Archive - Feb 2, 2016

Rahmen-Pharmavertrag abgeschlossen

Nach mehrmaligen Verzögerungen ist es so weit: Der Rahmen-Pharmavertrag zwischen der österreichischen Pharmabranche und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) ist unter Dach und Fach. Er gilt bis Ende 2018 und trat rückwirkend per 1. Jänner in Kraft. Das teilten der Pharmaverband Pharmig und der HV in einer gemeinsamen Presseaussendung mit. Laut Pharmig-Präsident Robin Rumler werden „die ersten Teilzahlungen an den Hauptverband in Kürze erfolgen“. Heuer handelt es sich um insgesamt 125 Millionen Euro. In den kommenden beiden Jahren hängt die Höhe der Zahlungen von der Steigerung der Arzneimittelkosten ab. Pro Prozentpunkt macht diese zehn Millionen Euro aus. Allerdings besteht eine Obergrenze von 80 Millionen Euro. Die Maximalkosten für die Pharmaindustrie für die Jahre 2016 bis inklusive 2018 sind also mit 285 Millionen Euro begrenzt. Jährlich sind zwei Millionen Euro für Gesundheitsziele in den Bereichen Kindergesundheit und Prävention reserviert.

 

Seitens der Pharmaindustrie und des Großhandels unterzeichneten den Vertrag neben der Pharmig und den einzelnen Unternehmen sämtliche einschlägigen Verbände, konkret das Bundesgremium des Handels mit Arzneimitteln in der WKO, der Fachverband der chemischen Industrie (FCIO), die Bundesinnung der chemischen Gewerbe, der Verband der österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler (Phago), das Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI), sowie der Österreichische Generikaverband. 
Die Grundsatzeinigung hatte der FCIO bereits am 11. November vergangenen Jahres gemeldet. Der formelle Abschluss hätte ursprünglich am 4. Dezember erfolgen sollen. Kurz zuvor einigten sich der HV und die Branche darauf, letzterer bis 31. Dezember Zeit zu geben. Knapp vor Jahresende wurde diese Frist auf Ende Jänner neuerlich verlängert und diesmal auch eingehalten.
Begründet werden die Verzögerungen einerseits mit den langwierigen Verhandlungen im vergangenen Jahr, andererseits damit, dass in der Pharmaindustrie Übernahmen von Unternehmen und damit Änderungen auf der Ebene der Vertragspartner erfolgten. Das Problem: Die Liste der Unternehmen, die den Rahmen-Pharmavertrag unterzeichnen, ist Teil des Vertrages. Sie musste daher zumindest mit Datum 1. Jänner 2016 aktuell sein.

 

Zirkus 2017?
 

Nun herrscht in der Branche zwar Erleichterung, eitel Wonne allerdings nicht, wie Insider dem Chemiereport bestätigten. Die Höhe der Zahlungen von der tatsächlichen Steigerung der Medikamentenkosten abhängig zu machen, sei ein zweischneidiges Schwert. Einerseits könne damit zwar allzu „überzogenen Begehrlichkeiten der HV-Bürokratie“ entgegengewirkt werden, umso mehr, als für die kommenden beiden Jahre ja die Obergrenze von 80 Millionen Euro pro Jahr bestehe. Andererseits sei gerade die Höhe der Kostensteigerungen einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen über den neuen Rahmen-Pharmavertrag gewesen. Wahre Hekatomben von Berechnungen hätten sich die Verhandler gegenseitig an den Kopf geworfen. Und im kommenden Jahr „steht uns dieser Zirkus möglicherweise wieder ins Haus“, ätzt ein Kundiger, der seinen Namen nicht genannt wissen will.

 

Unvergessen sind dabei manche schrilleren Töne, wie sie beispielsweise von Ingrid Reischl, der Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und Vorsitzenden der HV-Trägerkonferenz, zu hören waren. Sie attestierte der Pharmaindustrie ob der Preise für manche Arzneimittel schlicht „Raubrittertum“, was von der Pharmaindustrie vehement zurückgewiesen wurde. Angesichts derartiger Auftritte wäre es dem Insider zufolge vielleicht doch besser gewesen, die vom Gesundheitsministerium als Alternative zum Rahmen-Pharmavertrag vorgelegte ASVG-Novelle zu schlucken - wenngleich mit einigen Änderungen umfassenderer Art, die im Rahmen der Begutachtung noch auszuhandeln gewesen wären.

 

Vorerst ist aber Burgfrieden angesagt. Die neue HV-Vorsitzende Ulrike Rabmer-Koller verlautete, schon bisher habe die Kooperation der Pharmabranche und des HV „gezeigt, was gute Projekte für die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung zu leisten vermögen.“ Sie sei daher „froh, dass uns ein gemeinsamer Vertrag neuerlich gelungen ist.“ Erstmals hatten die Pharmabranche und der HV den Rahmen-Pharmavertrag 2008 abgeschlossen. Die Verlängerung war 2011 erfolgt.