Archive - Jun 30, 2015

Deutschland: Auf dem Weg zu weniger Kohle

Ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden, könnte Deutschland 35 seiner ältesten Braun- und Steinkohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von 15 Gigawatt (GW) sofort abschalten. Das sagte Thorsten Lenck, Senior Manager der auf Energiemarktanalysen sowie einschlägige Beratungs- und Schulungsleistungen spezialisierten Berliner Energy Brainpool GmbH, bei einer Veranstaltung der IG Windkraft in Wien. Wie Lenck erläuterte, entsprechen die 15 GW etwa zehn Prozent der Leistung sämtlicher thermischen Kraftwerke in Deutschland. Durch ihr Abschalten würde der durchschnittliche Großhandelspreis für Strom (Grundlast) heuer von rund 32 auf etwa 41 Euro pro Megawattstunde (€/MWh) bzw. rund 22 Prozent steigen. Somit wäre das Preisniveau von 2012 erreicht. Für 2023, das erste Jahr, in dem Deutschland infolge seines „Atomausstiegs“ ohne Kernkraftwerke auskommen muss, wären Grundlast-Preise von etwa 63,50 €/MWh zu erwarten, was etwa jenen des Jahres 2008 entspricht. In beiden Fällen würde Deutschland vom Netto-Exporteur elektrischer Energie zum Netto-Importeur. Der Großteil der Importe käme sowohl heuer als auch 2023 aus der Tschechischen Republik und damit vor allem aus Kern- sowie Braun- und Steinkohlekraftwerken. Dennoch wäre mit der klimapolitisch erwünschten Senkung der CO2-Emissionen zu rechnen: EU-weit würden sich diese um etwa drei Prozent vermindern. In Deutschland wäre sogar mit einem Sinken um rund 24 Prozent oder 70 Millionen Tonnen zu rechnen. Im Gegenzug würden sich die Emissionen in der Tschechischen Republik sowie in anderen Ländern, aus denen Deutschland Strom importieren müsste, erhöhen, darunter auch in Österreich.

 

Wegen der höheren durchschnittlichen Stromgroßhandelspreise würden auch Gaskraftwerke wieder rentabel, fügte Lenck hinzu. Dies ist energiepolitisch erwünscht, weil sich solche Anlagen gut dazu eignen, die stark schwankende und zunehmende Stromerzeugung mittels CO2-freier Energiequellen wie Wind und Sonne auszugleichen. Gaskraftwerke, die in Österreich fast ausschließlich in Form von Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) bestehen, sind wegen der niedrigen Stromgroßhandels- sowie CO2-Preise seit mehreren Jahren unter starkem wirtschaftlichem Druck. Europaweit wurden und werden selbst hochmoderne Anlagen eingemottet, weil sie nicht rentabel sind. Im Gegensatz dazu erwirtschaften Braunkohlekraftwerke, deren älteste in Deutschland noch aus den 1940er Jahren stammen, Gewinne. Dies gilt angesichts der Bestrebungen der internationalen Staatengemeinschaft im Allgemeinen und der EU im Besonderen, die CO2-Emissionen zu senken, als kontraproduktiv.

 

Lenck verwies in diesem Zusammenhang auf die Pläne der deutschen Bundesregierung, im Herbst ein Gesetzespaket vorzulegen, das nicht zuletzt die Verminderung der Stromproduktion mittels Braun- und Steinkohle zum Inhalt hat. Freilich seien dabei auch strukturpolitische Fragen zu berücksichtigen. Schätzungen zufolge könnte ein „Kohle-Ausstieg“ mit dem Verlust von mehreren zehntausend bis mehreren hunderttausend Arbeitsplätzen verbunden sein. Um dies zu kompensieren, seien entsprechende Rahmenbedingungen erforderlich.

 

Fehlendes Signal

Jürgen Schneider vom österreichischen Umweltbundesamt (UBA) konstatierte, vom EU-internen Handel mit CO2-Zertifikaten (EU-ETS) werde auf absehbare Zeit kein Signal zu einer CO2-ärmeren Stromerzeugung ausgehen. Nötig wäre ihm zufolge ein „realer CO2-Preis, der die Kosten des Klimawandels widerspiegelt.“ Laut Berechnungen des UBA läge dieser bei etwa 160 Euro pro Zertifikat bzw. Tonne CO2. Schätzungen anderer Institutionen gingen sogar von etwa 300 bis 400 Euro pro Tonne aus. „Wir warten daher gespannt, wie Deutschland die Kohleverstromung vermindern will“, sagte Schneider.

Stefan Moidl, der Geschäftsführer der IG Windkraft, forderte die zuständigen Politiker auf europäischer wie auch österreichischer Ebene auf, „dafür zu sorgen, dass sich die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energien besser rechnet als jene mit Kohle.“ Allerdings müsse auch die eigene Branche „mehr Mut“ beweisen, fügte Moidl hinzu: „Wir können und müssen in Zukunft die Hauptlast der Versorgungssicherheit tragen.“

 

 

 

Neues CD-Labor erforscht wichtige Komponenten des Immunsystems

Am Institut für Immunologie der Medizinischen Universität Wien wurde am 26. Juni das Christian-Doppler-Labor für Komplementforschung eröffnet. Unter der Leitung von Peter Steinberger wird man sich auf die Erforschung des Proteins C4d konzentrieren, das eine wichtige Rolle im angeborenen Immunsystem spielt.

 

Das Komplementsystem ist ein aus 30 Plasmaproteinen bestehender Teil des Immunsystems, der Antikörper und Phagocyten bei der Bekämpfung von Krankheitserregern unterstützt. Darüber hinaus  trägt es zur Entfernung von Immunkomplexen und abgestorbenem Material bei und ist somit eine der Stützen bei der Aufrechterhaltung der Immunhomöostase.

In der Forschungsgruppe von Peter Steinberger an der medizinischen Universität Wien konnten bereits in bisherigen Arbeiten interessante Ergebnisse zu  C4d, einem der Proteine des Komplementsystems, gewonnen werden. So zeigte sich, dass inhibitorische Oberflächenmoleküle, die auf Monozyten, Makrophagen und dendritischen Zellen vorkommen, als spezifische zelluläre Rezeptoren für C4d fungieren.

 

Autoimmunkrankheiten im Visier

Die Arbeit des CD-Labors folgt nun der Hypothese, dass diese spezifische Interaktion von C4d mit inhibitorischen Rezeptoren entscheidend für die Aufrechterhaltung der Toleranz gegen körpereigene Strukturen sein könnte. Dafür spricht, dass Defekte im Komplementsystem mit Autoimmunerkrankungen wie systemischem Lupus erythematodes assoziiert sind und der Nachweis von C4d als Marker für Antikörper-vermittelte Abstoßungsreaktionen bei Spendernieren gilt. Langzeitziel ist dabei die Entwicklung von Therapieansätzen, bei denen Komplementproteine zur Verhinderung von Entzündungsreaktionen eingesetzt werden können.