Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Chemiereport_2016-4

Bild: AIT 43 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.6 MEDIENKOOPERATION www.ait.ac.at D ie diagnostische Verwendung von Blut ist heute Teil der klinischen Routine. „Wir gehen davon aus, dass das auch weiterhin so bleiben wird”, sagt Martin Weber, der am „Health & Environment”-Department des AIT das Geschäftsfeld „Molecular Diagnostics“ leitet. Dennoch beschäftigt sich sein Team intensiv mit der diagnostischen Nutzung von Speichel (medizinisch „Saliva“) – einer Körperflüssigkeit, die immer und überall leicht und nicht-invasiv zur Verfügung steht. „Speichel ist besonders für sogenannte ‚Point-of-Care-Anwendungen‘ ge- eignet, bei denen direkt am Ort des Geschehens gemessen und schnell ein Ergebnis benötigt wird“, erklärt Weber. Beispiele dafür sind das Monitoring der Medikamenten-Compliance in Krankenhäusern, der Schnelltest auf Infektionen beim Haus- arzt oder die Selbstüberprüfung des Blutzuckerspiegels durch einen Diabetiker. In all diesen Fällen müsste bei Verwendung von Speichel kein Blut abgenommen werden. Ähnliches gilt für die Bestimmung eines Impftiters durch den Schularzt oder das Selbstmessen von Biomarkern nach einer Therapie zu Hause durch den Patienten. Abseits von der Humanmedizin hat sich für die Forscher am AIT die Untersuchung von Nutztieren als Anwendungsgebiet für die Saliva-Diagnostik aufgetan. Weist man Biomarker für wich- tige Stoffwechselerkrankungen im Speichel nach, könnte der Landwirt (der nicht nur zur Abnahme von Blut befugt ist) eine solche Untersuchung selbst durchführen. Aber auch der Trend zum Selbstmonitoring im Sport- und Lifestyle-Bereich dürfte der Entwicklung der Speicheldiagnostik weiter Vorschub leisten. „Molekulare Tests, wie sie heute schon im Spitzensport üblich sind, könnten dann auch auf den Breitensport übertragen wer- den“, meint Weber. Integration verschiedener Kompetenzen Um sich derartigen Aufgaben mit diagnostischen Schnelltests zu nähern, hat man in dem von Weber geleiteten Geschäftsfeld mehrere Kompetenzen vereinigt. Ausgangspunkt ist dabei meist die Auswahl geeigneter Biomarker, die auf einen bestimmten physiologischen Zustand schließen lassen. In der Speicheldiag- nostik kommen dabei sowohl frei zirkulierende Nukleinsäuren als auch Antikörper, aber auch epigenetische Faktoren wie der Methylierungsstatus der gefundenen DNA infrage. Eng mit der Biomarker-Entwicklung hängt auch die Arbeit der Bioinforma- tik-Gruppe zusammen. Hier geht es darum, statistisch-mathe- matische Methoden einzusetzen, um diagnostische Aussagen aus genomischen Daten ableiten zu können. Eine eigene Assay- Gruppe entwickelt die gefundenen Zusammenhänge zu Tests weiter, die industriellen Validierungsstandards genügen. Um die gefundenen Biomarker auch in situ messen zu kön- nen, sind geeignete Biosensoren erforderlich. Die AIT-Experten haben in den vergangenen Jahren einen Werkzeugkasten aufge- baut, der elektrochemische, magnetische und optische Messprin- zipien umfasst. Je nach Anforderungsprofil kann daraus das geeignete Messsystem ausgewählt werden. Und schließlich müs- sen alle Komponenten zu einem Point-of-care-Gerät zusammen- gebaut werden. Auch diese Kompetenz ist am AIT vorhanden. Zwei Beispiele Aus diesen Modulen kann das AIT auswählen, was in der jeweiligen Kooperation mit Partnern aus Klinik und Indus- trie benötigt wird. Beispielgebend mögen dafür zwei aktu- elle Projekte stehen, die bisher ungedeckten medizinischen Bedarf adressieren. In „Diagoras“, einem EU-geförderten Pro- jekt mit Teilnehmern aus neun Ländern, wird Speichel für die Point-of-Care-Diagnostik von Infektionen im Mund- und Atem- wegsbereich herangezogen. Die Differenzierung zwischen vira- len und bakteriellen Krankheitserregern innerhalb einer Stunde soll helfen, den unnötigen Gebrauch von Antibiotika einzudäm- men, der bereits zu weitreichenden Resistenzen bei Krankheits- erregern geführt hat. Im Projekt „Epi Typ II“ soll ein epigenetischer Biomarker identifiziert werden, der die frühe Erkennung von Diabetes Typ 2 erlaubt – einer immer häufiger werdenden Erkrankung, die oft erst erkannt wird, wenn bereits Schädigungen von Nieren und Blutgefäßen eingetreten sind. „In dieses Projekt können wir vor allem unsere Erfahrung mit epigenetischen Markern sowie mit High-Throughput-Systemen zur Biomarker-Entdeckung einbrin- gen“, so Weber. Für die diagnostische Nutzung von Speichel müssen Biomarker-, Assay-, Bioinformatik, Sensor- und Integrationskompetenz zusam- mengeführt werden. Schwerpunkt Speichel-Diagnostik am AIT Schnell, sicher, nicht-invasiv Die molekulare Diagnostik am Austrian Institute of Technology (AIT) hat sich auf die diagnostische Verwendung von Speichel fokussiert. Dazu ist die Integration zahlreicher Kompetenzen erforderlich.

Seitenübersicht