Archive - Sep 27, 2006

Grundstein für neue HPPO-Anlage in Antwerpen

<a href=http://www.basf.com>BASF</a> und <a href=http://www.dow.com>Dow</a> haben den Grundstein für die Produktion von Propylenoxid (PO) auf Basis von Wasserstoffperoxid (HP) in der weltweit ersten HPPO-Anlage in Antwerpen gelegt. Die Anlage arbeitet nach einer von BASF und Dow gemeinsam entwickelten Technologie. <% image name="Steamcracker_Antwerpen" %><p> Die innovative Technologie hat viele Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Herstellungsverfahren für Propylenoxid. Sie ist wirtschaftlicher, umweltverträglicher und bietet mehr Flexibilität bei der Wahl weiterer Produktionsstandorte. Die HPPO-Anlage wird ihr Wasserstoffperoxid aus einer weiteren Neu-Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft beziehen. Diese Anlage wird eine Kapazität von 230.000 Jahrestonnen haben und gemeinsam von <a href=http://www.solvay.com>Solvay</a>, BASF und Dow gebaut werden. Die HPPO-Anlage, die BASF und Dow bauen, hat eine Kapazität von 300.000 Jahrestonnen und soll Anfang 2008 in Betrieb gehen. Dow und BASF erwägen den Bau weiterer HPPO-Anlagen in Asien. BASF will die HPPO-Technologie zudem ab 2009 an ihrem US-Standort Geismar einsetzen. Im Vergleich zu herkömmlichen Herstellungsverfahren erfordert der Bau von HPPO-Anlagen um bis zu 25 % weniger Kapital. Zudem brauchen HPPO-Anlagen keine zusätzliche Infrastruktur oder Märkte für Nebenprodukte, da bei dem Prozess ausschließlich PO und Wasser anfallen und weil sie nur 2 Einsatzstoffe brauchen: Wasserstoffperoxid und Propylen. Zudem wird die Abwassermenge um 70 bis 80 % und der Energieverbrauch um bis zu 35 % im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren verringert. <a href=http://chemiereport.at/chemiereport/stories/2419>Dow und BASF</a> haben gleiche Rechte an der HPPO-Technologie und nutzen jeweils die Hälfte der Kapazität an der Anlage in Antwerpen. Das Joint-venture von Solvay und BASF wird die Wasserstoffperoxid-Anlage mit einer Kapazität von 230.000 Jahrestonnen in Antwerpen bauen. Diese HP-Anlage wird nach dem hoch entwickelten HP-Verfahren von Solvay arbeiten und 2008 in Betrieb gehen. Sie wird die weltweit größte Einstrang-HP-Anlage sein. <small> <b>Propylenoxid</b> wird zur Herstellung von Polyurethanen, Propylenglykol, chemischen Zwischenprodukten, Flammschutzmitteln, synthetischen Schmiermitteln, Chemikalien für Ölbohrarbeiten und Tensiden für die Textilindustrie verwendet. </small> Grundstein für neue HPPO-Anlage in Antwerpen

Generika im Vormarsch

Rezeptpflichtige Nachahme-Präparate werden weltweit stark nachgefragt, Hersteller wie Sandoz können auf ausgezeichnete Ergebnisse verweisen. In Österreich beträgt der Anteil am Gesamtmarkt erst 8,6 % – in manchen osteuropäischen Ländern sind es bereits mehr als zwei Drittel. <% image name="Behandlungskosten" %><p> <small>Der durch Generika ausgelöste Preisdruck hat für leicht fallende Durchschnittspreise bei rezeptpflichtigen Medikamente gesorgt : Von 14,50 auf 14,33 Euro im Krankenhaus- und Apothekenmarkt, von 11,50 auf 11,29 im reinen Apothekenmarkt. </small> Steigende Gesundheitskosten sind das eine. Notgedrungen sparende Krankenkassen die andere. Also stehen Generika hoch im Kurs: Sie werden weltweit von Gesundheitsbehörden als gleichwertige Alternativen zu Originalpräparaten anerkannt und stellen daher längst einen soliden Wachstumszweig der Industrie dar. Indem die Generika-Anbieter Nachfolgepräparate von bereits etablierten und langwierig geprüften Ursprungs-Arzneien herstellen, ersparen sich hohe Forschungskosten, die 15 bis 20 % des Arzneimittelpreises ausmachen. Darüber hinaus machen pharmazeutische Technologien und Know-how über die optimale Herstellung von Arzneimitteln während der Laufzeit eines Patentes große Fortschritte, was eine deutlich günstigere Produktion des Nachahme-Präparats ermöglicht. <b>Deutliches Wachstum.</b> Generika-Hersteller haben entgegen dem allgemeinen Trend deutliche Wachstumssprünge verzeichnet. Denn: Die weltweiten Arzneimittelumsätze sind vergangenes Jahr angesichts weniger Neueinführungen und Sparmaßnahmen in manchen Gesundheitssystemen so gering gewachsen wie seit 1998 nicht mehr. Insgesamt nahm der weltweite Pharmaumsatz 2005 um 7 % auf 602 Mrd $ zu. In den 10 wichtigsten Märkten, die zusammen 81 % des weltweiten Pharmamarktes ausmachen, hat das Wachstum 5,7 % betragen – nach 7,2 % im Jahr 2004. Der Generika-Sektor aber hat noch ein weites Betätigungsfeld vor sich: Weltweit werden bis 2015 Medikamente mit einem Umsatz von zusammen rund 160 Mrd $ den Patentschutz verlieren. Und dann dürfen diese Präparate auch als Nachahmerprodukte vertrieben werden. Wichtige Wachstumsgebiete für Generika sind nicht nur Märkte wie die USA, Deutschland und Japan, sondern zunehmend auch Schwellenländer. So hat die WTO Ende 2005 die begrenzt gewährte Möglichkeit, Generika zu importieren, auf eine dauerhafte Basis gestellt. In Europa selbst differiert die Akzeptanz von Generika stark. Während in Polen und Rumänien Generika rund zwei Drittel des Arzneimittel-Umsatzes einspielen, ist der Umsatzanteil etwa in Belgien, Frankreich und Irland nur einstellig. In Österreich stieg der Umsatzanteil der Generika von 7,1 auf 8,6 % im Jahr 2005 – mengenmäßig kletterte der Generika-Anteil von 15,6 auf 18,5 %. Im reinen Apothekenmarkt sind die Anteile sogar etwas höher. <b>Einsparpotenziale.</b> „Der Hauptfaktor für den Anstieg der Generika-Marktanteile liegt nicht nur darin, dass Patente frei werden, die den Markteintritt von Generika erst ermöglichen. Vielmehr werden Ärzte zunehmend angehalten, Generika zu verordnen, um einen Einspareffekt zu erzielen“, sagt Wolfgang Andiel, Obmann vom Österreichischen Generikaverband. „Auch steigt die Akzeptanz bei Patienten, Generika verschrieben zu bekommen.“ Zwar hätten dabei rund ein Drittel der Patienten Sorge, gerade bei ihnen würde besonders gespart werden. Andererseits sind zwei Drittel bereit, Generika zu wählen, wenn sie dann weniger zuzahlen müssen. Noch sind die Marktanteile von Generika weit von denen anderer Länder entfernt. „Österreich hat relativ spät angefangen, Generika-Fördermaßnahmen umzusetzen“, so Andiel. Darüber hinaus würden in Österreich Patente teilweise später ablaufen, was den Markteintritt verzögere. Für die Zukunft erwartet sich Andiel weitere Anstiege, langfristig aber eine Abflachung der Wachstumskurve: „Wichtige Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck und andere Krankheiten sind bereits patentfrei.“ Dafür gebe es bereits Generika, was plötzliche Marktanteilsverschiebungen ausschließe. Nun geht es vor allem um das organische Wachstum – der nächste Sprung an neuen Generika dürfte in einigen Jahren eintreten, wenn insbesondere Patente für einige Onkologie-Präparate auslaufen. <b>Fusionskarussell.</b> Die zunehmende Akzeptanz von Generika verhilft deren Herstellern zu hohen Wachstumsraten und einer immer wichtigeren Marktposition. Analog dazu dreht sich wie im allgemeinen Pharmabereich auch bei den Generika-Herstellern das Fusionskarussell. Anders als bei den forschenden Pharmafirmen sind es aber nicht die steigenden Entwicklungskosten, die das Fusionsfieber anheizen. Bei den Übernahmen wird vielmehr angestrebt, eine breite internationale Aufstellung in Vertrieb und Produktion zu erreichen. Der Fokus der Firmen liegt dabei inzwischen vor allem auf Osteuropa. Die Gesundheitssysteme befinden sich dort teilweise noch im Aufbau und die Produktionskosten sind gering. Das Übernahmegefecht um die kroatische Pliva, das größte Pharmaunternehmen Osteuropas, zeugt davon. 2005 betrafen 3 der 10 größten Fusionen in der Pharmabranche den Generika-Sektor. Allein die Übernahme der US-Firma Ivax durch den israelischen Marktführer Teva sowie die Akquisition der deutschen Hexal und der US-Firma Eon Labs durch den Schweizer Branchenzweiten Novartis hatten ein Gesamtvolumen von fast 16 Mrd $. Nach Einschätzung von Analysten werden im Rahmen des Konsolidierungsprozesses nur mehr fünf bis zehn global aufgestellte Großkonzerne übrig bleiben. <b>Preiskampf.</b> Aber auch Deutschland als weltweit zweitgrößter Generika-Markt ist für Firmen wichtig bei ihren Expansionsbestrebungen. Dort liefern sich Generika-Hersteller aktuell einen Preiskampf. Im Juni hatte es auf Grund von Reformen im Gesundheitswesen eine erste, drastische Preissenkungs-Runde gegeben: Die Krankenkassen erstatten künftig deutlich geringere Höchstbeträge für die meisten Medikamente. Im Juli setzten Anbieter wie Hexal und Sandoz noch einmal nach und reduzierten wiederum die Preise – um bis zu 34 %. Diesmal gab die Regelung den Ausschlag, dass Patienten für besonders günstige Arzneimittel keine Zuzahlung leisten müssen. Generika-Hersteller wie die zu Novartis gehörende Sandoz profitieren aber trotz des Preiskampfes von der steigenden Nachfrage: Weltweit erzielte Sandoz, unter deren Marke alle Generika-Unternehmen der aus den Konzernen Sandoz und Ciba entstandenen Novartis zusammengefasst sind, einen Umsatz von umgerechnet 3,6 Mrd € – mit 20.000 Mitarbeitern. Allein die österreichische Sandoz GmbH – mit Produktionsstätten in Kundl und Schaftenau in Tirol – konnte ihren Umsatz um 9 % auf 1,09 Mrd € steigern. Insgesamt beschäftigt die Gesellschaft 2.600 Mitarbeiter, davon rund 400 in F&E. Sandoz ist heute nicht nur größter Arzneimittelproduzent und -exporteur in Österreich, sondern weltweit auch der zweitgrößte Generika-Hersteller. Im Juni hat Ernst Meijnders den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen. Meijnders ist neben seinem Job als Vorstandsvorsitzender der österreichischen Sandoz GmbH auch für das globale Antibiotika-Geschäft von Sandoz zuständig. „Aufgrund der steigenden Gesundheitskosten werden Generika in allen Märkten eine zunehmend wichtigere Rolle spielen“, so Meijnders. Das treffe sowohl auf etablierte Märkte wie die USA (mit mehr als 50 % Volumenanteil) als auch auf Wachstumsmärkte wie Österreich zu. Dennoch: „Trotz dieser prinzipiell positiven Rahmenbedingungen gibt es von Seiten der Gesundheitsbehörden auch auf Generika einen sehr hohen Preisdruck.“ Dieser werde zusätzlich durch den intensiven Wettbewerb innerhalb der Generika-Industrie verstärkt. <b>Expertise bei Biosimilars.</b> Von der Konkurrenz will sich Meijnders vor allem durch Technologie-Know-how absetzen. „Wir sind in der Lage, auch technologisch anspruchvollste Pharmazeutika in höchster Qualität zu erzeugen. Beispiele dafür sind etwa Fentanyl-Schmerzpflaster oder auch die Entwicklung von Biosimilars, also biotechnologische Nachfolge-Pharmazeutika.“ So hat Sandoz etwa für das menschliche Wachstumshormon die weltweit erste Zulassung von der europäischen und amerikanischen Gesundheitsbehörde erhalten. Das gentechnisch erzeugte Wachstumshormon „Omnitrope“ zur Behandlung von Wachstumsstörungen bei Kindern und Erwachsenen ist die billigere Alternative zu dem seit Jahren bereits zugelassenen „Genotropin“ (Somatotropin/Pfizer). In den nächsten Jahren laufen die Patente einiger weiterer gentechnisch hergestellter Medikamente aus, darunter so bekannte Präparate wie Insulin (gegen Zuckerkrankheit), Interferon (gegen Multiple Sklerose bzw. Hepatitis C) oder das Blutbildungshormon Epoetin. Generika im Vormarsch

Gräsertablette Grazax in Europa zugelassen

Die Behörden in 27 europäischen Ländern haben die Zulassung für ALK-Abellós tablettenförmiges Vakzin gegen Graspollenallergie, Grazax, erteilt. <a href=http://www.alk-abello.at>ALK-Abelló</a> will die neuartige Behandlung rechtzeitig vor der Pollensaison 2007 einführen. Gräsertablette Grazax in Europa zugelassen <% image name="Gras" %><p> Grazax ist die erste Allergietablette, die die Lebensqualität der Patienten durch Behandlung der zugrunde liegenden Ursache von Graspollenallergie verbessert und nicht nur durch Behandlung der Symptome. Studien haben gezeigt, dass Grazax ein gutes Sicherheitsprofil hat und signifikante Wirksamkeit innerhalb der ersten Behandlungssaison bieten kann. In einer globalen Bewertung der Eindrücke von Patienten hinsichtlich der Wirksamkeit der Grazax-Behandlung fühlten sich 82 % der Patienten in der ersten Behandlungssaison besser' oder viel besser'. Mindestens 45 Mio Menschen leiden in Europa unter Graspollenallergie in Form einer allergischen Rhinitis (Heufieber) oder allergischen Asthmas - oder an beidem. Der Mehrzahl der Patienten werden nur symptomatische Medikamente angeboten, die nicht die Allergie selbst bekämpfen. Für Patienten ist Grazax eine neuartige und praktische Behandlungsform , die als schnell lösliche, einmal täglich unter der Zunge einzunehmende Tablette realisiert ist, die zu Hause eingenommen werden kann.

Christ Water übernimmt ungarische Innoterv

Mit der Übernahme des ungarischen Abwasserspezialisten Innoterv verstärkt Aqua Engineering - eine Tochter von <a href=http://www.christ-water.com>Christ Water</a> - ihr kommunales Wasseraufbereitungs-Geschäft in Osteuropa. Christ Water übernimmt ungarische Innoterv <% image name="Wasserhahn" %><p> "Mit Innoterv können wir unsere Wachstumschancen in Ungarn noch besser nutzen und vom Aufholprozess in der Abwasserentsorgung optimal profitieren", so der Geschäftsführer der Aqua Engineering, Hannes Laimer. Die in Budapest ansässige und auf dem lokalen ungarischen Markt tätige Innoterv beschäftigt derzeit rund 80 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2005 einen Umsatz von rund 8 Mio €. Der Auftragstand beträgt derzeit etwa 16 Mio €. Nach einem ausgeglichenen Ergebnis in diesem Jahr ist mit einem positiven Gewinnbeitrag für Christ bereits 2007 zu rechnen. Innoterv war ursprünglich beim Aufbau des ungarischen Gasleitungsnetzes in Ungarn tätig und begann ab 1995 regionale Kläranlagen und Abwasserkanalnetze zu planen und zu bauen. In Ungarn wird der Ausbau der Abwasserentsorgung vor allem in den mittleren und kleineren Städten sowie am Land in den nächsten Jahren zügig fortgesetzt und bietet für Innoterv weitere Wachstums-Chancen.

„Mehr Bioraffineure braucht das Land.“

Hanswerner Mackwitz hat sich als Kritiker der Chemie-Industrie einen Namen gemacht. Heute leitet er das Wiener Alchemia-Nova Institut für innovative Pflanzenforschung. Er schildert seine Vision, anstatt mit ,traditioneller Chemie’ und Monokulturen enorme Wertschöpfungspotenziale mit Hilfe nahezu vollständiger „Inwertsetzung“ nachwachsender Naturstoffe (Nawaros) zu heben. <% image name="Mackwitz" %><p> <small>Hanswerner Mackwitz: "Österreich fehlt ein kluges Konzept für die Nutzung der Nawaros." </small> <i>Die Hochpreisphase der Petrochemie hat den Begriff der Bioraffinerie en vogue gemacht. Was macht den Charme dieses Begriffes aus?</i> Worum es geht, das ist die Inwertsetzung biosphärischer Produkte. Es geht im Idealfall um eine kaskadenhaften Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Um ein regional organisiertes Stoffstrom-Management von Pflanzen, Bodenleben und Nützlingen. Das heißt: Landwirte dürfen nicht alleine zu Energiewirten mutieren: Sie haben wesentlich mehr Möglichkeiten, dank kluger Verfahren Agrarprodukte auch für Non-Food zu veredeln. <i>Sie sehen die Bauern also als moderne Partner von Verfahrenstechnik und Biochemie. Wie müssten Bioraffinerien dimensioniert sein, damit unsere Landwirte sinnvollerweise als Zulieferer auftreten können? Ist nicht mit der geplanten Bioethanolanlage der Agrana, den Biodiesel-Aktivitäten sowie diversen Biogas-Ambitionen allmählich eine Knappheit an Agrarflächen spürbar?</i> Sinnvoll wird für eine Bioraffinerie ein eher beschränktes Einzugsgebiet von einigen Hundert Hektar sein. Generell sind rund 20 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche – also inklusive der heute unzähligen Brachflächen – verwendbar. Hier gibt es sehr wohl noch Potenzial, denn die heimischen Treibstoff-Bioraffinerien werden ja bei weitem nicht alleine aus heimischem Anbau beliefert. Zudem kann es ja zu einer Flächenkonkurrenz nur dann kommen, wenn wir ein simples Ersetzen von Öl durch Gras betreiben. <i>Für viele Biomasse-Verfechter ist aber gerade das der ökonomisch-ökologische Stein der Weisen?</i> Fakt ist, dass wir in Österreich ein agrarpolitisches Versäumnis zu beklagen haben: Es gibt noch kein kluges Konzept für die Nutzung der Nawaros bei uns. Denn: Energie ist die eine Seite, der Stoff die andere. Soll heißen: Verbrennen alleine ist zu wenig. Es mangelt völlig an einer höherwertigen stofflichen Veredelung. Dabei könnte bereits aus wenigen Hektar Land sehr viel Geld gewonnen werden. <i>Die Holzlobby, der Biomasseverband, die Landwirtschaftskammer sollten also umdenken?</i> Die Biomasse-Lobbyisten müssen differenzieren lernen. Und die vorhandenen Studien lesen: Michael Narodoslowsky von der TU Graz und Horst Steinmüller vom Energie-Institut der Uni Linz haben die potenziellen Massenströme heimischer Gräser und Verarbeitungstechnologien hinreichend untersucht. <i>Wenn wir generell von Verfahrenstechnik im großindustriellen Stil sprechen, die mit Nawaros ,gefüttert' wird – wie viele Bioraffinerien verträgt Österreich noch?</i> Ich würde mindestens ein Dutzend als chancenreich bezeichnen. Mit Sicherheit lässt sich sagen: Kühe werden in den heutigen Stückzahlen künftig nicht in Österreich weiden, die Grasflächen bleiben aber auf jeden Fall die gleichen. Und diese Gräser können wir abmähen, zu Saft pressen und zu Silage fermentieren. In diesem Prozess lässt sich auch die für Biokunststoffe notwendige Polymilchsäure gewinnen und/oder die vorhandene Zellulosematrix etwa für Dämmstoffe verwenden. <i>Wo orten Sie dabei spezielles Know-how in Österreich?</i> Insbesondere die TU Graz hat Tradition bei der Erforschung des Biopols: PHB (Polyhydroxybuttersäure) und PHV (Polyhydroxyvaleriat) wurden bereits in den 1970er Jahren entdeckt – seitdem lagen bei verschiedensten Unternehmen die entsprechenden Patente in den Schubladen. Das Besondere an den biotechnologisch hergestellten thermoresistenten Bio-Polyestern ist: Die dabei eingesetzten Bakterien tragen hier nicht fermentativ zu einer Stoffumwandlung bei, sondern stellen das PHB in ihrer Zellwand selbst her. Gerhard Braunegg von der TU Graz hat für die Errichtung und den Betrieb einer Biopol-Anlage, die 2007 in Brasilien mit 2.500 bis 5.000 t/Jahr starten wird, viel Know-how transferiert. Die Biopol-produzierenden Bakterien werden dabei hauptsächlich mit Rohrzucker ,gefüttert’. Generell lautet derzeit die Frage: Wer schafft die erste großindustrielle Biokunststoff-Produktion in Europa. Und hier sind sowohl die oberösterreichischen <a href=http://chemiereport.at/chemiereport/stories/4679>Pläne von Horst Steinmüller zum Bau eines Grünen Bioraffinerie-Technikums</a> als auch die niederösterreichischen <a href=http://chemiereport.at/chemiereport/stories/4074>Intentionen von ecoplus</a>, eine Herstellung bzw. Verarbeitung von Polymilchsäure (PLA) zu etablieren, durchaus ambitioniert. <i>Wo haben diese Biokunststoffe bereits Marktpotenziale erobern können?</i> Insbesondere Verpackungen für Obst und Gemüse sowie für Milchprodukte sind bereits weit ausgereift. Biokunststoffe verfügen über eine bessere Sauerstoff- und Wasserdampfdurchlässigkeit: Bioäpfel von Spar und Biosalate von „Ja Natürlich“ werden in Polymilchsäurefolie eingehüllt, weil sie dadurch einfach länger halten. Als Dünnfolie sind Biokunststoffe dagegen nicht sehr stabil und müssen daher entweder in eine geschäumte Stärkeschale gelegt werden oder bestehen aus einem etwas dickwandigeren Polymilchsäureblister. <i>Wie sieht ,kluges Stoffstrom-Management' bei den Biokunststoffen aus?</i> Man kann aus Biokunststoff genauso Pullover herstellen wie aus PET-Flaschen – nur mit einer deutlich besseren Ökobilanz. Zusätzlich lassen sie sich professionell kompostieren. Als Rohstoffe stehen gigantische Mengen an Bio-Reststoffen zur Verfügung: Blätter, viele vergessene Produkte des Waldes, der Weinberge, der Getreidefelder, der Sonnenblumenkulturen. Große Mengen an Bio-Reststoffen entstehen auch bei der Verarbeitung von Kartoffeln, Reis oder Kohlgemüse, bei der Maisernte, beim Pressen von Olivenöl, bei der Saftgewinnung aus Zitrusfrüchten – überall dort, wo Zellulose und Hemizellulose im Spiel ist. Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu treten – wir leiden ohnehin unter einem enormen Überschuss an vielen Agrarprodukten. Deswegen ist es sinnvoll, auf den Stilllegungsflächen Nutzpflanzen für moderne Bioraffinerien anzubauen. Und zwar nicht nach den knallharten Methoden der Monokultur, sondern zumindest nach den Methoden des Integrierten Landbaues. <i>Die Raps-Monokultur für die Biodieselproduktion sehen Sie also auch als problematisch an?</i> Biosprit verfährt Landschaft. Für einen bestimmten Prozentsatz und vor allem im ländlichen Raum ist das in Ordnung. Aber der ökologische Fußabdruck gilt selbstverständlich auch für die Post-Petroleum-Ära. Noch einmal: Beim schlichten Verfeuern für die Energiegewinnung lassen wir einfach gewaltige Wertschöpfungsoptionen links liegen. Die stoffliche Verwertung muss vordergründig werden. Und dabei sollte Polykultur und Mehrfachnutzung als oberste Maxime Einzug in die Bioraffinerie Einzug halten – wir können auch die bisher nur als Abfall begriffenen Agrar-Produkte in einer Vielzahl an Möglichkeiten verwenden. Würden wir etwa nicht nur die Kerne der Sonnenblume ernten und verarbeiten, könnten sich in Ungarn – dort ist Helianthus annuus die Cash-Crop schlechthin – die Agrar-Effizienz um den Faktor 3-4 erhöhen. Denkbar wären etwa kosmetische Nutzanwendungen aus dem Stängel und den Blüten, spezifisches Pektin aus dem Kopf oder Styropor-ähnliches Bau- und Schallabsorbermaterial aus Stängelmark. <% image name="Kerncraft_Collage" %><p> <small> Vielfältige Rohstoffquelle: Kerne als Produktionsmittel. </small> <i>Wie sieht dieses ,Biocascading' bei Ihrem ,KernCraft'-Projekt aus?</i> Unser Vision ist, die Kerne aus dem Obstanbau zu hochwertigen Produkten zu veredeln. Obstkerne fallen EU-weit in erheblichen Dimensionen an; bei der Marmelade- und Saftgewinnung und auch beim Erzeugen von Edelbränden. Wir glauben, künftig mindestens 1.000 t dieser Kerne pro Jahr in Öle verwandeln zu können, die dann zu 40 bis 60 €/kg vermarktet werden können. Aktuell laufen dazu komplexe Versuchsmaschinen in Stockerau, eine Pilotanlage soll folgen. Generell fallen bei der Lebensmittelverarbeitung Schalen, häufig Stielchen, aber vor allem Kerne an. Sieht man sich diese genauer an, stößt man auf eine Vielfalt an Stoffen: Man kann daraus Abrasiva machen, indem man sie auf bestimmte Korngrößen zerkleinert. Aus den weichen Kernen pressen wir Öle mit hochwertigen Fettsäuren, die für kosmetische Anwendungen genauso geeignet sind wie für aromatische Süßigkeiten und Salate. Und so wie man aus Mandeln Marzipan herstellt, kann man aus Zwetschkenkernen Prunipan zaubern, aus Kirschkernen Cherrypan oder aus speziellen Pfirsichkernen Marillopan. Ein ähnliches Projekt wird derzeit in Güssing umgesetzt. Die Firma Vulcolor wird dort hochpreisige Lebensmittelfarben aus Holunder, Karotten und anderen natürlichen Stoffen herstellen. 10 Mio € fließen aktuell in ein neues Werk dafür. Die dabei anfallenden Kerne und Reststoffe werden anschließend von unserer KernCraft BioTech in weitere Wertstoffe umgewandelt. <i>Lassen Sie uns die Hitparade der Bioraffinerien aufstellen. In welche Projekte sollte Österreich unmittelbar investieren, was reihen Sie dahinter?</i> Ich denke, dass uns Biokunststoffe am ehesten die Chance geben, die Chemie von einem Makel zu befreien, indem wir den Bezug zur lebendigen Welt wieder herstellen. Anstatt immer komplexerer Moleküle mit funktionellen Gruppen der Chlorchemie aufzubauen oder in Riesenpipelines Erdöl um die Welt zu pumpen, können Chemiker bei Biokunststoffen wieder mit Eleganz arbeiten. Dazu müssen wir aber zunächst den Acker als Produktionseinheit begreifen lernen, der behutsam bewirtschaftet werden muss. Rang 2 der Bioraffinerie-Hitparade gehört daher all jenen für die Treib- und Brennstoffe, die auf regionale Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Schließlich – meine Bronzemedaille – gilt es, die agrarischen Stoffkreisläufe zu verbessern und völlig an den Rand gedrängten Reststoffe zum integralen Bestandteil der Wertschöpfung unseres Landes zu machen. <hr> <b><u>Eine Bioraffinerie</u></b> ist ein System von Prozessen und Anlagen, in denen Produkte der Photosynthese, Biomasse bzw. agrarischen Reststoffe in eine Vielzahl von weiteren Produkten umgewandelt oder aus diesen isoliert werden. Die Bioraffinerie orientiert sich dabei durchaus am Konzept einer petrochemischen Raffinerie. Grundprodukte bzw. Basischemikalien sind in der Regel Kohlenhydrate, Lignin, Proteine und Fette. 3 Systeme sind in Erprobung: • Die Lignocellulose Feedstock Biorefinery (LCF) für trockene Biomassen wie Holz oder Stroh. • Die Getreide-Bioraffinerie für Getreide-Ganzpflanzen. • Die Grüne Bioraffinerie für naturfeuchte Biomassen wie Gras, Luzerne, Klee oder unreifes Getreide. Die Entwicklung von Bioraffinerien wird zum Schlüssel für die integrierte Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, Chemikalien, Werkstoffen und Gebrauchsgütern sowie Kraftstoffen in der mittelfristigen Zukunft. Dazu muss freilich eine ganze Industrie erst einmal zu einer Rohstoffbasis zurückkehren, die sie zwischen 1. und 2. Weltkrieg verlassen hat. Geschätzt wird, dass mit der Forcierung des Bioraffinerie-Konzeptes zwischen 40.000 und 60.000 Arbeitsplätze bis 2020 in Österreich geschaffen werden könnten. <big><b>Mögliche Verfahren für die Bioraffinerie:</b></big> <% image name="Bioraffinerie_Grobkonzept" %><p> <big><b>Was aus Nawaros machbar ist:</b></big> <% image name="Was_aus_Nawaros_machbar_ist" %> „Mehr Bioraffineure braucht das Land.“

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