Z ahlreiche industrielle Anlagenteile sind auf eine zuver- lässige Schmierung angewiesen: Pumpen, Kompressoren, Hydraulikanlagen, stationäre Großmotoren, Turbinen. Im Zuge seiner Anwendung nützt sich ein Schmierstoff oder Schmierfett aber ab und altert. „Das hat verschiedene Ursachen: Wirkstoffe verbrauchen sich, Alterungsprodukte werden gebil- det, Wasser dringt ein, es kommt zu Kontaminationen“, erläutert Nicole Dörr, Area Manager bei der AC2T research GmbH (AC²T). Üblicherweise werden deshalb in bestimmten Abständen Pro- ben genommen und an Speziallabors verschickt, um festzustel- len, ob der Schmierstoff noch eingesetzt werden kann oder ein „Ölwechsel“ erforderlich ist. Es gibt daher Bestrebungen, Sensoren zu entwickeln, die das Labor gleichsam in die Maschine hineinverlegen, um eine konti- nuierliche Überwachung des Schmierstoffzustands zu erreichen – der Experte spricht von „Online Condition Monitoring“. Dabei ist es unerlässlich zunächst zu klären, wie sich die Zusammen- setzung eines Schmierstoffs in einer bestimmten Anwendung ändert und mit welchen Messparametern sich der Schmierstoff- zustand verfolgen lässt. Häufig ist zum Beispiel fortschreitende Säurebildung für den Funktionsverlust verantwortlich. Das Pro- blem dabei: Das erforderliche Wissen zu Schmierstoffen und die spezifischen Anwendungsbedingungen sind den meisten Anbie- tern derartiger Sensoren nicht ausreichend verfügbar. „Es gibt zwar heute schon Online-Sensoren für das Schmierstoff-Monito- ring, aber die Korrelation mit dem chemischen Zustand ist meist schwierig“, analysiert Dörr. Vom Sensormesswert auf den Zustand schließen AC²T hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Lücke zu schlie- ßen. Hier sind beide Schlüsselkompetenzen unter einem Dach: Um ein anwendungsspezifisches „Online Condition Monitoring“ zu entwickeln, arbeiten Sensortechniker eng mit Schmierstoff- chemikern zusammen. „Wenn die physikalischen und chemi- schen Kriterien festgelegt sind, nach denen der Zustand eines Schmierstoffes bewertet werden kann, ist es einem Mechatro- niker möglich, dafür ein geeignetes Sensorsystem aufzubauen“, erklärt Dörr. Die Wiener Neustädter Experten nutzen dabei ver- schiedene Sensorprinzipien: Leitfähigkeit, Permittivität und Wassergehalt sind gängige Parameter. Aus optischen Signalen kann auf den Verschmutzungsgrad geschlossen werden. Die genannten physikalischen Sensorprinzipien liefern aber Sum- menparameter zum Schmierstoffzustand und sind daher unter Umständen nicht aussagekräftig. Die eigentliche Herausforde- rung ist, mittels Sensorsignalen auf den chemischen Zustand des Schmierstoffs zu schließen. An derartigen Konzepten wird bei AC²T gearbeitet. So wurde beispielsweise ein einzigartiges Sensorprinzip entwickelt, das die Korrosivität des Schmierstoffs zugänglich macht. Vor kurzem schloss man das EU-Projekt „Con- dimon“ ab, in dem ein Sensorsystem für das Online Condition Monitoring in stationären Großmotoren in die Nähe der Mark- treife gebracht wurde. Für die Evaluierung eines neuen Sensortyps sind reprodu- zierbare Bedingungen erforderlich – ein Umstand, den man bei realen Industrieanlagen selten findet. Um die Funktionsfä- higkeit eines Sensor-Prototyps zu testen, verfügt AC²T über ein Versuchslabor zur Simulation der Schmierstoffalterung. Die Besonderheit der Versuchsanlagen liegt darin, dass die Stresspa- rameter für die Schmierstoffe weitgehend so gewählt werden können, wie sie in der Anwendung auftreten. Die Schmierstoffal- terung läuft dabei beschleunigt ab, sodass Schmierstoff-Wechsel- intervalle von Monaten bis Jahren auf wenige Tage bis Wochen gerafft werden können. Die entwickelten Sensoren werden in solche Versuchsanlagen integriert und auf diese Weise reprodu- zierbar getestet und können so rasch optimiert werden. „Die Anwender wünschen sich ein Plug & Play-System, das auf einen Blick und praktisch zu jedem Zeitpunkt sagt, welchen Zustand der Schmierstoff hat“, fasst Dörr zusammen. Vielfach haben dazu bisher die Auswertemöglichkeiten gefehlt: „Schmier- stoffe sind ein komplexes Maschinenelement. Im Sinne der Prozesssicherheit sehen wir unseren Beitrag in der sinnvollen Verknüpfung der Hardware ‚Sensor‘ und der Software ‚Algorith- mus‘, um die Industrie bestmöglich zu unterstützen“, so Dörr. Im Labor von Nicole Dörr am AC²T werden Schmierstoff- und Sensor-Kompetenz zusammengeführt. Technopol Wiener Neustadt Condition Monitoring für Schmierstoffe Am Österreichischen Kompetenzzentrum für Tribologie AC²T werden Sensorsysteme entwickelt, die eine kontinuierliche Überwachung des Zustands von Schmierstoffen gewährleisten können. 42 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.6 LIFE SCIENCES Entgeltliche Einschaltung, Bild: AC²T/Julius Silber