Archive - 2017

October 25th

Starke Zahlen

BASF und Covestro haben im 3. Quartal 2017 gut verdient.

 

BASF verzeichnete im dritten Quartal 2017 einen Umsatz von 15,25 Milliarden Euro, um neun Prozent mehr als im dritten Quartal 2016. Das Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) lag bei 1,96 Milliarden Euro, was einem Zuwachs um 34 Prozent oder 494 Millionen Euro entspricht. Allerdings entfielen davon 198 Euro auf positive Sondereffekte, insbesondere der Verkauf des Lederchemikaliengeschäfts an die Stahl-Gruppe. Ohne Berücksichtigung der Sondereffekte wuchs das EBIT um 16 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro. Den bereinigten Jahresüberschuss beziffert BASF mit 1,36 Milliarden Euro, verglichen mit 1,10 Milliarden im dritten Quartal des Vorjahres.

BASF begründet die Resultate primär mit der „guten Mengenentwicklung sowie den deutlich höheren Verkaufspreisen im Segment Chemicals“. Dem Konzern zufolge wirkte sich auch die Übernahme des Chemetall-Geschäft von Albemarle im Dezember 2016 positiv aus. Für das Gesamtjahr 2017 rechnet BASF-Vorstandschef Kurt Bock im Vergleich zu 2016 mit einer „deutlichen“ Verbesserung des EBIT. Dieses müsste somit über 6,27 Milliarden Euro liegen.

 

Der Werkstoffhersteller Covestro wiederum erwirtschaftete im dritten Quartal 2017 ein Konzernergebnis von 491 Millionen Euro. Verglichen mit dem dritten Quartal 2016 entspricht das einem Plus von 89,6 Prozent. Das EBITDA wuchs um 50,2 Prozent auf 862 Millionen Euro, das EBIT um 73,6 Prozent auf 705 Millionen. „Grund für die starken Zahlen waren die unverändert robuste Nachfrage in den Hauptabnehmerbranchen des Unternehmens sowie eine positive Margenentwicklung, insbesondere im Segment Polyurethanes“, hieß es seitens Covestro.

Laut dem Vorstandsvorsitzenden Patrick Thomas ist geplant, „zeitnah mit dem Rückkauf von eigenen Aktien in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Euro oder bis zu zehn Prozent des Grundkapitals zu beginnen“. Mit einem Free Operating Cash Flow von 658 Millionen Euro verfüge Covestro über „außerordentlich hohe liquide Mittel“. Das erlaube, „früher als ursprünglich avisiert durch einen Aktienrückkauf Mittel an unsere Anteilseigner zurückzugeben und gleichzeitig weiterhin offen für Akquisitionsmöglichkeiten zu sein“.

 

 

 

October 12th

Grundsteinlegung bei Boehringer Ingelheim

Gemeinsam mit Vertretern von Politik und Wirtschaft erfolgte am 12. Oktober die Grundsteinlegung zur neuen biopharmazeutischen Produktionsanlage von Boehringer-Ingelheim in Wien-Meidling.

 

Das Werk, dessen Inbetriebnahme für 2021 geplant ist, wird der biotechnologischen Herstellung von Wirkstoffen mithilfe von Säugetier-Zellkultursystemen dienen. Inklusive infrastruktureller Maßnahmen investiert das Pharmaunternehmen rund 700 Millionen Euro in den Neubau. Hausherr Philipp von Lattorff, Generaldirektor des Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna, konnte rund 100 Gästen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zur Grundsteinlegung begrüßen, darunter Bundeskanzler Christian Kern, Finanzminister Hans-Jörg Schelling und den Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Auch Hubertus von Baumbach, Vorsitzender der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, war eigens nach Wien gekommen, Albert Boehringer nahm als Vertreter Eigentümerfamilie teil.

Im Anschluss an eine kurze Diskussionsrunde wurde eine Zeitkapsel mit diversen Gegenständen in den symbolischen Grundstein versenkt, darunter das erste biopharmazeutische Produkt, das bei Boehringer Ingelheim hergestellt wurde, Baupläne, Münzen und ein Stadtsiegel der Stadt Wien.

 

Einschlägige Ausbildung oder berufliche Erfahrung gefragt

Besonders freuten sich die anwesenden Politiker über die rund 500 Arbeitsplätze, die im Zuge des Ausbaus des Wiener Standorts geschaffen werden. Von Lattorff sprach von „hervorragend qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, die es nun zu rekrutieren und auszubilden gelte. Insbesondere Personen mit einschlägiger biotechnologischer Ausbildung an einer HTL oder Fachschule, aber auch Mitarbeiter anderer Pharmaunternehmen, von Brauereien, Molkereien oder aus der Lebensmittelproduktion „mit einem ausgeprägten Qualitätsbewusstsein und technischen Verständnis für Großanlagen“ seien willkommen, wenn das Profil passe, wie Elisabeth Tomaschenko, Bereichsleiterin Human Resources/Communications bei Boehringer Ingelheim RCV darlegte. Schon in den nächsten Monaten werden Stellen für Prozessingenieure und Produktionsmitarbeiter sowie für Kälte- und Wärmetechniker ausgeschrieben.

 

 

Agrana: Konzernergebnis um 55,4 Prozent gestiegen

Der niederösterreichische Stärke-, Frucht- und Zuckerkonzern ist laut den aktuellen Bilanzzahlen gut unterwegs. Für das gesamte Geschäftsjahr 2017/18 wird eine EBIT-Steigerung um mindestens zehn Prozent erwartet.

 

Das Konzernergebnis der Agrana belief sich im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2017/18 auf rund 97,3 Millionen Euro. Verglichen mit dem ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2016/17 entspricht das einer Steigerung um 55,4 Prozent. Die Umsatzerlöse wuchsen um 3,2 Prozent auf 1,36 Milliarden Euro. Das EBITDA stieg um 31,0 Prozent auf 149,6 Millionen Euro, das EBIT um 44,5 Prozent auf 130,6 Millionen Euro. „Wichtig ist, dass alle Segmente ihre Ergebnisse deutlich verbessert haben“, konstatierte Generaldirektor Johann Marihart bei der heutigen Bilanzpressekonferenz in Wien. Im Segment Zucker profitierte der Konzern von gestiegenenVerkaufspreisen, bei der Stärke wirkten sich Produktivitätssteigerungen sowie höhere Ethanolpreise positiv aus. Das Segment Frucht schließlich verzeichnete größere Absatzmengen bei Fruchtzubereitungen und Fruchtsaftkonzentraten, bei den Letzteren war laut Marihart auch „das Preisniveau erheblich besser“. Finanzvorstand Stephan Büttner ergänzte, das „solide, differenzierte Geschäftsmodell“ der Agrana spiegle sich auch in der Bilanzstruktur wider. So sanken die Nettofinanzschulden um 20,8 Prozent auf 190,1 Millionen Euro, das Gearing verringerte sich um 3,6 Prozentpunkte auf 13,4 Prozent. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich um 5,3 Prozentpunkte auf 62,2 Prozent.

 

Der für Verkauf, Rohstoff sowie Einkauf und Logistik verantwortliche Vorstand Fritz Gattermayer fügte hinzu, der Bereich Stärke sei einmal mehr „die Stärke der Agrana“ gewesen. Positiv entwickelt habe sich unter anderem die Nachfrage nach Bio-Kartoffelstärke, einem Produkt, bei dem das Unternehmen Weltmarktführer sei und bei dem „ganz andere Margen verzeichnet werden als bei normaler Kartoffelstärke“. Im Segment Frucht habe die Agrana ihre führende Position in der Molkereiindustrie weiter ausbauen können. Steigende Nachfrage gebe es nicht zuletzt bei „Green Levels“, also Erzeugnissen, die von bestimmten Stoffen frei seien. Das Segment Zucker sei durch den weltweiten Produktionsüberschuss geprägt. „Sehr gute Ernten“ habe es etwa in Brasilien gegeben.

Zum Ende der Zuckermarktordnung am 1. Oktober erläuterte Gattermayer, der Zollschutz bleibe weiter erhalten. Freilich werde sich der sinkende Zuckerpreis nun auf den Preis für Zuckerrüben auswirken. Marihart zufolge hat sich die Agrana aber mit den österreichischen Rübenbauern auf niederschlagsabhängige Entschädigungszahlungen geeinigt.

 

Für das gesamte Geschäftsjahr 2017/18 erwartet Marihart einen moderaten Anstieg des Konzernumsatzes sowie ein deutliches EBIT-Wachstum. „Deutlich heißt in Bezug auf das EBIT mindestens zehn Prozent“, erläuterte der Agrana-Generaldirektor. Im Geschäftsjahr 2016/17 hatte das EBIT 172,4 Millionen Euro betragen. Mariharts Ankündigung zufolge wäre somit für 2017/18 mit mindestens 189,6 Millionen Euro zu rechnen.

 

Unterdessen setzt das Unternehmen seine Investitionstätigkeit fort. Am 11. Oktober gingen die neuen Anlagen in der Maisstärkefabrik Aschach in Betrieb. Damit erhöhte die Agrana ihre Produktionskapazität um rund ein Drittel auf 540.000 Tonnen pro Jahr. In einem wurde die Sprühtrocknungsleistung mehr als verdoppelt. Die Investitionen beliefen sich auf rund 80 Millionen Euro, mit denen die Agrana 25 neue Arbeitsplätze schuf. Ferner beschloss der Aufsichtsrat im Sommer, die Verarbeitungskapazitäten in der Weizenstärkefabrik in Pischelsdorf von 820.000 Tonnen auf 1,1 Millionen Tonnen pro Jahr zu erweitern und dazu 44 neue Arbeitsplätze einzurichten. Die Genehmigungen für das 92-Millionen-Euro-Projekt erwartet die Agrana für Frühjahr 2018, die Inbetriebnahme ist für Anfang 2020 vorgesehen.

 

Glyphosat: „Zug wohl abgefahren“

 

Zu den laufenden Debatten um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat sagte Marihart dem Chemiereport, er rechne nicht mehr mit einer Zulassungsverlängerung: „Dieser Zug ist wohl abgefahren.“ Wenn für alle Unternehmen in Europa die gleichen Bedingungen gelten, habe er, Marihart, damit kein Problem. Fraglich sei allerdings, ob die Alternativen zu Glyphosat umweltverträglicher seien.

 

October 11th

25 Jahre Nachhaltigkeit

Seit einem Vierteljahrhundert nimmt Österreichs Chemieindustrie am freiwilligen Nachhaltigkeitsprogramm Responsible Care teil. Das wurde nun angemessen gefeiert.

 

Rauschend gefeiert werden durfte nicht - zumindest nicht im Sinne der nahen Gumpoldskirchner Weinberge: Am Axalta-Gelände in Guntramsdorf südlich von Wien herrscht striktes Alkoholverbot. Selbst das bei Jubiläen übliche Glaserl Sekt ist nicht gestattet. Und so wurde eben mit Kaffee angestoßen, als am 10. Oktober Vertreter der Chemieindustrie, des Umweltministeriums und der Landes- sowie der Kommunalpolitik zusammenkamen, um „25 Jahre Responsible Care“ zu begehen. Das freiwillige Nachhaltigkeitsprogramm der Branche, kreiert Mitte der 1980er Jahre in Kanada und seit 1992 in Österreich etabliert, lässt sich hierzulande wohl als „Erfolgsstory“ bezeichnen. Insgesamt 33 Betriebe nehmen mittlerweile teil. Kumuliert repräsentieren sie etwa 40 Prozent der Produktion der Chemiebranche und beschäftigen ein Drittel der Mitarbeiter. Allein in den vergangenen 15 Jahren sank die Zahl der Arbeitsunfälle in den beteiligten Unternehmen um 78 Prozent. Ihren Wasserverbrauch verringerten die Firmen um 85 Prozent, ihre NOx-Emissionen um immerhin 55 Prozent, bilanzierte Sylvia Hofinger, die Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Responsible Care sei heute „das Aushängeschild unserer Branche in Sachen Nachhaltigkeit“.

 

FCIO-Obmann Hubert Culik erläuterte, in vielen Ländern sei Responsible Care lediglich als Lippenbekenntnis betrachtet worden: „Dem gegenüber haben wir das in Österreich sehr ernst genommen und ein Audit mit 300 Fragen etabliert, für das die Unternehmen ein Zertifikat bekommen. Responsible Care war damit das erste Zertifizierungssystem für die Chemieindustrie.“ Ein System wohlgemerkt, das über die gesetzlichen Verpflichtungen in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Umwelt teils erheblich hinausgeht. Culik selbst gehörte übrigens zu den heimischen Pionieren des Programms: Seine Rembrandtin Lack GmbH war das zweite Unternehmen in Österreich, das das Zertifikat trug, und der erste österreichische Lackerzeuger, der sich an Responsible Care beteiligte. „Heute tragen junge Manager das System und entwickeln es weiter“, konstatierte Culik.

 

Christian Holzer, der Leiter der Sektion Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im Umweltministerium, resümierte denn auch: „Ich will nicht übertreiben. Aber offenbar ist der Chemieindustrie das Thema Responsible Care so etwas wie eine Herzensangelegenheit. Das macht mich zuversichtlich in Hinblick auf die gesamte Wirtschaft.“ Österreich sei ökonomisch wie auch ökologisch gut unterwegs, „mit einem Wort: ein nachhaltiges Land“. Erfreut zeigte sich Holzer über die Wünsche aus Branchenkreisen, Responsible Care in Richtung Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln und das Programm möglicherweise auch auf andere Industriezweige auszuweiten. Das gehe genau in die richtige Richtung.

 

Was nicht heißt, dass es um manche Details von Responsible Care keine Kontroversen gäbe. Debatten gibt es etwa um eine neue Leistungskennzahl zum Thema Arbeitssicherheit, die erstmals im kommenden Jahr erhoben wird und für die daher bereits jetzt Daten gesammelt werden müssen. Unternehmensvertretern zufolge ist es unklar, um welche Daten es dabei konkret geht. Die Interpretation, es zählten ausschließlich Arbeitsunfälle, bei denen mindestens ein Mitarbeiter so schwer verletzt wird, dass ein Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich ist, gilt als umstritten. „Wir werden uns gut überlegen, ob wir das ausfüllen oder lieber in Kauf nehmen, dass wir bei der nächsten Zertifizierung ein paar Punkte weniger bekommen“, hieß es am Rande der Feier.

 

Wegen derlei Unstimmigkeiten aus Responsible Care auszusteigen, ist aber kein Thema. Das Programm helfe, die Unternehmen fit zu halten, ihre Arbeitsabläufe immer weiter zu verbessern und sie dadurch noch wettbewerbsfähiger zu machen, so der einhellige Tenor in Guntramsdorf. Insgesamt bewähre es sich daher bestens.

October 6th

Erfindung findet Unternehmer

Eine neue Initiative des universitären Inkubators Inits bringt Gründerpersönlichkeiten mit Erfindungen aus dem universitären Bereich in Kontakt. Am 16. Oktober findet das erste Matching- Event statt.

Unter dem Titel „Start:IP“ hat Inits eine Initiative gestartet, die potenzielle Entrepreneure mit  ausgewählten Erfindungen aus dem Hightech-Bereich zusammenbringt. Über mehrere Monate wurde bei österreichischen Universitäten und Fachhochschulen nach spannenden Technologien Ausschau gehalten, 14 davon sind bis dato selektiert worden. Parallel dazu fand ein Scouting in der Gründerszene statt.

Am 16. Oktober findet nun im Kuppelsaal der TU Wien ein erstes Matching-Event statt, bei dem nach fünfminütigen Technologie-Präsentationen drei „Speed Dating“-Runden zu je 15 Minuten vorgesehen sind. Nachmittags teilen sich die Forschungsteams in zwei Gruppen (solche mit und solche ohne Interessenten) auf und erarbeiten Szenarien für die weitere Vorgehensweise. Die darauffolgenden Monate sollen der Entwicklung von Geschäftsmodellen dienen, für Jänner 2018 ist ein Pitching-Event geplant.

Die Initiative soll zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Forscher aus dem akademischen Bereich können aus einer Erfindung eine Geschäftsidee machen, ohne selbst Unternehmer werden zu müssen. Gründer erhalten Zugang zu vorselektierten technologischen Entwicklungen.

 

October 4th

Schockgefrorene Biomoleküle

Dem Schweizer Jacques Dubochet, dem in den USA wirkenden Deutschen Joachim Frank und dem Briten Richard Henderson wurde für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Kryoelektronenmikroskopie der Nobelpreis für Chemie zuerkannt.

 

Die Arbeit der diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger trug maßgeblich dazu bei, die Elektronenmikroskopie zu einem wichtigen Werkzeug der Aufklärung dreidimensionaler Strukturen von Biomolekülen und ihren supramolekularen Aggregate zu machen. Ausgangspunkt dafür waren die Arbeiten, die Henderson bereits in den 70er-Jahren an der Universität Cambridge zu membrangebundenen Proteinen durchführte. Biomoleküle dieses Typs ließen sich nur schwer von ihrer natürlichen Umgebung trennen und in kristalline Form bringen, wie es für die Röntgenstrukturanalyse notwendig gewesen wäre. Henderson wechselte daher zu der damals für diesen Zweck wenig vielsprechenden Elektronenmikroskopie. Schon 1975 konnte er zeigen, dass sich die Kette des Proteins Bacteriorhodopsin siebenmal durch die Bakterienmembran schlängelt. Über die Jahrzehnte verbesserte er die Auflösung der Methode immer weiter, bis er 1990 der erste war, der eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Biomoleküls mit atomarer Auflösung erzeugen konnte.

 

Wichtige Zutaten: Abkühlen und Rechnen

Wesentlich dazu beigetragen hat eine Technik, die Jacques Dubochet Anfang der 80er-Jahre entwickelt hat: Ihm gelang es, wässrige Proteinlösungen so schnell abzukühlen, dass ein glasartiger Zustand entsteht, in dem die Biomoleküle ihre natürliche Gestalt behalten – eine Methodik, die bald als Kryoelektronenmikroskopie bekannt wurde. Dem Schweizer gelang es auf diese Weise, Bilder von Viren mit dem sie umgebenden wässrigen medium zu erzeugen.  

Eine weitere Zutat zum Erfolg der Technologie entwickelte Joachim Frank. Er beschäftigte sich ab Mitte der 70er-Jahre mit Bildverarbeitungs-Methoden, die es gestatteten, aus verwaschenen zweidimensionalen Abbildungen eines Biomoleküls, aufgenommen aus verschiedenen Winkeln, die dreidimensionale Struktur zu errechnen. Die Bemühungen aller drei Forscher wirkten zusammen, um jene Vorteile der Elektronenmikroskopie zu erzielen, die den Biowissenschaften heute neue Perspektiven eröffnen: Momentaufnehmen jener molekularen Strukturen machen zu können, die die Prozesse in lebenden Zellen tragen.

Lanxess schließt Fabrik in Amsterdam

Rund 100 Beschäftigte könnten ihren Arbeitsplatz verlieren. Lanxess hatte den Standort im Zug der Akquise von Chemtura im April erworben.

 

„Spätestens zum November 2018“ beendet der deutsche Spezialchemikalienkonzern Lanxess seine Produktion in Ankerweg in Amsterdam. Das meldete Lanxess in einer Aussendung. Etwa 100 Personen könnten durch die Fabriksschließung ihre Arbeitsplätze verlieren. Laut Anno Borkowsky, dem Leiter des Geschäftsbereichs Additives, „gilt es, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern verantwortungsvolle Lösungen für die von der geplanten Schließung betroffenen Mitarbeiter zu finden.“ Lanxess verhandle darüber bereits mit der Gewerkschaft.

 

Der deutsche Konzern hatte Ankerweg im Zug der Übernahme des US-amerikanischen Chemiekonzerns Chemtura erworben. Erzeugt werden dort hauptsächlich Wirkstoffe für ein Agrochemieunternehmen sowie Basisöle für industrielle Schmierstoffe. Die Wirkstofffertigung endet vertragsgemäß im November kommenden Jahres. Die Basisölproduktion alleine rechnet sich laut Borkowsky nicht. Außerdem kann Lanxess die fraglichen Substanzen in seiner kanadischen Fabrik in Elmira etwa 100 Kilometer südwestlich von Toronto in ausreichendem Maß erzeugen.

 

Lanxess akquirierte Chemtura mit seinen rund 2.500 Beschäftigten im April des heurigen Jahres. Aus der Transaktion sollen sich bis 2020 sogenannte Synergien um Ausmaß von rund 100 Millionen Euro ergeben.

 

 

 

October 3rd

Physik-Nobelpreis 2017 für Nachweis von Gravitationswellen

Die in den USA tätigen Forscher Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne erhalten für den Nachweis von Gravitationswellen den diesjährigen Nobelpreis für Physik.

 

Die Auszeichnung kommt nicht überraschend: Der Nachweis von Gravitationswellen im September 2015, 100 Jahre nachdem Albert Einstein diese als Konsequenz seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hatte, brachte die Frucht der Leistungen der diesjährigen Physik-Nobelpreisträger bis in Tageszeitungen und Unterrichtsstunden. Als man am LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) das sehr schwache Signal einer Kollision zweier schwarzer Löcher vor rund 1,3 Milliarden Jahren detektierte, war dies nur möglich, weil über Jahrzehnte zahlreiche Vorarbeiten den Boden dafür aufbereitet hatten.

Gravitationswellen sind periodische Deformationen der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Die Messung der theoretisch vorhergesagten, aber äußerst schwachen Signale wurde lange Zeit für unmöglich gehalten. Rainer Weiss, ein gebürtiger Deutscher, der sein Doktorat am Massachusetts Institute of Technology erworben hatte, analysierte schon in den 70er-Jahren mögliche Störsignale und brachte die Idee auf, diese mit einem Laser-basierten Interferometer zu umgehen. Gemeinsam mit Kip Thorne und dessen damaligem Mitarbeiter Ronald Drever wurde der erste Prototyp eines solchen Instruments gebaut. Es sollte noch Jahrzehnten dauern, um die letztlich verwendeten Zwillings-Interferometer, jedes mit vier Kilometer langen Armen und 3.000 Kilometer voneinander entfernt, zu realisieren. Throne lieferte dazu Analyse und Theorie, Weiss den instrumentellen Einfallsreichtum.

 

Vom Laborexperiment zum wissenschaftlichen Großprojekt

Barry Barish kam Mitte der 90er-Jahre ins Spiel, als es darum ging, die Laborexperimente in die benötigte Großinfrastruktur zu transformieren. Seine Aufgabe war, die dafür benötigte Expertise ausfindig zu machen und zahlreiche Forschungsgruppen aus vielen Ländern für das Projekt zu gewinnen. Seine Auszeichnung steht auch symbolisch für die mehr als 1.000 Wissenschaftler, die an der LIGO Scientific Collaboration mitarbeiten. Die Forscher erwarten sich von der Beobachtung von Gravitationswellen nun eine ganz neue Art, Ereignisse im Universum zu detektieren und die Vorhersagen von Theorien zu testen.

 

Im September 2015 konnte erstmals Gravitationswellen detektiert werden, die durch einen Zusammenstoß zweier schwarzer Löcher vor 1,3 Milliarden Jahren verursacht wurden.

KMUs: Weiter Probleme mit REACH

Vor allem über die Registrierungskosten gibt es Klagen, zeigt eine neue Studie im Auftrag der ECHA.

 

So wirklich wohl fühlen sich die von REACH betroffenen Klein- und Mittelbetriebe mit dem EU-Chemikalienmanagementsystem offenbar nach wie vor nicht. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Ihr zufolge haben europaweit rund 35.000 KMUs Registrierungspflichten im Rahmen von REACH. An der Umfrage beteiligten sich 819, von denen 732 die per E-Mail zugesandten Fragebögen ganz oder wenigstens teilweise ausfüllten. Auf die Frage, ob ihnen REACH bekannt sei, antworteten insgesamt 730, davon 96 Prozent mit Ja. Rund 31 Prozent verlauteten, durch die ECHA auf das Thema aufmerksam geworden zu sein, 19 durch den jeweiligen nationalen (Chemie-)Wirtschaftsverband, 14 Prozent durch die Behörden der Nationalstaaten, die verbleibenden 36 Prozent durch andere Quellen. Immerhin 91 Prozent ist die nächste und damit letzte Registrierungsdeadline bekannt, der 31. Mai kommenden Jahres. Registrierungspflichtig ist, wer Stoffe in einer Menge zwischen einer und 100 Tonnen pro Jahr in der EU erzeugt oder in die EU importiert.

 

Rund 35 Prozent der antwortenden Unternehmen haben festgestellt, dass sie einen oder mehrere Stoffe registrieren müssen. Etwa 13 Prozent gehen von einer Verpflichtung aus, sind aber noch dabei, dies zu verifizieren. Dem gegenüber sind 31 Prozent nach entsprechender Prüfung sicher, keinen Stoff registrieren zu müssen. Um die 21 Prozent glauben, keine entsprechende Verpflichtung zu haben, müssen dies aber noch endgültig klären.

 

Deutlich zeigt die Umfrage auch, dass die Kosten für die Registrierung ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung sind, ob jemand einen Stoff tatsächlich registriert oder dessen Produktion bzw. den Import aufgibt. Auf einer Skala von 0 (kein Einfluss auf die Entscheidung) bis 10 (maßgeblicher Einfluss) entfielen auf die Ordnungszahl 10 etwa 36 Prozent der Antworten, auf 9 rund 15 Prozent und auf 8 gut neun Prozent. Dem gegenüber konstatierten nur sechs Prozent der Antwortenden, die Kosten hätten keinerlei Einfluss auf die Entscheidung. Ferner gaben 65 Prozent der antwortenden Unternehmen bekannt, sie wollten zwischen zehn und 30 Prozent der von ihnen erzeugten bzw. importierten Stoffe vom Markt nehmen, um sie nicht registrieren zu müssen. Immerhin elf Prozent wollen ihre Produktions- bzw. Importtätigkeit komplett einstellen.

 

Die ECHA konstatierte zu der Studie, sie bemühe sich, den KMUs beim Umgang mit REACH zu helfen. Bereits seit 2010 seien einschlägige Aktivitäten im Gang.

 

Hansen folgt Dancet

 

Unterdessen hat das Management Board der ECHA den Nachfolger Geert Dancets als Exekutivdirektor der Agentur nominiert. Es handelt sich um den Dänen Björn Hansen, der seit 2003 in der Chemieabteilung der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission tätig ist und diese derzeit leitet. Hansen soll seine fünfjährige Funktionsperiode Anfang 2018 antreten. Die Vertragsunterzeichnung ist für die Sitzung des Management Boards am 14. und 15. Dezember geplant. Zuvor findet noch eine Anhörung vor dem Europäischen Parlament statt, die aber keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung hat.

 

 

October 2nd

Nobelpreis für Medizin für Erklärung der „biologischen Uhr“

Der diesjährige Nobelpreis für Medizin oder Physiologie geht an die US-Forscher Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young, die die molekularen Mechanismen des Tag-Nacht-Rhythmus lebender Zellen aufklären konnten.

 

Schon seit langem war bekannt, dass zahlreiche physiologische Vorgänge bei Mensch, Tier und Pflanze einer inneren Uhr oder – wie die Biologen sagen – einem „circadianen Rhythmus folgen“. In den 70er-Jahren begann man, nach den genetischen Voraussetzungen für derartige Rhythmen zu fragen. Den diesjährigen Nobel-Laureaten gelang es, die dahinter stehenden Mechanismen auf molekularer Ebene schrittweise aufzuklären.

Zunächst isolierten Hall, Rosbash und Young ein „period“ genanntes Gen, dessen mutierte Versionen bewirken, dass der biologische Rhythmus von Fruchtfliegen gestört wird. Im nächsten Schritt konnte man zeigen, dass dieses Gen für ein Protein namens PER codiert, das sich in der Nacht in der Zelle ansammelt, tagsüber jedoch abgebaut wird.

Als Mechanismus für diese Verhalten schlugen Hall und Rosbah vor, dass PER seine eigene Synthese hemmt: Je mehr davon da ist, desto weniger wird also erzeugt. Damit das Protein in dieser Weise wirken kann, muss es allerdings vom Cytoplasma in den Zellkern gelangen. Young zeigte, dass dies durch Wechselwirkung mit einem zweiten Protein („TIM“) möglich wird, das von einem weiteren circadianen Gen namens „timeless“ codiert wurde. Schließlich gelang die Entdeckung eines dritten für das Funktionieren der biologischen Uhr wichtigen Gens namens „doubletime“, das für das Protein DBT codiert und über dieses hilft, die Oszillationen besser an den erforderlichen 24-Stunden-Rhythmus zu adaptieren.

 

 

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