Archive - Feb 2016

February 26th

BASF-Bilanz 2015: „Herausforderndes Marktumfeld“

BASF hatte 2015 mit sinkenden Umsätzen aufgrund fallender Verkaufspreise zu kämpfen. Das Ergebnis wurde vor allem durch das Öl- und Gasgeschäft belastet. Vorstandsvorsitzender Kurt Bock sprach von einem  „herausfordenden Marktumfeld“.

 

Vor dem Hintergrund einer Weltwirtschafts-Dynamik, die hinter den Erwartungen des Unternehmens zurückblieb, präsentierte BASF eine Bilanz 2015, die einen Rückgang der Umsätze um 5 Prozent auf 70,4 Milliarden Euro ausweist. Sinkende Verkaufspreise (über alle Bereich hinweg minus 9 Prozent) aufgrund des niedrigen Preisniveaus für petrochemische Rohstoffe konnten auch durch einen um 3 Prozent gesteigerten Absatz nicht wettgemacht werden – zumal diese hauptsächlich im Segment Öl und Gas erzielt wurden, während die Mengen im Chemiegeschäft nahezu konstant blieben. Lediglich in der Agrarchemie konnten steigende Mengen und Preise erzielt werden. Der Umsatz wurde darüber hinaus durch Portfoliomaßnahmen wie den Tausch von Vermögenswerten mit der Gazprom verringert.

Auch das EBIT vor Sondereinflüssen lag mit 6,7 Milliarden Euro um 618 Millionen Euro unter dem Wert des Vorjahres – auch hier war der ölpreisbedingte Umsatzrückgang aus der Öl- und Gasförderung ein Hauptfaktor. Das Ergebnis im Segment Functional Materials & Solutions konnte dagegen signifikant gesteigert werden.

 

 

 

 

 

Vollständige Sequenzierung des Genoms der Gartenbohne

Mit der vollständigen Sequenzierung des Genoms einer Varietät der Gartenbohne sind nun die genetischen Ressourcen einer weiteren Kulturpflanze bekannt. An dem Forschungsprogramm waren auch Wissenschaftler der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) beteiligt.

 

Die Züchtung von ertragreichen und widerstandsfähigen Kulturpflanzensorten baut heute in erheblichem Maße auf die Kenntnisse der bei der betreffenden Art vorhandenen genetischen Ressourcen auf. Die vollständige Sequenzierung des Genoms einer solchen Pflanze erweitert die Möglichkeiten daher enorm. Einem internationalen Wissenschaftsverbund, geleitet von Alfredo Herrera-Estrella vom Laboratorio Nacional de Genómica para la Biodiversidad im mexikanischen Irapuato und von Roderic Guigó und Toni Gabaldón vom Center for Genomic Regulation in Barcelona ist dies nun für eine Varietät der Gartenbohne (Phaseolus vulgaris) gelungen – einer Pflanze, die bereits vor Jahrtausenden in Amerika domestiziert wurde. Am Zustandekommen der Ergebnisse, die in der Zeitschrift „Genome Biology“ veröffentlicht wurden, waren auch Heinz Himmelbauer und Juliane Dohm vom Department für Biotechnologie der BOKU beteiligt.

Zur Anwendung kamen dabei moderne Sequenzierungstechnologien ebenso wie bioinformatische Tools auf leistungsfähigen Rechnern, die zu Tage brachten, dass das Genom der Gartenbohne eine Größe von 620 Millionen Basenpaaren besitzt, unter denen 30.491 Gene identifiziert werden konnten.  Das Genom der Bohne besitzt somit nur ein Fünftel der Größe des menschlichen Erbguts, enthält aber um rund 50 Prozent mehr Gene. Zusätzlich konnten in der Studie die Aktivitätsmuster der identifizierten Gene (das Transkriptom) ermittelt werden. Mithilfe einer umfassenden Phylogenom-Analyse wurde der evolutionäre Ursprung der vorgefundenen genetischen Ressourcen beleuchtet.

 

 

 

Chemieindustrie: Umsatz sinkt um 2,9 Prozent

Ein Boom sieht wohl anders aus: Von 2014 auf 2015 erhöhte sich die Produktion der europäischen Chemieindustrie um gerade einmal 0,3 Prozent. Gleichzeitig sank der kumulierte Branchenumsatz um 2,9 Prozent, wozu nicht zuletzt die um 4,7 Prozent gefallenen Preise beitrugen, meldet der Branchenverband CEFIC in seinem aktuellen Chemical Trends Report.

 

Dennoch sieht der Verband auch positive Entwicklungen. So lag der Außenhandelsüberschuss im Zeitraum Jänner bis einschließlich Oktober 2015 bei rund 38,4 Milliarden Euro. Er war damit um zwei Milliarden Euro bzw. 5,2 Prozent höher als im Vergleichszeitraum 2014. Zufriedenstellend verliefen vor allem die Exporte in europäische Staaten außerhalb der EU. Allerdings brachen die Exporte in die Russländische Föderation um 15,8 Prozent bzw. 1,29 Milliarden Euro auf etwa 6,9 Milliarden Euro ein. Im Gegenzug gingen die Importe aus der Russländischen Föderation um 9,8 Prozent bzw. 675 Millionen Euro zurück. Gegenüber den drei asiatischen Wirtschaftsmächten China, Japan und Indien wurde ein Außenhandelsdefizit von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Weiter aufgeholt haben die USA, denen es gelang, ihr Defizit gegenüber der EU um rund drei Milliarden Euro auf 7,55 Milliarden Euro zu verringern.

 

Wenigstens einigermaßen zufrieden zeigt sich die CEFIC mit der Auslastung der Anlagen der Chemieindustrie. Ihr zufolge erhöhte sich diese vom dritten auf das vierte Quartal 2015 von rund 81 auf 82,2 Prozent. Mit diesen Werten lag sie nur 0,9 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 1995 bis einschließlich 2014. Der „Nachkrisenrekord“ von 2011, der bei etwa 85 Prozent lag, blieb allerdings außer Reichweite.

 

Österreich leicht im Minus

 

In Österreich verzeichnete die Chemieindustrie 2015 ein leichtes Umsatzminus, meldete der Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO) auf seiner Website. Wie es dort hieß, hatte das „erste Quartal des Jahres schon schwach begonnen, das zweite gab Anlass für Hoffnungen auf einen leichten Aufschwung, diese verflogen aber in den Folgequartalen wieder.“ Die Investitionen lagen 2015 um rund ein Fünftel unter denen des Jahres 2014. Für heuer werde aber wenigstens ein moderater Anstieg erwartet. Detaillierte Zahlen zur Branchenentwicklung im vergangenen Jahr werden voraussichtlich im April veröffentlicht, erfuhr der Chemiereport auf Anfrage.

 

 

 

 

February 25th

Dekkers‘ letzte Bilanz

Bayer weist in seiner Bilanz für 2015 Umsatz- und Ergebniswachstum aus. Nach der Umformung in einen Life-Sciences-Konzern übergibt Marijn Dekkers den Vorstandsvorsitz an Werner Baumann.

 

Bayer konnte im vergangenen Jahr den währungs- und portfoliobereinigten Konzernumsatz um 2,7 Prozent auf 46,3 Milliarden Euro, das EBIT um 15,8 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro steigern. In letzterem sind laut Aussagen von Vorstandsvorsitzendem Marijn Dekkers Sonderaufwendungen von 819 Millionen Euro enthalten, die sich im Wesentlichen aus der Konsolidierung von Produktionsstätten, der Integration erworbener Geschäfte und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Börsengang der Kunststoffsparte unter dem Namen Covestro zusammensetzen. In der Bilanz ist der ehemalige Teilkonzern aufgrund einer nach wie vor bestehenden Mehrheitsbeteiligung noch voll konsolidiert.

Zum Wachstum beigetragen hat vor allem das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, dessen Umsatz um 9,9 Prozent auf 13,7 Milliarden Euro gestiegen ist. Neue Medikamente wie der Blutgerinnungshemmer Xarelto, das Augenpräparat Eylea, die Krebsmittel Stivarga und Xofigo sowie Adempas gegen Lungenhochdruck erzielten davon bereits 4,2 Milliarden Euro.

 

Unternehmen und Vorstand umgebaut

Dekkers hat den Aufsichtsrat um die vorzeitige Beendigung seines Vertrags, der noch bis Ende 2016 gelaufen wäre, gebeten. Er verlässt mit Ende April ein Unternehmen, dem er in den vergangenen Jahren seinen Stempel aufgedrückt hat. Dekkers hat Bayer in ein auf Life Sciences fokussiertes Unternehmen umgeformt. Dem diente auch die Etablierung eines erweiterten Vorstands mit  operativer Verantwortung für die drei Divisionen Pharmaceuticals, Consumer Health und Crop Science. Die Akquisition und Integration des Consumer-Care-Geschäfts von Merck & Co hat diesem Bereich erst eine Größe verliehen, mit der das Unternehmen auf dem Weltmarkt mitspielen kann. 2015 wurden darüber hinaus des Diabetes-Geschäft an Panasonic Healthcare verkauft und das indische Gemüsesaatgut-Unternehmen Seedworks übernommen.

Dekkers wird ab Mitte April als Aufsichtsratsvorsitzender des Verbrauchsgüterkonzerns Unilever fungieren. Nachfolger Dekkers‘ als Vorstandsvorsitzender von Bayer wird Werner Baumann, der dem Vorstand bereits seit 2010 angehört. Baumann wurde 1962 in Krefeld geboren und trat nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften 1988 in die Bayer AG ein.

In seinen Ausführungen im Rahmen der Bilanzpressekonferenz kam Dekkers auch auf die Technologie-skeptische Stimmung in Europa zu sprechen. Der Manager rief dazu auf, Debatten um neue Technologien auf der Basis wissenschaftlicher Fakten zu führen. Erneut plädierte Dekkers für ein Überprüfen neuer regulatorischer Vorschriften auf ihre Folgen für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft.

 

 

Kernkraft: Kein Grund zu Panik

Selbst bei den schwersten möglichen Unfällen in den Kernkraftwerken im benachbarten Ausland sind akute gesundheitliche Auswirkungen auf Österreichs Bevölkerung auszuschließen. Auch sind in solchen Fällen keine Evakuierungen notwendig. Im Gegenteil wären diese sogar kontraproduktiv, weil sie unnötige Panik hervorrufen könnten. Das betonte Viktor Karg, der Leiter der Abteilung Strahlenschutz im Umweltministerium, heute bei einer Pressekonferenz in Wien. Wie Karg erläuterte, ist Österreich für Nuklearunfälle im Ausland und deren mögliche großräumige Auswirkungen gut gerüstet. Bereits in den 1980er Jahren wurde ein automatisches Strahlenmessnetz mit 300 Stationen im gesamten Bundesgebiet aufgebaut, das schon zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls in Tschernobyl am 26. April 1986 in Betrieb war und laufend modernisiert wurde. Heute ist das Netz, seinerzeit das erste der Welt, mit ähnlichen Systemen in ganz Europa verbunden. Die erhobenen Daten stehen online zur Verfügung und sind öffentlich zugänglich. In der Bundesstrahlenwarnzentrale am Wiener Donaukanal ist permanent ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst im Einsatz, der notfalls binnen Minuten auf einen Alarm reagieren kann. Um allenfalls nötige Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu setzen, haben die Behörden mindestens mehrere Stunden, mit höchster Wahrscheinlichkeit aber sogar mehrere Tage, Zeit.

 

Karg zufolge könnten Sofortmaßnahmen indessen nur bei sehr schweren Unfällen in einem grenznah gelegenen Kernkraftwerk erforderlich werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang etwa die Ausgabe von Iodtabletten sowie die Anweisung an die Bevölkerung, kurzfristig unnötigen Aufenthalt im Freien zu vermeiden. Iodtabletten dienen dazu, die Anreicherung radioaktiver Iod-Isotope, die bei sehr schweren Nuklearunfällen in die Atmosphäre gelangen können, in der Schilddrüse zu verhindern und damit das Entstehen von Schilddrüsenkrebs zu verhindern. Ausreichende Vorräte an Iodtabletten sind in Österreich verfügbar.

 

Bei geringer Betroffenheit Österreichs, wie diese etwa anlässlich des Unfalls von Tschernobyl gegeben war, können Maßnahmen zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit sinnvoll sein. Dies könnte etwa ein zeitweiliges Weideverbot für Milchkühe bedeuten.

 

Besserer Informationsaustausch

 

Infolge des Unfalls von Tschernobyl wurde auch der internationale Informationsaustausch über potenziell gefährliche Ereignisse in Kernkraftwerken maßgeblich verbessert. So gilt seit 1986 das Übereinkommen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) über die frühzeitige Benachrichtigung bei Störfällen. Ein Jahr später erfolgte die Entscheidung des Rates der damaligen Europäischen Gemeinschaften (EG), der heutigen EU, über den beschleunigten Informationsaustausch in Krisenfällen. Überdies schloss Österreich bilaterale Abkommen mit den die Kernenergie nutzenden Nachbarstaaten über den frühzeigigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes. Wie Andreas Molin, der Leiter der AbteilungI/6 „Allgemeine Koordination von Nuklearangelegenheiten“ im Umweltministerium dem Chemiereport erläuterte, stehen Österreich damit wesentliche Informationen erheblich rascher zur Verfügung, als dies sonst der Fall wäre. Somit können allfällige Schutzmaßnahmen schneller eingeleitet werden, was die Sicherheit der Bevölkerung weiter verbessert.

 

Karg ergänzte, das Umweltministerium sei im Zusammenhang mit eventuellen Nuklearunfällen auch für die Information der Bevölkerung zuständig - sowohl zur Vorinformation, um die Menschen auf einen Notfall vorzubereiten, als auch zur Information im Zuge der Bewältigung des Notfalls. Grund zur Aufregung gibt es laut Karg aber auch im schlimmsten denkbaren Fall nicht.

 

Keine Belastung durch Fukushima

 

Unterdessen legte das Umweltministerium in Zusammenarbeit mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) den Bericht „Fukushima - Auswirkungen des Kernkraftwerksunfalls“ vor. Wie es darin heißt, waren in Österreich keine wie immer gearteten Auswirkungen durch den von einem Seebeben und eine nachfolgende Flutwelle ausgelösten Unfall im Kraftwerk Fukushima Daiichi am 11. März 2011 nachweisbar. Ein noch so geringer Anstieg der Strahlung war nicht messbar. Die berechnete zusätzliche Strahlenbelastung der österreichischen Bevölkerung belief sich auf rund 100 Nanosievert. Das ist weniger als ein Zehntausendstel der natürlichen Belastung.

 

Weitere Informationen zum Strahlenschutz in Österreich sind unter www.strahlenschutz.gv.at verfügbar.

 

 

 

February 24th

Transparenz gefragt

Das öffentliche Gesundheitswesen für die Privatwirtschaft zu öffnen, den Betrieb von Spitälern an private Betreiber auszulagern, bei Ausschreibungen das Bestbieterprinzip anzuwenden, auf die Lebenszykluskosten von Produkten und Anlagen zu achten und im Erstattungskodex der Krankenkassen für Medikamente „Qualitätsaspekte“ zu berücksichtigen - das sind einige der Kernforderungen im Positionspapier „Zukunftsstrategien für die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie“. Erarbeitet wurde dieses von den Landesgruppen Niederösterreich, Wien und Burgenland der Industriellenvereinigung (IV) in Kooperation mit Austromed.

 

Bei einer Podiumsdiskussion über das Papier in Wien konstatierte die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, sie bekenne sich natürlich zum Bestbieterprinzip: „Aber wer ist der Bestbieter?“ Dies festzustellen, stoße auf erhebliche Schwierigkeiten. Wehsely plädierte daher für „mehr Transparenz“ auf seiten der Anbieter. Ihr zufolge wäre es grundsätzlich vernünftig, im Vorfeld von Ausschreibungen Gespräche mit potenziellen Anbietern zu führen, wofür eine bestimmte Anlage oder ein Produkt konkret benötigt werde und welche spezifischen Anforderungen es im jeweiligen Fall zu erfüllen gelte. Dies stoße jedoch auf enge rechtliche Grenzen und setze die Beteiligten überdies dem politischen Vorwurf der „Mauschelei“ aus.

 

Klar ist laut Wehsely, dass die Patienten so rasch wie möglich Zugang zu Innovationen haben müssen - sowohl, was Medizinprodukte, als auch, was neue Arzneien angeht. Allerdings sei die Pharmaindustrie aufgerufen, ihre Preisbildung transparenter als bisher zu gestalten: „Und dass die Pharmaindustrie am volkswirtschaftlichen Nutzen neuer Arzneien partizipiert, dafür habe ich null Verständnis.“ Gemeint ist damit das Argument der Pharmabranche, dass innovative Medikamente die Folgekosten im Gesundheitssystem senken, indem sie etwa kostspielige Operationen vermeiden, und daher höhere Preise für die betreffenden Arzneimittel gerechtfertigt sind. Wehsely zufolge ist die im Gang befindliche Überarbeitung des Erstattungskodex´ sinnvoll: „Wir müssen aber auf Augenhöhe reden und eine Antwort auf die Frage finden, was ein fairer Preis ist.“

 

Wenig abgewinnen konnte Wehsely der Forderung nach Privatisierungen im Gesundheitssystem. Sie räumte ein, dieses müsse effizienter werden. Aber: „Ich halte ein starkes öffentliches Gesundheitswesen für wichtig. Es gibt wenige, die sich so eine Versorgung, wie wir sie in Österreich haben, privat leisten könnten.“ Wehsely regte an, die Beitragsgrundlagen zu erhöhen und damit zusätzliche Einnahmen für das System zu erschließen: „Arbeitslose Einkünfte, etwa aus Aktienerträgen, tragen zur Finanzierung des Sozialsystems derzeit nichts bei.“ Das werde es über kurz oder lang nicht sein können.

 

Schrittweise Reformen

 

Für mehr Transparenz plädierte auch Ulrike Rabmer-Koller, seit Ende vergangenen Jahres Vorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (HV). Und auch sie sprach sich „prinzipiell“ für die Einführung des Bestbieterprinzips aus. Sie warnte allerdings vor den damit verbundenen höheren Anforderungen an die Ausschreibung von Produkten und Dienstleistungen: „Der Beschaffungsprozess wird damit auf jeden Fall komplexer.“

 

Nicht einfach zu lösen ist ihr zufolge auch die Frage der Erstattungskosten für innovative Arzneimittel. Der HV sei verpflichtet, die bestmöglichen Leistungen für die Patienten bereitzustellen, „und dabei spielen Innovationen natürlich eine große Rolle. Auf der anderen Seite müssen wir aber sorgsam mit den Beiträgen der Versicherten umgehen. Das ist immer wieder ein Spagat.“ Auch frage sich, ob jede von der Pharmaindustrie behauptete Innovation „wirklich eine ist.“ Den kürzlich abgeschlossenen Rahmen-Pharmavertrag bezeichnete Rabmer-Koller als „vernünftige Sache“. Er helfe dabei, festzustellen, welche Innovationen leistbar sind. Wichtig ist laut Rabmer-Koller, „die Menschen gesund zu erhalten. Wir müssen stärker auf Prävention setzen, um Heilungskosten zu sparen.“  Wie sie einräumte, bestehen auch im Bereich des HV einige „Baustellen“. So sei es nicht einfach, alte, möglicherweise obsolete, Leistungen aus dem Erstattungskodex zu entfernen. Und dass die Leistungen der Krankenkassen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sind, „ist leider so. Wir arbeiten daran, das auszugleichen.“ Doch gewachsene Strukturen ließen sich nun einmal nicht von heute auf morgen ändern: „Das geht nur schrittweise.“

 

Gefragt ist laut Rabmer-Koller mehr Zusammenarbeit und mehr Flexibilität aller Partner im Gesundheitssystem: „Zurzeit schauen die einzelnen Akteure noch zu sehr auf sich.“ Wehselys Wunsch nach Beitragserhöhungen erteilte die HV-Vorsitzende eine Absage: „Bevor wir darüber nachdenken, reden wir bitte über Effizienzsteigerungen.“

 

Europäischer Markt

 

Philipp von Lattorff, der Generaldirektor von Boehringer Ingelheim in Österreich, verwies darauf, dass der Pharmamarkt „ein europäischer Markt“ ist. Die Preise für innovative Arzneien lägen in Österreich unterhalb des EU-Durchschnitts. Aus diesem Grund komme es gelegentlich zu Knappheiten in der Versorgung, weil die Pharmaunternehmen für jedes Land nur bestimmte Kontingente erzeugten. Der Rahmen-Pharmavertrag ist laut Lattorff „fair“. Die heuer seitens der Pharmaindustrie zu bezahlenden 125 Millionen Euro „sind allerdings ein harter Brocken. Uns allein kostet das vier bis fünf Millionen Euro, und die müssen wir bei Forschung und Entwicklung einsparen.“

 

Wünschenswert wäre ihm zufolge eine „Life-Science-Milliarde“, eine Breitband-Milliarde gebe es ja schließlich auch. Und ganz schlecht sei es um den Pharmastandort Österreich nicht bestellt: Boehringer Ingelheim baue die Produktion in Wien bekanntlich um 500 Millionen Euro aus. Die Stadt Wien habe das Unternehmen „unglaublich unterstützt. Deshalb konnten wir uns gegen Deutschland, Singapur und Irland durchsetzen“, die ebenfalls im konzerninternen Rennen um die neue Fabrik waren.

 

Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber fügte hinzu, die Frage der „fairen Preise“ für Arzneimittel werde „schon ewig“ diskutiert. Die Preisbildung erfolge transparent, wie die Branche im Zusammenhang mit dem seinerzeit heftig diskutierten Hepatitis-C-Medikament Sovaldi bewiesen habe: „Die Unternehmen haben dazu umfangreiches Material auf den Tisch gelegt.“ Letzten Endes habe der HV die Kosten akzeptiert. Und, so stellte Huber klar: Die Kostensteigerungen bei den Medikamentenpreisen seien im vergangenen Jahr erheblich unter den vom HV ursprünglich kolportierten gelegen.

 

 

 

February 23rd

Lanxess: Modernisierung des Aromatenverbunds abgeschlossen

Der Spezialchemiekonzern Lanxess hat die Modernisierung seines Aromatenverbunds abgeschlossen, teilte das Unternehmen mit. Im Zuge eines dreijährigen Investitionsprogramms wurden Anlagen zur Herstellung von Nitrotoluolen, Chlorbenzolen sowie deren Folgeprodukten um insgesamt mehr als 20 Millionen Euro modernisiert. Die Effizienz erhöhte sich laut Lanxess deutlich. Auch die Sicherheitstechnik wurde „aktualisiert und nochmals deutlich verbessert“.


Der Aromatenverbund gehört zum Geschäftsbereich Advanced Industrial Intermediates (AII) des Konzerns. Er besteht aus sieben großen Produktionsbetrieben in Deutschland, in denen aus aromatischen Rohstoffen, vor allem Benzol und Toluol, über 60 Verbindungen synthetisiert werden. Dabei handet es sich insbesondere um Chlorbenzole, Nitrotoluole sowie deren Folgeprodukte. Sie kommen in einer Vielzahl von Industrien zum Einsatz und werden unter anderem zu Arznei- und Pflanzenschutzmitteln, Additiven für Kunststoffe und Kautschuk, Farben und Lacken, aber auch zu Flammschutzmitteln sowie Riech- und Aromastoffen weiterverarbeitet.

 

 

 

CO2-Abscheidung mit flüssigen Aminen

An der <a href=https://www.tuwien.ac.at target=“_blank“>TU Wien</a> wird ein neues Verfahren zur Abscheidung von CO2 aus Abgasen entwickelt. Dabei kommen flüssige Amine in einem Wirbelschichtverfahren zum Einsatz.

 

CO2 könnte als Rohstoff zukünftiger industrieller Prozesse dienen. Schon heute dient die gasförmige Verbindung dazu, das Pflanzenwachstum in Glashäusern zu verbessern. Die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen pflanzlichen Ursprung könnte den Bedarf anwachsen lassen. Ebenso arbeitet man daran, CO2 mithilfe geeigneter Katalysatoren als Baustein für die industrielle organische Synthese zu nutzen (etwa im Projekt <a href=http://www.ltt.rwth-aachen.de/forschung/energiesystemtechnik/energiesystemtechnik/project/Dream_Production_Technische target=“_blank“>„Dream Production“</a>, an dem die RWTH Aaachen gemeinsam mit einem Industriekonsortium forscht). Andererseits entweicht CO2 bei vielen Verbrennungsprozessen ungehindert in die Atmosphäre und reichert sich dort an.

Am  Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und  technische Biowissenschaften der TU Wien arbeitet man im Rahmen eines Forschungsprojekts an einem neuen Verfahren, mit dem CO2 aus Abgasen, etwa von Wärmekraftwerken, abgeschieden werden kann. Bisher kommen dafür vor allem wässrige Aminlösungen als „Waschmittel“ zum Einsatz, aus denen das Kohlendioxid aber mit hohem Energieeinsatz wieder abgetrennt werden muss.

Gerhard Schöny von der TU Wien hat gemeinsam mit Partnern von der Universität für Bodenkultur, Shell und anderen ein Verfahren entwickelt, bei dem flüssige Amine zum Einsatz kommen, die in einem Wirbelschichtsystem auf die Oberfläche hochporöser Partikel aufgebracht werden. Auf diese Weise  soll ein energieeffizienteres CO2-Abscheidesystem mit kompakterer Bauweise entstehen. Erste Tests im Labormaßstab waren bereits erfolgreich, nun soll an dem von Wien Energie betriebenen Kraftwerk Simmering der Einsatz im industriellen Maßstab getestet werden.

 

 

 

February 22nd

ECHA warnt vor Betrügern

Die europäische Chemikaliensicherheitsagentur ECHA warnt: Derzeit sind Betrüger aktiv, die sich die laufende dritte Registrierungsphase im Rahmen des Chemikalienmanagementsystems REACH zunutze machen wollen. Sie geben sich als „Lead Registrants“ für die gemeinsame Registrierung von Chemikalien aus und laden Unternehmen ein, sich ihrer Registrierung anzuschließen. Allerdings wurden die Betreffenden von den anderen Unternehmen, die einen bestimmten Stoff registrieren müssen, nicht als „Lead Registrants“ anerkannt. Auch kann es vorkommen, dass die Registrierung des Stoffes bereits erfolgt ist. Die ECHA rät daher, sich bei Angeboten auf Teilnahme an einer gemeinsamen Registrierung zu vergewissern, dass der Anfrager tatsächlich „Lead Registrant“ ist. Einen Ansatzpunkt hierfür bietet die „Information on Chemicals“-Sektion auf der ECHA-Website, wo die bereits erfolgten Registrierungen aufgeführt sind.

 

Jedenfalls sollten bei Ansuchen um Teilnahme an einer Registrierung vom Anfrager Informationen zu folgenden Punkten verlangt werden:

- Details zum fraglichen Stoff, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um eine Substanz handelt, die das angefragte Unternehmen registrieren muss

- Beweise dafür, dass der Anfrager als „Lead Registrant“ akzeptiert wurde

- Beweise dafür, dass der Anfrager über ausreichende Informationen verfügt, um ein den Anforderungen entsprechendes Registrierungsdossier erstellen zu können.

 

Wie die ECHA warnt, können unzulässige Dossiers gravierende rechtliche Konsequenzen haben und erhebliche Kosten für alle Beteiligten verursachen.

 

February 19th

Dekkers fordert „Innovationsprinzip“

Die EU sollte neben dem bestehenden Vorsorgeprinzip ein „Innovationsprinzip“ einführen, fordert der Präsident des deutschen Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Marijn Dekkers. Bei der Konferenz „Zukunftsperspektive Industrie 2030“ am 18. Februar 2016 im Berliner Wirtschaftsministerium sagte Dekkers, das Vorsorgeprinzip sei „ein richtiger Ansatz zum Umgang mit Risiken und zu Recht eine Leitlinie der Europäischen Verträge. Wir brauchen aber auch einen Ansatz zum Umgang mit Chancen. Wir brauchen ein Innovationsprinzip.“ Dieses solle das Vorsorgeprinzip keineswegs ersetzen, sehr wohl aber „komplementär ergänzen.“ Auf diese Weise sei es möglich, die Chancen und Risiken neuer technologischer Entwicklungen „vernünftig, wohlinformiert und transparent“ abzuwägen. Die Politik müsse „alles tun, um Innovationen zu erleichtern. Und zwar nicht nur inkrementelle, sondern auch disruptive Innovationen. Also revolutionäre Technologien, die Märkte komplett verändern oder sogar neue Märkte schaffen können.“

 

Dekkers sprach sich in diesem Zusammenhang für eine „faktenbasierte Regulierung“ aus, die sich davor hüte, „Meinungen und Vermutungen“ ebenso ernst zu nehmen wie wissenschaftliche Studien. Denn dies blockiere die dringend benötigten Innovationen. Letzten Endes gilt es laut Dekkers, „größere gesellschaftliche Akzeptanz“ für neue Technologien zu schaffen. Andernfalls werde Europa an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, warnte der VCI-Präsident.

 

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