Archive - 2020

June 24th

Danninger besucht „Hidden Champion“

Der Kunststoffverarbeiter Coreth gehört zu den größten einschlägigen Unternehmen in Österreich. Im Zuge der COVID-19-Pandemie erzeugte er auch Vormaterialien für Schutzmäntel.

 

Mit über 100 Beschäftigten und einer Jahresproduktion von etwa 35.000 Tonnen an recyclingfähigen Kunststoff-Folien gehört die G. Coreth Kunststoffverarbeitungs GmbH in Unterwaltersdorf zu den größten Kunststoffverarbeitern Österreichs. Während der COVID-19-Pandemie erzeugte das Unternehmen auch Vormaterialien für Schutzmäntel. Im Zuge eines Betriebsbesuchs am 24. Juni konstatierte Niederösterreichs Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger, die Pandemie habe einmal mehr „deutlich gemacht, wie wichtig es ist, produzierende Unternehmen bei uns im Land zu haben und dadurch im Bedarfsfall nicht auf die Versorgung aus dem Ausland angewiesen zu sein. Die Bereitschaft und das Engagement der Firma Coreth, eine entsprechende Produktionsschiene aufzubauen, ist beispielhaft“. Danninger bezeichnete das Unternehmen als einen „Hidden Champion“, der international ausgerichtet und „in der Region und im Land fest verankert ist“. Firmen wie Coreth stehen laut Danninger für sichere Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung.

 

Eingebunden ist das Unternehmen auch in den Kunststoff-Cluster der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur Ecoplus. Deren Geschäftsführer Helmut Miernicki erläuterte, in den Clustern gehe es darum, „überbetriebliche Kooperationsprojekte zu branchenrelevanten Zukunftsthemen und Entwicklungen zu initiieren. Dazu brauchen wir technologieaffine Unternehmen wie die Firma Coreth, die sich aktiv im Cluster einbringen“. Unterstützt wird die Coreth auch von der Niederösterreichischen Bürgschaften und Beteiligungen GmbH (NÖBEG), die Finanzierungen für Investitionsvorhaben bereitstellt.

 

 

June 23rd

AIT meldet „sehr gutes Ergebnis“

Der Umsatz des Austrian Institute of Technology war 2019 um 2,6 Prozent höher als 2018, das Jahresergebnis um etwa 25 Prozent.

 

Einen Umsatz („Betriebsleistung“) von 162,9 Millionen Euro meldet das Austrian Institute of Technology (AIT) für das Geschäftsjahr 2019. Gegenüber 2018 entspricht das einer Steigerung um rund 2,6 Prozent. Der Betriebserfolg (EBIT) lag mit 4,01 Millionen Euro um 8,1 Prozent über dem von 2018. Das Jahresergebnis schließlich wuchs um 25,4 Prozent auf 4,05 Millionen Euro. Überdies wurde ein Auftragsstand von rund 183,2 Millionen Euro verzeichnet. „Wenn Sie so wollen, helfen uns das sehr gute Ergebnis im Berichtsjahr 2019 und der hohe Auftragsstand zu Beginn des Jahres 2020, um im aktuellen herausfordernden Jahr 2020 das AIT trotz unruhiger See sicher auf Kurs zu halten“, konstatierte Geschäftsführer Anton Plimon bei der Bilanzpressekonferenz am 23. Juni in Wien. Aufsichtsratspräsident Hannes Androsch dankte den beiden Eigentümern des AIT, dem Klimaministerium (BMK) und der Industriellenvereinigung (IV). Der Bund hatte 2019 rund 49,8 Millionen Euro zum Umsatz beigesteuert. Androsch zufolge braucht Österreich „nach der Corona-Krise ein Wiederhochfahr-Programm für die Wirtschaft. Das ist auch für die angewandte Forschung wichtig. Denn von der Industrie wird es abhängen, wie es der Forschung geht. Die Hilfsmaßnahmen müssen rasch, zeitlich begrenzt, gezielt und strukturverbessernd sein“.

 

Zufrieden mit der AIT-Bilanz zeigte sich Klimaministerin Leonore Gewessler. In einer Aussendung konstatierte sie, mit dem Jahresergebnis 2019 sei das AIT „für aktuelle und zukünftige Herausforderungen gut gewappnet“. Die COVID-19-Pandemie habe die Bedeutung von Forschung und Innovation für eine erfolgreiche Krisenbewältigung nachgewiesen: „Diesen Beitrag werden wir auch im Kampf gegen die Klimakrise dringend brauchen. Wir werden diese Anstrengungen in den nächsten Jahren auch im Rahmen des Konjunkturprogramms weiter vorantreiben, damit Österreich im Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnimmt.“

 

Namens der IV verlautete Generalsekretär Christoph Neumayer, das AIT habe 2019 „seinen Erfolgskurs fortsetzen und seine Position als wissenschaftlicher Top-Player in Österreich bestätigen“ können. Ihm zufolge sind Forschung, Technologie und Innovation (FTI) „essenzielle Säulen, um Beschäftigung und Wertschöpfung zu sichern und zu stärken sowie die Krisenresilienz des Standortes zu erhöhen. Ein starkes FTI-System muss daher ein fundamentaler Bestandteil einer nachhaltigen und erfolgreichen Standortpolitik sein, die für FTI-fördernde Rahmenbedingungen sorgt und die FTI-Akteure bei ihrer Tätigkeit unterstützt und stärkt“.

 

 

June 22nd

Pharmaindustrie warnt vor Brexit-Chaos

Die COVID-19-Pandemie zeige einmal mehr die Bedeutung der Zusammenarbeit der EU mit Großbritannien im Gesundheitssektor, betonen Interessenvertretungen der Pharmabranche unter Führung der EFPIA. Und sie präsentieren erneut teils bekannte Forderungen an die Politik.

 

Angesichts der stockenden Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens (Brexit) machen die europäischen Interessenvertretungen der Pharmaindustrie mobil. In einer gemeinsamen Stellungnahme wiederholen sie unter Führung des Pharmaindustrieverbands EFPIA teils bekannte Forderungen. Und sie nutzen die COVID-19-Pandemie, um deren Dringlichkeit zu untermauern. In der Stellungnahme heißt es, das neue Coronavirus sei eine Herausforderung für die ganze Welt, nicht allein für Europa und schon gar nicht alleine für die EU. Einmal mehr träten Probleme in den Vordergrund wie Versorgungsschwierigkeiten und der ungleiche Zugang zu Arzneimitteln, negative Auswirkungen von Exportbeschränkungen, Lagerhaltungsverpflichtungen und anderen (Handels-)Einschränkungen. Überdies zeige sich erneut die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit bei der Aufrechterhaltung von Versorgungs- und Lieferketten, aber auch im Bereich Forschung und Entwicklung. Deutlich werde weiters die Problematik mangelnder Investitionen sowie der zögerlichen Entwicklung neuer Technologien und Behandlungsmethoden. „Das Virus zeigt, dass grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren mit wirksamer Koordination und Mechanismen für rasche Reaktionen begegnet werden muss“, heißt es in der Stellungnahme. Nicht zuletzt gelte es, sich auf künftige Pandemien vorzubereiten. Entsprechende Anstrengungen gerieten jedoch gerade durch das Tohuwabohu im Zusammenhang mit dem Brexit in Gefahr.

 

Gesundheitsthemen spielten bei den Verhandlungen so gut wie keine Rolle. Doch falls es zu einer schlechten Austrittsvereinbarung oder gar zu einem „Hard Brexit“ ohne Vereinbarung komme, könne das unterhaltsam werden. Sowohl die EU als auch Großbritannien riskierten, schlechter auf kommende Epidemien und Pandemien vorbereitet zu sein als bisher. Der Zugang von Patienten in der EU zu in Großbritannien zugelassenen Arzneimitteln und umgekehrt könnte sich verzögern, der Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen sich erschweren. Auch die Zusammenarbeit in der medizinischen Forschung wäre nicht mehr so einfach zu machen wie noch derzeit, was sich aller Voraussicht nach nachteilig auf die Patienten auswirken würde. Zu befürchten sei weiters ein Abwandern von wissenschaftlichem Personal in Drittstaaten.

 

Die EFPIA und ihre Mitstreiter fordern daher, die reibungslose Zusammenarbeit zwischen der EU und Großbritannien im Gesundheitsbereich auch weiterhin zu gewährleisten. Notwendig seien insbesondere Frühwarnmechanismen und der Datenaustausch, um auf Epidemien vorbereitet zu sein, aber auch ein gemeinsamer regulatorischer Rahmen für die Herstellung, Überprüfung und Zulassung von Arzneimitteln und medizinischer Ausrüstung, inklusive der Aufrechterhaltung bestehender Lieferketten. Ferner müsse der Zugang der Bürger der EU und Großbritanniens zu den Gesundheitssystemen beider Wirtschaftsräume sichergestellt sein. Auch die Zusammenarbeit im Bereich der medizinischen Forschung dürfe durch den Brexit keinen Schaden leiden.

 

 

 

 

BASF: Bock führt Aufsichtsrat

Nach der zweijährigen „Cooling-off“-Phase kehrte der ehemalige Vorstandschef planmäßig in „sein“ Unternehmen zurück.

 

Kurt Bock hat planmäßig den Vorsitz im Aufsichtsrat des deutschen Chemiekonzerns BASF übernommen. Er wurde in der Hauptversammlung am 18. Juni in das Gremium gewählt und anschließend von seinen Kollegen zum neuen Vorsitzenden gekürt. Sein Mandat läuft bis um Ende der ordentlichen HV im Jahr 2024.

 

Festgelegt hatte das alles der BASF-Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 21. Dezember 2017. Damals wurde der heutige BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller zum Nachfolger Bocks berufen. Er trat diese Funktion nach der HV im Juni 2018 an.

 

Bock schied für eine zweijährige „Cooling-off“-Phase aus der BASF aus, um nun den Aufsichtsratsvorsitz von Jürgen Hambrecht übernehmen zu können. Bock war von 2011 bis 2018 Vorstandschef von BASF, erstmals in den Vorstand berufen wurde er 2003.

 

 

June 19th

AIT-Spinoff kooperiert mit Siemens

Das Unternehmen Telbiomed, ein Spinoff des AIT (Austrian Institute of Technology) ist eine Vertriebs- und Entwicklungspartnerschaft mit Siemens Healthineers, der Medizintechnik-Sparte des Siemens-Konzerns eingegangen. Die Zusammenarbeit soll insbesondere zur weiteren Internationalisierung der vom AIT entwickelten Telehealth-Lösungen beitragen.

Am Center for Health & Bioresources des AIT wurde eine Plattform entwickelt, die es chronisch kranken Patienten ermöglicht, mit einfachen Messgeräten erfasste Vitaldaten über eine mobile App an eine Datenbank zu übermitteln. Ärzte und Pflegekräfte haben darauf Zugriff und können bei Bedarf Maßnahmen setzen. Im Rahmen des Projekts „HerzMobil Tirol“ kommt diese Plattform bereits seit 2002 zur besseren Betreuung von Herzinsuffizient-Patienten zum Einsatz und ist mittlerweile Teil der Regelversorgung in Tirol.

Um die dahinterstehende Digital-Healthcare-Lösung einer kommerziellen Verwertung zuzuführen, gründete das AIT das Spinoff-Unternehmen Telbiomed. Durch seinen modularen Aufbau kann das System dabei an die jeweiligen Anforderungen adaptiert werden, die sich zu einzelnen chronischen Erkrankungen stellen. Beispiele abseits der Herzinsuffizienz sind Diabetes oder Hypertonie. Für die Anwendung im Rahmen der aktuellen COVID-19-Pandemie wurde die Plattform so adaptiert, dass sie die Betreuung von Personen mit unklarem Infektionsstatus zu erleichtern kann. Die Betroffenen erfassen täglich Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung und COVID-19-spezifische Symptome, sodass eine Verlaufskontrolle aus der Ferne möglich wird und bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes rasch medizinische Maßnahmen eingeleitet werden können.

In diesem Anwendungsfeld sind bereits erste Früchte der Zusammenarbeit mit Siemens Healthineers zu verzeichnen. So wird das System in der australischen Region Victoria nördlich von Melbourne vom Gesundheitsdienstleister Bendigo Health zum Telemonitoring von Patienten mit Verdacht auf COVID-19 eingesetzt. Im Universitätsklinikum Mannheim benützt es das medizinische Fachpersonal, um im Sinne eines „Corona-Tagebuch“ gemäß den Regeln des Robert-Koch-Instituts Infektionen oder Verdachtsfälle in den eigenen Reihen möglichst rasch aufzuspüren.

 

 

June 18th

Forschungsfinanzierungsgesetz soll langfristige Planung erleichtern

Die Regierung sieht in der nach zehn Jahren Planung finalisierten Novelle einen großen Wurf, betonten ihre zuständigen Mitglieder bei einer Pressekonferenz in Wien.

 

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, Klimaministerin Leonore Gewessler und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck waren sich einig: Die Novelle zum Forschungsfinanzierungsgesetz ist ein Grund zur Freude. Das betonten die drei Regierungsmitglieder am 18. Juni bei einer Pressekonferenz am Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA) im Vienna Biocenter. Faßmann konstatierte, der damalige Wissenschaftsminister und heutige EU-Finanzkommissar Johannes Hahn habe die Novelle bereits 2009 in Aussicht gestellt. Sämtliche Bundesregierungen hätten sie seither in ihre Programme aufgenommen: „Und nun wird sie endlich realisiert.“ Im Kern gehe es darum, langfristige, wachstumsorientierte Forschungsplanung zu ermöglichen, nicht zuletzt wegen der im Gesetz festgeschriebenen Finanzierungszusagen. In Forschungspakten (FTI-Pakten) würden vom Wissenschafts-, Klima- und Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium Programme für die jeweils kommenden drei Jahre festgelegt. Deren Umsetzung obliege den im Gesetz genannten Institutionen im Forschungsbereich, darunter nicht zuletzt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Mit diesen seien entsprechende Leistungsvereinbarungen zu treffen. Jedenfalls aber werde nun die Ernte der langjährigen Verhandlungen eingefahren.

 

Dass im Gesetz keine konkrete Budgetierung festgeschrieben ist, wollte Faßmann nicht überbewertet wissen: „Die konkreten Zahlen stehen dann im FTI-Pakt, den wir bis Jahresende vorlegen müssen.“ Um den Forschungseinrichtungen für 2021 Sicherheit zu geben, würden der Pakt und die Leistungsvereinbarungen heuer ausnahmsweise parallel verhandelt. Er hoffe, es werde 2021 mehr Geld geben als heuer, konstatierte Faßmann.

 

Gewessler sprach von einem „großen Schritt vorwärts“. Besonders wichtig sei die stabile Finanzierung für jeweils drei Jahre, während derer die Budgets für die vereinbarten Projekte nicht gekürzt werden dürften. In Hinblick auf die „Klimaneutralität“ Österreichs, die die Bundesregierung 2040 erreichen möchte, werde es unter anderem um Batterieforschung, „grüne“ Logistikketten sowie Forschung in Bezug auf Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gehen, beispielsweise um die Gebäudebegrünung. Im Zuge ihrer Klausur am 15. und 16. Juni habe die Bundesregierung 300 Millionen Euro für einschlägige Technologien beschlossen, ergänzte Gewessler.

 

Schramböck betonte, die Widerstandsfähigkeit einer Wirtschaft gegen Krisen sei umso größer, je mehr Forschung in einem Land betrieben werde. Mit dem neuen Gesetz gebe die Politik die großen Linien vor, mische sich aber nicht in die Details von Forschungsprogrammen oder gar von einzelnen Projekten ein. Geplant ist Schramböck zufolge auch, zusätzliche Forschungsaktivitäten aus dem Ausland nach Österreich zu holen.

 

Ausländisches Engagement in Österreich eher zurückhalten soll dagegen das von Schramböck verantwortete Investitionsschutzgesetz, dessen Begutachtung am 12. Juni endete. Zur heftigen Kritik aus Wirtschaftskreisen an dem Entwurf sagte Schramböck gegenüber dem Chemiereport, letztlich gehe es um „Vorgaben der EU, die wir umsetzen müssen“. Ohnehin sei der Entwurf weniger streng als beispielsweise die einschlägigen Bestimmungen in Deutschland. Und schließlich gelte es, in Bezug auf die im Gesetz thematisierten Investitionsvorhaben die „Naivität“ aufzugeben, die die EU-Kommission bis dato an den Tag gelegt habe.

 

 

 

Chemieindustrie: Einigung über Kollektivvertrag

Die Beschäftigten erhalten um 1,6 Prozent mehr Lohn bzw. Gehalt und 150 Euro Einmalprämie. Gefordert hatten die Gewerkschaften ein Plus von 2,8 Prozent.

 

In der fünften Verhandlungsrunde einigten sich der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) sowie die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) und die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) auf einen neuen Kollektivvertrag. Das teilte der FCIO per Aussendung mit. Dieser zufolge steigen die Löhne und Gehälter um 1,6 Prozent, überdies erhalten alle Beschäftigten eine steuerfreie Einmalprämie von 150 Euro. Unternehmen, die nicht von der COVID-19-Pandemie betroffen sind, wird empfohlen, höhere Prämien zu bezahlen. Der neue Vertrag gilt rückwirkend ab 1. Mai zwölf Monate lang. Treibacher-Vorstand Rainer Schmidtmayer, der Chefverhandler des FCIO, konstatierte, die knapp über der Inflation von 1,57 Prozent liegende Lohn- und Gehaltserhöhung „berücksichtigt die schwierigen Bedingungen“, erkenne aber auch die Leistungen der Beschäftigten an.

 

Seitens der Gewerkschaften liegt bis dato keine Stellungnahme vor. Sie hatten ein Plus von 2,8 Prozent gefordert und die ursprünglich angebotene bloße Inflationsabgeltung von 1,57 als „Verhöhnung“ kritisiert. Außerdem hatten sie den Verhandlungsstil der Arbeitgeber „empörend“ genannt und vom „Versuch, vollendete Tatsachen zu diktieren“, gesprochen.

 

June 17th

„Achtung vor dem Virus nicht verlieren“

Die COVID-19-Pandemie ist noch keineswegs überstanden, warnten Gesundheitsminister Rudolf Anschober und der deutsche Virologe Christian Drosten bei einer Pressekonferenz. Laut Anschober lässt das Risikobewusstsein der österreichischen Bevölkerung nach.

 

 

Die COVID-19-Pandemie „ist absolut noch nicht vorbei“, warnte Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober am 17. Juni bei einer Pressekonferenz mit dem deutschen Virologen Christian Drosten von der Charité Berlin. Es gelte, dafür zu sorgen, „dass wir für die kommenden Herausforderungen besser aufgestellt sind als für die 1. Welle“. Die bisherigen Lockerungsschritte nach dem „Lock-down“ am 16. März hätten nicht zu einem Wiederanstieg der Infektionszahlen geführt. Aktuell seien in Österreich 417 Personen an COVID-19 erkrankt. Vom 16. auf den 17. Juni hätten die Labors bei rund 8.000 Tests lediglich 14 Neuerkrankungen festgestellt, was einer Steigerung um rund 0,2 Prozent entspricht. Vor drei Monaten belief sich der tägliche Anstieg dem gegenüber um bis zu 54 %, konstatierte Anschober. Bisher habe die Bevölkerung die seitens der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen gut mitgetragen und „eine großartige Solidarität“ bewiesen: „Leider lässt das Risikobewusstsein jetzt nach. Die Sache ist noch nicht gegessen und abgehakt.“

 

„Wir können die 2. Welle verhindern“

 

Dies betonte auch der online zugeschaltete Drosten: „Wir dürfen die Achtung vor dem Virus nicht verlieren.“ Derzeit seien die Infektionszahlen so niedrig, dass sie niemandem mehr auffielen. Aber das könne sich rasch ändern, etwa, wenn im Herbst die Schulen wieder geöffnet werden. Eine Schule mit 1.000 Schülern in einer Kleinstadt könne zum Ausgangspunkt für hunderte Infektionen werden. Grundsätzlich sei es durchaus möglich, die immer wieder thematisierte „2. Welle“ von COVID-19 zu verhindern: „Aber wir müssen etwas tun.“ Unter anderem gelte es, die Abstandsregeln weiter einzuhalten und den Menschen die Notwendigkeit von Eindämmungsmaßnahmen zu kommunizieren: „Wir sehen nämlich, dass jene Teile der Gesellschaft, die kommunikativ schlechter erreichbar sind, eher zum Opfer des Virus werden.“

Und niemand könne ausschließen, dass es in der zweiten Jahreshälfte erneut zu einem exponenziellen Anstieg der Erkrankungen komme: „Wir sind ein Stück weit blind, was die Entwicklungen in der Gesellschaft betrifft. Vielleicht sind wir bereits auf der ansteigenden Flanke der 2. Welle. Daher dürfen wir nicht nachlässig werden.“ Es gebe einen „Point of no return“, ab dem die Infektionszahlen wieder exponenziell in die Höhe gehen: „Zu diesem Punkt dürfen wir nicht zurück.“

Zurückhaltend äußerte sich der Virologe zu dem Medikament Dexamethason, das die Weltgesundheitsorganisation WHO als „Durchbruch“ bezeichnet hatte. Drosten zufolge ist dieses lediglich für die Behandlung schwer Erkrankter geeignet, doch auf die Intensivstation wolle ja niemand: „Wirklich helfen würde ein Impfstoff. Alles andere sind Behelfsmaßnahmen.“

Lob zollte Drosten den Gesundheitsbehörden: Diese seien personalseitig „nicht gerade luxuriös“ ausgestattet. Was sie bisher geleistet hätten, müsse als „heroisch“ bezeichnet werden.

 

Prognostisch gut aufgestellt 

 

Vor übertriebenem Optimismus warnte auch Elisabeth Puchhammer, Virologin an der MedUni Wien. Im Herbst sei mit einem Anstieg respiratorischer Krankheiten zu rechnen. Bei einem gleichzeitigen Wiederaufflammen von COVID-19 könne dies zu einer erheblichen Herausforderung werden.

Allerdings ist Österreich zumindest prognostisch gut aufgestellt, betonte Herwig Ostermann, der Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH. Mit den verfügbaren Modellen sei es möglich, die Entwicklung der jeweils nächsten 14 Tage auf Bundes- und Länderebene mit hoher Wahrscheinlichkeit zuverlässig abzuschätzen: „Das gibt uns eine gute Planungssicherheit.“

 

Testen und screenen 

 

Laut Anschober erfolgt nunmehr eine umfassende wissenschaftliche Evaluierung der bisher gesetzten Maßnahmen und ihrer Auswirkungen. Für die kommenden Monate geplant sei ein „breites Test- und Screeningprogramm in zusätzlichen Zielbereichen, wo wir Risiken sehen“. Dabei handle es sich nicht zuletzt um Bevölkerungsgruppen „mit prekären Lebens- und Wohnsituationen“, präzisierte der Minister auf Nachfrage des Chemiereports.

Ausdrücklich betonte Anschober, die Regierung wolle eine 2. Welle und einen damit verbundenen neuerlichen „Lock-down“ mit allen Kräften hintanhalten. Notwendig werden könne jedoch ein „präzises regionales Nachjustieren“. Gemeint ist damit das „Überprüfen bisheriger Lockerungsmaßnahmen“, etwa des weitgehenden Entfalls der Verpflichtung zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes.

 

 

 

June 12th

DSM kauft Großteil der Erber-Gruppe

Der niederländische Chemie- und Life-Sciences-Konzern DSM übernimmt mit Biomin und Romer Labs die Kernunternehmen der Erber Group um 980 Millionen Euro.

Gerüchte darüber, dass die Gründerfamilie der Erber-Gruppe Interesse an einem Verkauf habe, gab es schon seit einigen Monaten. Nun hat man eine Einigung erzielt: Der niederländische Konzern DSM übernimmt die beiden Sparten Biomin und Romer Labs, die zusammen 93 Prozent des Umsatzes der Gruppe ausmachen, um 980 Millionen Euro. Biomin, das Herzstück der Gruppe, hat sich weltweit mit Futtermitteladditiven einen Namen gemacht, die der Mykotoxin-Belastung von Nutztieren entgegenwirken. Romer Labs ist auf Analytik-Lösungen für Mykotoxine, Allergene und andere Lebensmittelpathogene spezialisiert. Zusammen machen die beiden Unternehmen einen Umsatz von rund 330 Millionen Euro, der Kaufpreis entspricht dem 14-fachen des im (bis September laufenden) Geschäftsjahr 2020 erwirtschafteten EBITDA. Die Transaktion bedarf noch der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden und soll bis Ende 2020 abgeschlossen sein.

Nicht Teil des Verkaufs sind die Unternehmensbereiche Sanphar (einem 2007 erworbenen Anbieter von Tiergesundheits-Produkten) und Erber Future Business, einem „In-house-Inkubator“, in dem der Aufbau zukünftiger Geschäftsfelder, vor allem im biologischen Pflanzenschutz sowie auf den Feldern Impfstoffe und Enzyme, gebündelt sind.

DSM sieht, einer Aussendung zufolge, in der Akquisition die Chance, als Weltmarktführer in den Markt für Mykotoxin-Risikomanagement einzusteigen und eine bedeutende Position auf dem rasch wachsenden Eubiotik-Markt (der antibiotikafreien Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Darmgesundheit von Tieren) einzunehmen. Das globale Netzwerk, das DSM für Kunden aus dem Lebensmittel-, Getränke- und Futtermittelbereich aufgebaut hat, soll „von der Expertise von Romer Labs und dem datenbasierten Qualitätssicherungsangebot der gesamten Gruppe profitieren“, wie es heißt. Übernommen werden weltweit rund 1.200 Mitarbeiter. In Österreich ist unter anderem die bisherig Unternehmenszentrale (In Getzersdorf nahe Herzogenburg) sowie das Forschungs-Headquarter (in Tulln) angesiedelt.

 

Über DSM

Royal DSM ging aus dem bis 1989 staatlichen niederländischen Chemie- und Bergbaukonzern hervor. Nach Verkauf der Erdölsparte an Sabic und Zukauf mehrerer Unternehmen aus dem Nahrungsergänzungsmittel-Bereich ist es heute vor allem auf den Gebiet Human- und Tierernährung, Körperpflegeprodukte, Aromen, Kunststoffe, Fasern und Harze tätig. In Österreich war DSM bis 2014 am Chemiepark Linz mit einem Produktionsstandort vertreten, als die dort ansässige Feinchemie-Produktion mit dem Unternehmen Patheon fusionierte, das mittlerweile Teil des Thermo-Fisher-Konzerns ist.

 

Über die Erber Group

Das Unternehmen wurde 1983 als „Erber KG“ von Erich und Margarete Erber in Pottenbrunn (Niederösterreich) gegründet und später in Biomin unbenannt. Das daraus hervorgegangene Geschäft mit Futtermitteladditiven bildet bis heute den Kern der Unternehmensgruppe, die in mehr als 130 Ländern vertreten und nach wie vor in Familienhand ist.

June 10th

Chemieindustrie: Streit um Kollektivvertrag

Die Arbeitgeber nennen die Forderungen der Gewerkschaften „völlig überzogen“, diese wiederum bezeichnen das Angebot der Unternehmer als „Verhöhnung“.

 

Nach wie vor gibt es keine Einigung über den neuen Kollektivvertrag für die Beschäftigten der österreichischen Chemieindustrie. Auch die vierte Verhandlungsrunde endete ergebnislos, berichteten der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) und die Gewerkschaften PRO-GE sowie GPA-djp übereinstimmend. Der FCIO bezeichnet die Forderung der Arbeitnehmer einer Lohn- und Gehaltserhöhung um 2,8 Prozent als „völlig überzogen“. Die Gewerkschaften ihrerseits sprechen angesichts des Angebots der Arbeitgeber in Höhe der Inflationsrate von 1,57 Prozent von einer „Verhöhnung“.

 

Rainer Schmidtmayer, der Verhandlungsführer der Arbeitgeber und Vorstand der Treibacher Industrie AG, konstatierte, er verstehe „Handlungsweise der Gewerkschaften nicht. Wir befinden uns in einer der schwersten Wirtschaftskrisen, die Österreich je gesehen hat. Bei allen anderen Verhandlungen haben die Gewerkschaften in dieser schwierigen Zeit angemessene Abschlüsse zum Wohl aller Beschäftigten und Betriebe mit den Arbeitgebern getroffen, die weit entfernt von den bei uns geforderten Lohnerhöhungen in Höhe von 2,8 Prozent liegen, trotz ähnlicher Rahmenbedingungen“. Er ventilierte die Idee einer Kombination aus einer „angemessenen Lohnerhöhung und Bonuszahlungen“. Damit wäre seiner Ansicht nach „ein verantwortungsvoller, standortsichernder Abschluss möglich“.

 

Die Gewerkschafter Alfred Artmäuer (PRO-GE) und Günther Gallistl (GPA-djp) dagegen argumentierten, Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer progagiere „im ganzen Land Konsum und Geldausgeben“. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen jedoch wollten die Arbeitgeber den Arbeitnehmern „nicht einmal einen realen Einkommenszuwachs gewähren, obwohl die letzten Jahre die Branche außerordentlich gut verdient hat“. Außerdem sei der Verhandlungsstil der Arbeitgeber „empörend“: „Das hat nichts mit sozialpartnerschaftlicher Verhandlungskultur auf Augenhöhe zu tun, sondern ist der Versuch, vollendete Tatsachen zu diktieren. Wir werden jetzt die Beschäftigten informieren und weitere Aktionen auf betrieblicher Ebene bis hin zum Streik durchführen.“ Der ÖGB habe die Streikfreigabe „bereits erteilt“.

 

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