bildung von Säuren in Lösung gebracht. Aus dieser Lösung entnehmen die Mikroben auf den Wurzeln von Pflanzen die Metalle, reichern sie an und ermöglichen so ihre Wiedergewinnung. Einer der Vorteile der Methode ist: Bestimmte Metalle binden sich an spezifische Peptide auf der Zellwand der Mikroben. So ist es möglich, die gewünschten Stoffe gezielt wiederzugewinnen. In Österreich wird auch daran gearbeitet, landwirtschaftliche Abfälle als Sorbentien zu verwenden, an denen sich über Mikroorganismen die Metalle aus den Lösungen ablagern. Reinberg zufolge stünden dafür pro Jahr rund 500.000 Tonnen Zuckerrübenschnitzel, 400.000 Tonnen Rinde und 180.000 Tonnen Maisspindeln sowie kleinere Mengen anderer Materialien, etwa Eierschalen, zur Verfügung.