Archive - Okt 27, 2016

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Mit CETA kein Problem

Vom bloßen Volumen her sind weder der kanadische noch der US-amerikanische Markt für die österreichische Chemieindustrie allzu bedeutend: Die Importe aus Kanada liegen bei gerade einmal 30 Millionen Euro pro Jahr. Die Ausfuhren sind mit 95,7 Millionen Euro zwar gut drei Mal so groß, machen aber nur rund 0,5 Prozent der gesamten Exporte der heimischen Chemieindustrie aus. Die USA sind immerhin der viertgrößte Handelspartner. Doch die Ausfuhren dorthin belaufen sich auf lediglich 5,7 Prozent der gesamten Exporte der Branche. Nicht berücksichtigt ist dabei allerdings: Die Chemiebranche beliefert auch Firmen in anderen Sektoren wie etwa der Automobilbranche, die ihrerseits nach Übersee exportieren. Daher sollte der wirtschaftliche Stellenwert der geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA, Comprehensive Economic and Trade Agreement) und den USA (TTIP, Transatlantic Trade and Investment Partnership) nicht unterschätzt werden, erläutert Sylvia Hofinger, die Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Wichtiger noch ist ihr zufolge indessen ein anderer Punkt: Die europäische Chemieindustrie hat in den vergangenen Jahren global an Boden verloren und ist nicht mehr die Nummer 1. Diesen Platz haben nunmehr die Chinesen inne. Ein Verbund mit Kanada und insbesondere den USA bedeutet für die europäischen Unternehmen bessere Voraussetzungen, am Wachstum des globalen Chemiemarkts teilzuhaben.

 

Sogenannter „Freihandel“ also als Mittel, um die nicht nur ökonomische Hegemonie des Westens zu zementieren? So will Hofinger die Angelegenheit nicht interpretiert wissen. Es gehe einfach darum, grundlegende gemeinsame Rahmenbedingungen für die wirtschaftliches Zusammenarbeit und deren Weiterentwicklung festzulegen. „Und gerade weil es uns ein Anliegen ist, unsere hohen Umwelt- und Sozialstandards zu erhalten, bietet sich ein Vertragsabschluss mit den USA und Kanada eher an als mit China“, konstatiert Hofinger.

 

CETA als Sonderfall

 

Laut Thomas Jakl, dem Leiter der Abteilung V / 5 Chemiepolitik und Biozide im Umweltministerium, ist CETA ein „Sonderfall, weil wir auf europäischer Ebene schon seit Jahren mit den Kanadiern intensivst kooperieren“. Nahezu gleichzeitig mit der Einführung des Chemikalienmanagementsystems REACH in der EU initiierten die Kanadier ihren Chemical Management Plan, wobei die Behörden für Umweltschutz und für Gesundheitsschutz engstens zusammenarbeiteten. Jakl zufolge folgt dieser Plan einem sehr ähnlichen Ansatz wie REACH: Datenerfassung der auf dem Markt befindlichen Chemikalien, Priorisierung der besonders hochvolumigen und der besonders bedenklichen Stoffe sowie darauf aufbauendes gezieltes Risikomanagement: „Grob gesprochen, ist das eine Blaupause von REACH mit einem etwas anderen Zugang“.

 

Aufgrund der bisherigen Erfahrung ist laut Jakl daher nicht zu erwarten, dass die intensivere Zusammenarbeit mit Kanada im Rahmen von CETA „zu einem Hemmschuh für die Weiterentwicklung des europäischen Chemikalienrechts wird“. Der geplante verstärkte Austausch zwischen den Regulierungsbehörden werde sogar eher eine Bereicherung darstellen. Kanada habe sich auch niemals dagegen gesträubt, wenn die Europäer das Vorsorgeprinzip in internationalen Abkommen zur Verbesserung der Chemikaliensicherheit verankern wollten. Im Gegenteil würden dessen Vorteile keineswegs gering geschätzt.

 

BASF mit weniger Umsatz und EBIT

Mit der heutigen Bekanntgabe der Ergebnisse des dritten Quartals 2016 bestätigte der deutsche Chemiekonzern BASF im Wesentlichen seine Vorausmeldung vom 11. Oktober. Wie gemeldet, sank der Umsatz im Vergleich zum dritten Quartal 2015 um etwa 20 Prozent auf 14,0 Milliarden Euro. Um rund 22 Prozent vermindert hat sich das EBIT, das bei 1,5 Milliarden Euro lag. Das Management um Vorstandschef Kurt Bock begründet dies mit dem Tausch von Vermögenswerten mit dem russländischen Erdgaskonzern Gazprom, der per 30. September 2015 erfolgte. Die BASF übertrug der Gazprom ihr Gashandels- und Speichergeschäft und erhielt im Gegenzug Anteil von 25,01 Prozent an den Blöcken IV und V der Achimov-Formation im westsibirischen Urengoj-Gasfeld. Laut BASF hatte das Gashandels- und Gasspeichergeschäft rund 2,9 Milliarden Euro an Umsatz gebracht, die nun ausfielen. Ferner verminderten die gesunkenen Rohstoffpreise die Erträge von BASF.

 

Laut Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel erwartet das BASF-Management für das Gesamtjahr 2016 „weiterhin ein EBIT vor Sondereinflüssen, das leicht unter dem Wert von 2015 liegen wird“. Dies sei ein „anspruchsvolles Ziel“, sowohl wegen des „derzeitigen volatilen und herausfordernden Umfeld“ als auch wegen des Brandes am Stammsitz in Ludwigshafen am 17. Oktober. Arbeiten an einer Rohrleitung führten zu einer Explosion, bei der drei Personen getötet und acht schwer verletzt wurden. Durch den Unfall wurde die Rohstoffversorgung des Steamcrackers II unterbrochen, einer der wichtigsten Anlagen von BASF. Wirtschaftlich betrachtet, werden die damit verbundenen „Einschränkungen in Logistik und Versorgung das Ergebnis des Geschäftsjahres 2016 belasten“, heißt es im Quartalsbericht. Dies führe indessen „nicht zu einer Änderung des Ausblicks“.

 

Bayer meldet „erfolgreiches“ drittes Quartal

Bayer erwirtschaftete im dritten Quartal 2016 einen Konzernumsatz von rund 11,3 Milliarden Euro, verglichen mit dem dritten Quartal 2015 ein währungs- und portfoliobereinigtes Plus von 3,5 Prozent. Das EBITDA vor Sondereinflüssen wuchs um 6,0 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro, das EBIT um 14,2 Prozent auf 1,8 Milliarden. Das Konzernergebnis beziffert Bayer mit 1,2 Milliarden Euro, um 18,8 Prozent mehr als im dritten Quartal 2015. Vorstandschef Werner Baumann sprach von einem „operativ sehr erfolgreichen“ Quartal.

 

So wuchs der Umsatz im Geschäft mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln (Pharmaceuticals) um 7,3 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro, das EBITDA vor Sondereffekten erhöhte sich um 13,4 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Dem gegenüber stagnierte der Umsatz im Bereich der rezeptfreien Medikamente (Consumer Health) bei 1,4 Milliarden Euro, das EBITDA vor Sondereffekten sank um 3,5 Prozent auf Millionen Euro. Im Agrargeschäft (Crop Science) schrumpfte der Umsatz um 1,2 Prozent auf 2,05 Milliarden Euro, das EBITDA vor Sondereinflüssen stieg um 0,6 Prozent auf 318 Millionen Euro. Laut Baumann war Bayer im Bereich Crop Science „in einem weiterhin schwierigen Marktumfeld erfolgreich“. Im Tiergesundheitsgeschäft (Animal Health) verzeichnete der Konzern ein Umsatzplus von 0,8 Prozent auf 360 Millionen Euro und einen EBITDA-Anstieg vor Sondereinflüssen um 6,0 Prozent auf 89 Millionen Euro. Covestro, der ehemalige Bereich Material Sciences, meldete einen stagnierenden Umsatz von rund 3,0 Milliarden Euro, jedoch ein um 19,5 Prozent auf 564 (472) Millionen Euro gestiegenes EBITDA vor Sondereffekten.

 

Am Ausblick für das Gesamtjahr hielt Baumann fest: Der Umsatz werde bei rund 46 bis 47 Milliarden Euro liegen und damit „im unteren einstelligen Prozentbereich“ wachsen. Als „bedeutenden strategischen Meilenstein“ bezeichnete der Bayer-Chef die Ankündigung, den US-Agrarkonzern Monsanto um rund 58,7 Milliarden Euro zu übernehmen: „Wir schaffen damit ein führendes Unternehmen in der Agrarwirtschaft und festigen zugleich unsere führende Position als Life-Science-Unternehmen“. Allerdings ist die Transaktion umstritten. Die Kosten sowie die erwarteten regulatorischen Hürden gelten als hoch. Ferner stieß die Neuzulassung des von Monsanto erzeugten Pflanzenschutzmittels Glyphosat in der EU auf heftigen Widerstand.