Archive - Mär 27, 2020
27.03.20
von
Klaus Fischer
Die Pharmaindustrie arbeitet mit Hochdruck an Mitteln gegen die Corona-Pandemie, hieß es bei einem Online-Pressebriefing des Branchenverbandes Pharmig.
Weltweit arbeitet die Pharmaindustrie mit Hochdruck an Medikamenten zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2, betonte der Generalsekretär des österreichischen Branchenverbandes Pharmig, Alexander Herzog, bei einem Online-Pressebriefing am 27. März. Ihm zufolge ist die Zusammenarbeit innerhalb der Industrie, aber auch mit den Gesundheitsbehörden, schlicht „beeindruckend“. Binnen kürzester Zeit sei es gelungen, das Genom des Virus zu sequenzieren. Dieses gleiche zu etwa 70 Prozent dem seinerzeitigen SARS-Virus.
Schlechterdings „unzählige“ Unternehmen seien an den Anstrengungen zu seiner Eindämmung beteiligt, darunter auch etliche Mitglieder der Pharmig, wie AbbVie, Amgen, AstraZeneca, Bayer, Boehringer Ingelheim, CSL Behring, Eli Lilly, Gilead, Janssen, Marinomed, Medice, Merck, Merck Sharp & Dohme, Novartis, Pfizer, PharmaMar und Takeda. Zwei Kandidaten für Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 befinden sich Herzog zufolge weltweit in klinischer Prüfung, weitere 48 in präklinischer. Insgesamt laufen 158 Studien im Zusammenhang mit der Corona-Erkrankung COVID-19. Der Großteil davon befasst sich direkt mit der Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus, manche haben auch die Behandlung von Depressionen sowie andere Themen zum Inhalt.
Sehr zu begrüßen ist laut Herzog der Emergency-Call der FFG zur Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2. Für diesen stellen das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) sowie das Bundesministerium für Klima, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) kurzfristig 23 Millionen Euro bereit. Ferner hat die European Medicines Agency (EMA) „die EU-Forschungsgemeinschaft dringend aufgefordert, großen randomisierten kontrollierten Studien Vorrang einzuräumen. Sie liefern höchstwahrscheinlich schlüssige Beweise für eine rasche Entwicklung und Zulassung potenzieller Behandlungen von COVID-19“.
Zügig, aber sicher
Stefan Kähler, der Vorsitzende Standing Committee Klinische Forschung der Pharmig, ergänzte, auch in einer Lage wie der derzeitigen müssten bei der Entwicklung neuer Arzneimittel ethische Grundsätze beachtet werden. Sicherheit habe nun einmal Vorrang, und klinische Forschung sei per se ein „zeitaufwändiger Prozess“. Inklusive Grundlagenforschung müsse für die Entwicklung eines neuen Medikaments rund 13 Jahre veranschlagt werden.
Schneller könne diese erfolgen, wenn bereits zugelassene Mittel auf eine neue Indikation wie eben COVID-19 angewandt würden. In diesem Fall könne die klinische Forschung bereits mit der Phase III beginnen, in der die Wirkungsbestätigung sowie die Bestätigung der Überlegenheit der neu angewandten Therapie im Zentrum stehen. Beispiele sind laut Kähler die Bekämpfung von SARS-CoV-2 mit Lopinavir-Ritonavir sowie Chloroquin, die bisher allerdings keine überzeugenden Erfolge erbrachten. Bei der Impfstoffentwicklung setzt die Pharmaindustrie laut Kähler auf mehrere Strategien, darunter vektorvirenbasierte sowie mRNA-basierte Substanzen. Das erhöhe die Wahrscheinlichkeit, ein taugliches Mittel zu finden.
Um Medikamente den Patienten schneller zur Verfügung stellen zu können, besteht laut Kähler die Möglichkeit eines „conditional approval“, also einer bedingten Zulassung. Diese gilt üblicherweise für ein Jahr. Innerhalb dieser Zeitspanne muss der Hersteller „Belege nachliefern, die letztlich zu einer regulären Zulassung führen sollen“.
Befreiung von der „Geißel“
Pharmig-Generalsekretär Herzog zufolge sieht die Branche in der gegenwärtigen Lage einmal mehr den Beweis für die Wichtigkeit pharmazeutischer Forschung und Entwicklung. Gerade Österreich sei gut beraten, seine Forschungskapazitäten weiter zu stärken und ein „Forschungshotspot“ zu werden. „Wer, wenn nicht wir, sollte in der Lage sein, die Menschheit von der Geißel SARS-CoV-2 zu befreien?“, schloss Herzog.
Mit passiver Immunisierung gegen COVID-19
Am Wiener Standort von Takeda wird an einer COVID-19-Therapie gearbeitet, die Blutplasma von Personen zum Einsatz bringt, die infiziert waren und von der Krankheit genesen sind.
Es ist das alte Prinzip der passiven Immunisierung, das die Grundlage eines therapeutischen Ansatzes gegen COVID-19 darstellt, den Takeda aktuell verfolgt: Personen, die akut von einer Infektion betroffen sind, werden (passiv) Antikörper verabreicht, weil deren aktive Ausbildung nach einer Impfung zu lange dauern würde. Im Unterschied zu monoklonalen Antikörpern, die entwickelt wurden, um gezielt ein bestimmtes Target zu adressieren, handelt es sich dabei um polyklonale Antikörper, die die gesamte humorale Immunantwort eines Organismus beinhalten und sich gegen verschiedene Antigene eines Erregers richtet.
Antikörper oder Immunglobuline sind eine Klasse von Proteinen, die stets im menschlichen Blutplasma zu finden ist, und im Zuge der Plasmafraktionierung für die medizinische Anwendung gewonnen wird. So auch am Takeda-Standort Wien: „Die Gewinnung von Immunglobulinen ist eine bewährte Plattformtechnologie, die für gewöhnlich dafür eingesetzt wird, Präparate für Patienten mit geschwächtem Immunsystem oder für die Immunmodulation herzustellen“, sagt dazu Thomas Kreil, Leiter der Globalen Pathogensicherheit bei Takeda. Um auf der Basis dieser Plattform eine sogenannte Hyperimmunglobulin-Therapie gegen die derzeit grassierende Epidemie zu entwickeln, müsse lediglich Plasma von Spendern benützt werden, die mit dem Erreger SARS-CoV-2 infiziert waren und wieder genesen sind.
Verkürzter Entwicklungsprozess
Das bedeutet, dass die Entwicklung einer solchen Therapie wesentlich schneller vor sich gehen kann, als wenn man ganz von vorn startet. Da es sich um einen eingespielten Prozess handle, müsse die Sicherheit des so gewonnenen Produkts nicht eigens getestet werden, man könne in der Entwicklung gleich zu Wirksamkeitsstudien übergehen, wie Kreil betont. Mit einer Dauer von neun bis 18 Monaten müsse für eine derartige Entwicklung dennoch gerechnet werden. Für das derzeitige Ausbruchsszenario kommt daher auch diese Therapieform wohl nicht in der Anfangsphase zum Einsatz. „Es ist aber damit zu rechnen, dass das Virus nicht so schnell aus der menschlichen Population verschwinden wird.“, meint Kreil.
Als Zielgruppe hat man vor allem Patienten im Auge, bei denen es zu besonders schweren Verlaufsformen der Infektion kommt. Es könnte aber auch daran gedacht werden, Personen damit zu schützen, die mit einer hohen Zahl von Infizierten in Kontakt kommen, also vor allem Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen (man spricht von einer sogenannten „Präexpositionsprophylaxe“).
Plasma wird knapp
Die Herausforderung, die sich nun stellt, ist, ausreichend Plasma von rekonvaleszenten Spendern zu erhalten. Es ist aber sowohl in Österreich als auch in den USA bereits zu ersten Abnahmen gekommen. Insgesamt gehen angesichts der derzeitigen Maßnahmen aber auch die Plasmaspenden von gesunden Spendern stark zurück. „Viele Patienten sind auf Plasmaspenden und die daraus gewonnenen Produkte angewiesen“, gibt Kreil zu bedenken. Noch habe man genug Plasma auf Lager, aber um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten, sei eine kontinuierlich hohe Anzahl an Plasmaspenden von kritischer Bedeutung.
Auch OMV verschiebt Hauptversammlung
27.03.20
von
Klaus Fischer
Der Öl- und Gaskonzern bezeichnet das als „Beitrag, um der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken“
Auch die OMV verschiebt wegen der Corona-Pandemie ihre Hauptversammlung. Diese findet am 29. September statt, bisher war sie für 19. Mai geplant gewesen. In einer Aussendung hieß es, „aufgrund der aktuell geltenden Sondervorschriften und behördlichen Anordnungen ist die professionelle Organisation und Abhaltung einer Hauptversammlung in absehbarer Zukunft nicht möglich“. Mit der Verschiebung leiste die OMV „einen Beitrag, um der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken und gleichzeitig den Schutz ihrer Eigentümer und Stakeholder sicherzustellen“.
In der Aussendung ersuchte die OMV die Aktionäre um Verständnis für die verspätete Auszahlung der Dividende. Deren Höhe muss bekanntlich von der HV beschlossen werden. Trotz eines um drei Prozent auf 3,54 Milliarden Euro gesunkenen operativen Ergebnisses vor Sondereffekten plant der Vorstand, die Dividende gegenüber jener für 2018 um 14 Prozent auf 2,00 Euro je Aktie zu erhöhen. Der freie Cashflow nach Dividenden würde dadurch auf -1,44 Millarden Euro sinken. Den freien Cashflow vor Dividenden beziffert die OMV mit -583 Millionen Euro.