Archive - Mär 10, 2007

Managing Diseases? Managing Health!

Anlässlich des Wiener Radiologenkongresses <a href=http://www.ecr.org>ECR</a> diskutierte eine hochrangig besetzte Expertenrunde mit NIH-Chef Elias Zerhouni die Trends der medizinischen Forschung und Praxis. Ganz oben auf der To-do-Liste stehen: Die Personalisierung der Behandlung, Molecular Imaging und die Ausnutzung der weltweiten Rechenkraft. <% image name="Elias_Zerhouni" %><p> <small> Elias Zerhouni: "Durchschnittlich geben wir heute pro Person und Jahr 7.100 $ für die Behandlung von Erkrankungen aus. Die biomedizinische Forschung alleine wird das Problem der steigenden Gesundheitsausgaben nicht lösen, aber sie wird einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten können." © Wustinger </small> Elias Zerhouni hält als Präsident der National Institutes of Health (<a href=http://www.nih.gov>NIH</a>) den Vorsitz über 6.000 Wissenschaftler an den eigenen NIH-Labors und ein Budget von 28,6 Mrd $, das zu 83 % in rund 50.000 Forschungsprojekte an rund 3.000 Universitäten in und außerhalb der USA verwendet wird. Für ihn ist klar: "Medizin wird zunehmend zu teuer." Denn: "Die Medizin kommt in der Regel viel zu spät zum Patienten - die Herausforderung der nächsten Jahre wird es sein, die kurative in eine personalisierte Medizin zu verwandeln." <b>Chronische Kosten.</b> Die Krankheitslast verschiebe sich immer mehr von akuten hin zu chronischen Erkrankungen - "in den USA sind chronische Krankheiten bereits für 75 % der Gesundheitskosten - 2.000 Mrd $ oder 16 % des BIP - verantwortlich, bei steigender Tendenz". Tiefgreifende Lebensstilveränderungen führen zu einer epidemischen Verbreitung von Adipositas und den damit verbundenen Beschwerden wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen oder Erkrankungen des Bewegungsapparates. Und die Last dieser Erkrankungen ist in der Bevölkerung überaus ungleich verteilt. <b>Personalisierung.</b> Generell seien die Gesundheitssysteme, die Krankheiten erst zu einem späten Zeitpunkt und auf episodischer Basis behandeln, à la longue nicht mehr zu finanzieren. Daher sei eine Transformation der Medizin angesagt: "Von der oft zu späten Intervention im Krankheitsverlauf hin zu einer Ära, in der die Medizin zunehmend in der Lage sein wird, Erkrankungen vorherzusagen, präventiv einzugreifen und personalisiert zu behandeln. Das alles, weil wir immer besser die fundamentalen Mechanismen verstehen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, Jahre bevor diese überhaupt auftreten." Bereits heute seien "rund 500 genetische Tests verfügbar", wobei im Rahmen der "New Born Screenings" in den USA 30 dieser Gen-Signaturen auch tatsächlich in der klinischen Praxis eingesetzt werden - "bei jenen Erbkrankheiten, wo es derzeit auch eine Therapieoption gibt". "Wir haben derzeit rund 2.000 verschiedene Genome durchsucht - auf Basis dieser Forschung wissen wir heute, dass viele der besonders häufigen Krankheiten still beginnen, Jahre bevor sie bei den Betroffenen erkennbare Schäden anrichten. Mit entsprechenden Biomarkern ist das damit verbundene Risiko vorhersehbar." <b>Biomarker.</b> 2006 ist es mit diesem Ansatz gelungen, genetische Veränderungen zu identifizieren, mit deren Hilfe sich die Prädisposition für eine spätere Makula-Degeneration vorhersehen lässt. Für die Früherkennung konnte das NIH darüber hinaus einen Marker für die Früherkennung von Prostatakrebs entwickeln sowie ein neues Gen identifizieren, das mit der Entstehung von Alzheimer in Verbindung gebracht wird. Zudem konnte eine mögliche genetische Prädisposition für Alkoholabhängigkeit ausgemacht werden. Philippe Grenier von der Pariser Université Pierre et Marie Curie präzisiert: "Wir setzen künftig bereits am Beginn eines schädlichen Metabolismus an und brechen ihn nach Maßgabe ab. Die Imaging-Guidance - die in-vivo Bildgebung - ist hier entscheidend für beispielsweise das hochpräzise Zerstören eines Tumors ebenso wie für die Früherkennung von Langzeiterkrankungen." <% image name="Hojgaard" %><p> <small> Liselotte Hojgaard: "EU-Forschung ist immer noch viel zu fragmentiert." </small> <b>Rechenkraft.</b> Die genombasierte Forschung sei insbesondere durch die enorme "Computational Power" um ein Vielfaches billiger und damit auch effizienter geworden. Liselotte Hojgaard, Chair of the Committee for the <a href=http://www.esf.org/esf_genericpage.php?language=0&section=2&domain=2&genericpage=136>European Medical Research Council</a>, erinnert in diesem Zusammenhang: "Microsoft prophezeit für 2020, dass die Computer-Wissenschaft dann für die Biologie das sein wird, was die Mathematik für die Physik gewesen ist." Jetzt gelte es, diese in einer - global gewordenen - Forschungscommunity bestmöglich auszunützen. Und zwar "in multidisziplinären Teams", sagt William R. Brody, Präsident der <a href=http://www.jhu.edu>Johns Hopkins University</a>. Längst sei die Grundlagenforschung keine rein amerikanische Angelegenheit mehr: "Mittlerweile stellen ausländische Studierende fast die Hälfte der Doktoranden in technischen Fächern oder im Bereich der Computerwissenschaften an amerikanischen Universitäten." US-Universitäten seien daher bereits dem gleichen Druck ausgesetzt, Talente anzulocken, wie überall sonst auf der Erde ebenso. Hojgaard sieht die US-Forschung nichtsdestotrotz deutlich vor jener in Europa: "In Europa stehen weniger Forschungsmittel zur Verfügung als in den USA und darüber hinaus ist hier die Forschungsförderung häufig unkoordiniert und fragmentiert." Zum Vergleich: Während in den USA 55 % der öffentlichen Forschungsgelder in Life Sciences und Medizin fließen, liegt dieser Anteil in Europa nur bei 30 %. Pro 100.000 Einwohner werden in den USA 809 wissenschaftliche Publikationen pro Jahr generiert, in Europa sind es indessen nur 639. <% image name="Golding" %><p> <small> Stephen J. Golding : "Forschung nur an Papers zu messen, führt auch in die Irre." </small> Allerdings ist dieser Vergleich mit Vorsicht zu genießen, wie Stephen J. Golding von der University of Oxford ausführt: "Im angelsächsischen Raum werden junge Forscher alle drei Jahre evaluiert - anhand ihrer Papers. Manche Forscher generieren aber erst nach 10 Jahren ihre besten Gedanken: Die sture Fokussierung ist - bei allen Vorzügen der angelsächsischen Forschung - sicherlich das große Manko." Managing Diseases? Managing Health!