Archive - 2017
September 13th
13.09.17
von
Klaus Fischer
Die EU-Kommission oder die Mitgliedsstaaten dürfen das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Lebensmittel nicht unter Hinweis auf das Vorsorgeprinzip verbieten, urteilt das Europäische Gericht.
Das Vorsorgeprinzip erlaubt der EU-Kommission oder den EU-Mitgliedsstaaten nicht, durch Sofortmaßnahmen das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Lebensmittel zu verbieten. Auch ein Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen ist nicht zulässig. Das besagt ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union, das am 13. September bekannt gegeben wurde.
Laut dem Gerichtshof sind solche Maßnahmen ausschließlich dann erlaubt, wenn „erwiesenermaßen davon auszugehen ist, dass ein genetisch verändertes Erzeugnis wahrscheinlich ein ernstes Riskio für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt darstellt“. Das Vorsorgeprinzip alleine reiche indessen nicht aus: „Dieses Prinzip kann zwar das Ergreifen vorläufiger Risikomanagementmaßnahmen bei Lebensmitteln im Allgemeinen rechtfertigen, doch es erlaubt nicht, die Bestimmungen für genetisch veränderte Lebensmittel beiseite zu lassen oder zu ändern – insbesondere zu lockern –, da diese Lebensmittel vor ihrem Inverkehrbringen bereits einer umfassenden wissenschaftlichen Bewertung unterzogen wurden.“
So habe etwa die EU-Kommission 1998 das Inverkehrbringen einer genetisch veränderten Maissorte erlaubt. Sie stützte sich dabei auf eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Pflanzen“, der zufolge kein Grund zu der Annahme besteht, dass die betreffende Sorte für den Menschen oder die Umwelt gefährlich ist. Allerdings verbot die italienische Regierung 15 Jahre später den Anbau des Maises und verwies dabei auf das Vorsorgeprinzip. Gegen Landwirte, die das Verbot verletzten, wurde ein Strafverfahren eingeleitet - zu Unrecht, wie nun das Europäische Gericht urteilte.
September 12th
Glyphosat-Streit: Ende in Sicht
12.09.17
von
Klaus Fischer
Bei der Tagung des „Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed“ (PAFF) der Europäischen Kommission Anfang Oktober könnte darüber entschieden werden, ob der Einsatz des Pflanzenschutzmittels in der EU weiter erlaubt bleibt.
Die schier endlosen Streitereien um die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat in der EU könnten demnächst zum Abschluss kommen. Am 5. und 6. Oktober tagt in Brüssel das „Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed“ (PAFF) der Europäischen Kommission. Dabei könnte sich entscheiden, ob die Zulassung des Mittels um zehn Jahre verlängert wird, wie das die EU-Kommission anstrebt, oder ob sie zu Jahresende ausläuft. Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ist grundsätzlich für die Verlängerung, will allerdings den Einsatz eingeschränkt wissen. Eine ähnliche Position vertritt auch die österreichische Landwirtschaftskammer. Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot deutete Ende August an, eher dagegen zu sein. Keine offizielle Stellungnahme gibt es bis dato von Deutschland. Dass eine solche vor der Bundestagswahl am 24. September erfolgt, gilt als ausgeschlossen.
Der Gesundheitskommissar der EU, Vytenis Andriukaitis, konstatierte mehrfach, er wolle das leidige Thema endlich vom Tisch haben. Es gebe keinen Grund, die Zulassung nicht zu verlängern. Wie unter anderem die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) und die Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgestellt hätten, sei Glyphosat nicht krebserregend. Außerdem könne jeder Staat den Einsatz des Mittels trotz dessen Wiederzulassung auf EU-Ebene verbieten, wenn er das wolle.
Nach Aussagen aus der Landwirtschaft gibt es für Glyphosat keinen tauglichen Ersatz. Laut einer Umfrage des in Frankreich ansässigen Meinungsforschungsinstituts IPSOS befürchten die dortigen Landwirte Schäden von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr, falls die Zulassung nicht verlängert wird. Die Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP) verlautete am 12. September einmal mehr, bei einem allfälligen Verbot von Glyphosat „steigen das Risiko von Bodenerosion und die CO2-Emissionen durch vermehrte Pflugüberfahrten und den dadurch zunehmenden Dieselverbrauch sowie Kohlenstoff-Emissionen aus dem Boden. Durch die zunehmenden Überfahrten sinkt zudem die Biodiversität, da Bodenlebewesen und -organismen, Insekten, Vogelnester und -eier sowie Jungtiere durch das verstärkte Pflügen gefährdet werden. Und der steigende Bedarf an Ackerland führt dazu, dass Naturräume und Habitate mit einer deutlich höheren Artenvielfalt in Ackerland umzuwandeln wären“. Rund 3.300 Studien mit insgesamt 90.000 Seiten attestierten die Unbedenklichkeit der sachgemäßen Verwendung von Glyphosat. Es sei daher „völlig absurd“, den Wirkstoff zu verbieten.
Für ein Verbot des Mittels sprechen sich unter anderem die Grünen aus. Ihnen zufolge soll der EU-Unterausschuss des Nationalrates „eine bindende Stellungnahme beschließen und damit die österreichische Position für die Abstimmung über Glyphosat auf europäischer Ebene im Oktober verbindlich festlegen“.
September 8th
08.09.17
von
Klaus Fischer
Das Hamburger Wirkstoffforschungs- und Entwicklungsunternehmen Evotec bekommt bis zu 75 Millionen Euro an Juncker-Plan-Mitteln für neue Investitionen.
Mit einem Darlehen von bis zu 75 Millionen Euro unterstützt die Europäische Investitionsbank (EIB) das Hamburger Wirkstoffforschungs- und Entwicklungsunternehmen Evotec. Besichert werden die Mittel durch eine Garantie des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI), berichteten die EIB und die Evotec. Wie es seitens des Unternehmens hieß, handelt es sich bei dem Darlehen um „die erste größere erfolgsabhängige Finanzierung unter dem EFSI. Zudem handelt es sich um die erste erfolgsabhängige Finanzierung mit EFSI-Garantie, bei der die Bank das Risiko des Forschungs- und Entwicklungs-Erfolgs ihres Kunden teilt“.
In einer Stellungnahme bezeichnete die Europäische Kommission den EFSI als „Kernelement des Investitionsplans für Europa, des sogenannten Juncker-Plans“. Der für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, erläuterte, die Entwicklung innovativer Therapien sei nur mittels kontinuierlicher Investitionen möglich. Dabei könne der Juncker-Plan helfen: „Ich freue mich, dass der Plan Forschung unterstützt, die die Behandlung schwerer Krankheiten zum Ziel hat“.
Evotec möchte Mittel aus dem Darlehen nach eigenem Bekunden bereits heuer „für erste Investitionen einsetzen“. Der CEO des Unternehmens, Werner Lanthaler, verlautete, es sei erfreulich, „dass wir den EFSI für unsere Finanzierung nutzen können und unsere Innovationsstrategie Vertrauen genießt. Auch künftig konzentrieren wir uns auf unsere Investitionen und F+E der Spitzenklasse. Dank der Finanzierung der EIB, ihrer Flexibilität und ihres innovativen Finanzierungsmodells sinken unsere Kapitalkosten erheblich. Der Einsatz dieses neuen Finanzierungsinstruments in der Biotechbranche ist ein wichtiger Meilenstein und wird messbare Auswirkungen auf das globale Innovationsökosystem in der Wirkstoffforschung haben“.
September 7th
„Positives zweites Quartal“
07.09.17
von
Klaus Fischer
Der deutsche Verband der Chemischen Industrie zeigt sich mit der aktuellen Lage und den Aussichten zufrieden.
Der Umsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie Deutschlands betrug im zweiten Quartal 2017 rund 46,9 Milliarden Euro. Er lag damit um 7,1 Prozent über dem Vergleichswert des Vorjahres, meldete der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der die beiden Branchen vertritt. In Deutschland selbst erhöhte sich der Umsatz um etwa 4,1 Prozent. Im Ausland erwirtschaftete die chemisch-pharmazeutische Industrie ein Umsatzplus von 8,5 Prozent.
Nach Angaben des Verbands lagen die Erzeugerpreise um 4,1 Prozent über dem Vorjahreswert, die Produktion stieg um 1,6 Prozent. Die Auslastung der Fabriken belief sich auf rund 86,9 Prozent und war damit „überdurchschnittlich hoch“, berichtete der VCI. Ihm zufolge liegt die „Normalauslastung“ der Anlagen bei rund 85 Prozent. Was die Zahl der Beschäftigten betrifft, verzeichneten die beiden Branchen ein Plus von 0,5 Prozent auf 449.300 Personen. Aus diesen Gründen sprach der VCI von einem „insgesamt positiven zweiten Quartal“.
Auch die Aussichten für das Gesamtjahr sind laut VCI zufriedenstellend. Der Verband erwartet im Vergleich mit 2016 einen Produktionszuwachs von 1,5 Prozent. Und: „Durch einen starken Anstieg der Chemikalienpreise um 3,5 Prozent kann der Branchenumsatz um 5,0 Prozent auf 193,9 Milliarden Euro zulegen.“ VCI-Präsident Kurt Bock zufolge sind die „Chancen gut, dass die deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen auch in der zweiten Jahreshälfte gute Geschäfte machen. In Europa hellt sich die Lage weiter auf: Die Industrie befindet sich im Aufschwung, dadurch steigt die Nachfrage nach Chemikalien. Auch in Deutschland geht es weiter aufwärts.“
Laut dem Quartalsbericht gehen die Unternehmen zwar mehrheitlich davon aus, dass die Preise und damit die Gewinnspannen „unter Druck“ geraten. Doch habe der Austritt Großbritanniens aus der EU wenigstens kurzfristig an Schrecken verloren. Europas Industrie ist laut VCI „im Aufschwung und die Nachfrage nach Chemikalien steigt“. Andererseits wiederum verringerten „chemieintensive Branchen“ wie etwa die Papier- und Druckindustrie ihre Erzeugung. Gleichzeitig steige der Wettbewerbsdruck im Bereich der chemischen Grundstoffe. Folglich bleibe die Wachstumsdynamik „insgesamt verhalten“. Wegen der „unsteten“ US-amerikanischen Wirtschaftspolitik seien auch im US-Geschäft „große Sprünge nicht zu erwarten. Ähnliches gilt für Südamerika, das sich nur langsam aus der Rezession befreien kann“.
September 6th
Lanxess mit neuen Finanzzielen
06.09.17
von
Klaus Fischer
Der Spezialchemikalienkonzern will die operative Ergebnismarge ab 2021 von rund 13 auf bis zu 18 Prozent steigern.
Der deutsche Spezialchemikalienkonzern Lanxess hat seine Finanzziele für die Zeit ab 2021 aktualisiert. Wie er verlautete, soll sich „die operative Ergebnismarge, gemessen am EBITDA vor Sondereinflüssen, in einem Korridor von 14 bis 18 Prozent bewegen“. Die Marge für das Geschäftsjahr 2016 bezifferte Lanxess mit 12,9 Prozent.
Um das Ziel zu erreichen, will der Konzern in Zukunft nur noch Geschäfte betreiben oder ins Portfolio nehmen, in denen er „führende Marktpositionen erreichen und nachhaltig attraktive Margen erwirtschaften“ kann. Ferner wird das Geschäft noch stärker regional und sektoral diversifiziert. Steigen soll insbesondere der Anteil sogenannter „Wachstumsmärkte“ am Umsatz. Als Beispiele nennt Lanxess Asien sowie Nordamerika. Sektoral betrachtet, möchte Lanxess unter anderem die Elektro- und Elektronikindustrie sowie die Energiewirtschaft verstärkt beliefern.
Vorstandschef Matthias Zachert sagte, „Lanxess steht heute wieder auf festen Beinen und ist zurück auf einem profitablen Wachstumspfad. In den kommenden Jahren wollen wir unser volles Potenzial ausschöpfen und uns zu einem noch stärkeren Unternehmen entwickeln“.
Wie berichtet, steigerte Lanxess im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 seinen Umsatz um fast 30 Prozent. Ausschlaggebend dafür war nicht zuletzt die Chemtura-Übernahme. Das um Sondereffekte bereinigte EBITDA stagnierte dagegen.
September 4th
REACH-Dossiers: Aktualisierung nötig
04.09.17
von
Klaus Fischer
Vielen Unternehmen ist nicht klar, dass mit der einmaligen Registrierung ihre Pflichten aufgrund des EU-Chemikalienmanagementsystems nicht erfüllt sind, zeigt eine neue Studie.
Die Stoffregistrierungsdossiers im Rahmen des Chemikalienmanagementsystems REACH müssen stets aktuell gehalten werden. Dies ist der Wirtschaft jedoch auch elf Jahre nach Inkrafttreten des Systems noch immer nicht ausreichend klar, zeigt eine Studie im Auftrag der europäischen Chemikalienagentur ECHA. Durchgeführt wurde diese von den Beratungsunternehmen Peter Fisk Associates und Amec Foster Wheeler mittels Fragebögen und vertiefenden Interviews. Aus 5.700 Kontakten mit betroffenen Unternehmen und Institutionen ergaben sich 322 ausgefüllte Fragebögen und 20 Interviews.
Den Antworten zufolge wurden 64 Prozent der Dossiers noch nie aktualisiert, obwohl die ersten Chemikalienregistrierungen bereits 2008 zu erfolgen hatten. Viele Unternehmen sind der Ansicht, dass mit der Registrierung ihre Pflichten in Hinsicht auf REACH ein für allemal erledigt sind. Immer wieder wird auch beklagt, dass die Formulierungen bezüglich der Aktualisierungspflicht im Artikel 22 der REACH-Richtlinie unklar seien. Nicht zuletzt betreffe dies die Frage, wer in einer Registrierungsgruppe (Substance Information Exchange Forum, SIEF) für die Aktualisierungen zuständig ist. Kritisiert werden auch die mit den Aktualisierungen verbundenen Kosten, denen nach Ansicht der Wirtschaft wenig Nutzen gegenübersteht - wenn sie denn überhaupt einen Nutzen bringen. Diese Klage wird vor allem von Klein- und Mittelbetrieben vorgebracht. Ferner verweisen die Unternehmen auf Probleme mit der Registrierungssoftware IUCLID, die Aktualisierungen alles andere als einfach mache. Dazu kommt eine gewisse „REACH-Müdigkeit“ in der Wirtschaft, wobei auf den erheblichen Zeit- und Finanzaufwand mit den erstmaligen Registrierungen verwiesen wird.
Daraus leiten die Autoren der Studie vier wesentliche Empfehlungen ab:
Erstens ist klarzustellen, was aktualisiert werden muss. So lässt sich der Aufwand minimieren und der Nutzen maximieren.
Zweitens ist zu klären, wer für die Aktualisierungen verantwortlich ist.
Drittens empfehlen die Autoren einen regulatorischen Mechanismus, um die Erfüllung der Aktualisierungspflicht zu verbessern. Beispielsweise könnten regelmäßige Aktualisierungen mit klaren Zeitvorgaben vorgeschrieben werden.
Viertens ist zu erläutern, warum die Aktualisierungen wichtig sind und dass diese Auswirkungen auf den Schutz von Gesundheit und Umwelt haben.
Wie die Autoren festhalten, richten sich die Empfehlungen in erster Linie an die ECHA und in zweiter Linie an die Wirtschaftsverbände der EU-Mitgliedsstaaten. Zu guter Letzt sei aber auch die Politik aufgerufen, geeignete Maßnahmen zu setzen.
September 1st
01.09.17
von
Klaus Fischer
Die US-amerikanischen Chemiekonzerne Dow und DuPont sind zu DowDuPont verschmolzen, einem Unternehmen mit 73 Milliarden US-Dollar Nettoumsatz
Die US-amerikanischen Chemiekonzerne Dow und DuPont haben ihre Fusion abgeschlossen, meldeten sie in einer Aussendung am 1. September. Ab sofort firmieren die beiden Unternehmen unter einer gemeinsamen Holding mit der Bezeichnung DowDuPont mit den drei operativen Geschäftsbereichen Agriculture, Materials Science und Specialty Products. Oberster Manager von DowDuPont (Executive Chairman of the Board) ist der vormalige Dow-Chef Andrew N. Liveris. Als Chief Executive Officer fungiert Edward D. Breen, der bisher DuPont leitete.
Liveris sprach von einem „Meilenstein in der Geschichte der beiden Unternehmen“. In den drei neuen Geschäftsbereichen würden eigenständige börsennotierte Unternehmen geschaffen, die „Wachstum zum Wohl der Aktieninhaber generieren“. Breen zeigte sich überzeugt, dass diese Unternehmen führende Positionen in ihren jeweiligen Geschäftsbereichen erringen werden.
Der erwartete Nettoumsatz von DowDuPont beläuft sich auf rund 73 Milliarden US-Dollar (61 Milliarden Euro) pro Jahr. Binnen 24 Monaten sollen sich durch die Fusion kostenseitig Synergien von rund drei Milliarden US-Dollar (2,5 Milliarden Euro) ergeben. Ferner wird mit wachstumsseitigen Synergien von etwa einer Milliarde US-Dollar (840 Millionen Euro) gerechnet.
Dow und DuPont hatten ihre geplante Fusion am 11. Dezember 2015 bekannt gegeben. Nach der Genehmigung durch sämtliche zuständigen Behörden trat die Transaktion per 31. August 2017 in Kraft.
August 31st
Novartis: Zulassung für neuartige Krebs-Arznei
31.08.17
von
Klaus Fischer
Erstmals wurde in den USA ein Medikament auf Basis der CAR-T-Technologie genehmigt.
Ihre Zulassung erteilt hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) dem Leukämie-Medikament Kymriah des Schweizer Pharmakonzerns Novartis. Diesem zufolge genehmigte die FDA damit erstmals ein auf dem Transfer von Genen basierendes Arzneimittel. Bei Kymriah setzt Novartis auf die „Chimeric Antigen Receptor T Cell“-Technologie (CAR-T-Technologie). Grob gesprochen, nutzt diese gentechnisch veränderte weiße Blutkörperchen (T-Zellen) zur Krebsbekämpfung. Die so verbesserten T-Zellen können auch Krebszellen erkennen und ausschalten, die für das Immunsystem üblicherweise „unsichtbar“ sind. Solche Immuntherapien gelten als Hoffnungsträger im Kampf gegen den Krebs. Novartis-Chef Joseph Jimenez sprach deshalb von einer „möglicherweise paradigmenverändernden Immuntherapie für Patienten, die diese dringend brauchen“.
Allerdings haben mittels CAR-T-Technik hergestellte Arzneien auch ihre Nachteile. So kommt es vor, dass das Immunsystem durch seine heftige Reaktion im ganzen Körper Entzündungen verursacht. Dies wird als „Zytokin-Sturm“ bezeichnet und kann sogar zu Todesfällen führen. Um gegenzuwirken, müssen Entzündungshemmer verabreicht werden. Ferner ist die Produktion von CAR-T-Zellen mit Kosten von etwa 50.000 bis 70.000 Euro verbunden.
Kymriah ist zugelassen für Patienten im Alter bis zu 25 Jahren, die an Rückfällen Akuter Lymphoblastischer Leukämie (ALL) leiden. Gemeinsam mit der University of Pennsylvania arbeitet Novarits seit rund fünf Jahren an diesem Mittel. Geplant ist, weitere Zulassungen für Kymriah bei der FDA und der European Medicines Agency (EMA) zu beantragen. Bei den Anträgen geht es um den Einsatz des Arzneimittels gegen das „Diffuse large B-cell lymphoma“ (DLBCL) bei Erwachsenen. Für das kommende Jahr kündigte Novartis an, Zulassungsanträge auch außerhalb Europas und der USA zu stellen.
Das Mittel gilt auch ein Schritt in Richtung der oft erwähnten „individualisierten Medizin“. Laut Novartis wird Kymriah für jeden einzelnen Patienten aus dessen eigenen T-Zellen hergestellt. Dies erfolgt im Werk des Konzerns in Morris Plains im US-amerikanischen Bundesstaat New Jersey. Bisher erzeugte das Unternehmen nach eigenen Angaben CAR-T-Zellen für mehr als 250 Patienten aus elf Ländern, die an unterschiedlichen Krebsarten leiden. Laut Novarits beweist dies die Möglichkeit, „reproduzierbare Produkte“ zur Verfügung zu stellen.
August 25th
25.08.17
von
Klaus Fischer
Dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger nach der neuen Studie zur Effizienz des Gesundheitswesens weitermachen will wie gehabt, stößt bei der Pharmaindustrie nicht auf Begeisterung.
Als „Beleidigung des Intellektes der österreichischen Bevölkerung“ und „Schlag ins Gesicht“ bezeichnet Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber den Umgang des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger (HV) mit der neuen Studie zur Effizienz des österreichischen Gesundheitswesens. Und Huber fügte hinzu: „Eine Menge Steuergeld wurde ausgegeben, um sich selbst darin zu bestätigen, dass alles so bleiben darf, wie es ist. Wenn man es ehrlich meinen würde, würde man sich endlich auch an die Strukturen wagen.“
HV-Vorstandschef Alexander Biach, seine Vizes Bernd Achitz und Martin Schaffenrath sowie die Vorsitzende der HV-Tägerkonferenz, Ingrid Reischl, übten sich bei einer Pressekonferenz am 25. August unter Bezugnahme auf die am 24. August von Sozialminister Alois Stöger präsentierte Studie kräftig in Eigenlob. Natürlich gebe es - wie auch andernorts - im Gesundheitssystem Verbesserungspotenzial. Aber im Wesentlichen laufe alles hervorragend, und den im Gang befindlichen Veränderungen zolle die Studie höchstes Lob - von den im internationalen Vergleich „extrem niedrigen“ Verwaltungskosten einmal ganz abgesehen. Also werde weitergemacht wie bisher, wenngleich nach Möglichkeit etwas intensiver und vielleicht auch zügiger, so die Kernaussage der Kammergewaltigen. In der bei der Pressekonferenz verteilten Unterlage liest sich das so: „Wir sehen uns nach erster Durchsicht in unserem Reform-Weg unterstützt und werden diesen konsequent weitergehen.“ Denn laut Biach zeigt Stögers Studie: „Das System der Selbstverwaltung funktioniert im Vergleich mit staatlichen Systemen wunderbar.“
Wobei sich Achitz beeilte, hinzuzufügen: Einsparungen bringe die angepeilte Leistungsvereinheitlichung zwischen den Sozialversicherungsträgern mit Sicherheit nicht. Der Grund: „Wir wollen die Leistungen auf höchsten Niveau harmonisieren. Und das kostet einfach Geld.“ Zwischen 171 und 390 Millionen Euro veranschlagt die Studie dafür. Allfällige Einsparpotenziale bei der Verwaltung sowie durch Aufgabenbündelung und sonstige Maßnahmen würden dadurch jedenfalls egalisiert, betonte Achitz. Der HV-Vizevorstandsvorsitzende konzedierte dem Chemiereport, dass Stögers Studie kaum Neues enthält, sondern weitgehend nur wiedergibt, was manche Partner im Gesundheitssystem ohnehin seit Jahren fordern. Für die Katz' sei das 630.000 Euro teure Konvolut dennoch nicht: Es stamme ja von einem „renommierten ausländischen Institut“. Und das sei auch notwendig, „weil der Prophet im eigenen Land nichts gilt“.
Laut Pharmig-Generalsekretär Huber kann von Prophetie allerdings schwerlich die Rede sein. „Dass man jetzt darauf pocht, die Zusammenarbeit innerhalb der Krankenversicherungen zu stärken, ist ein Hohn. Man darf doch wohl davon ausgehen, dass das Management der Sozialversicherung und der Krankenkassen diese Zusammenarbeit ohnehin im Auge hat.“ Huber zufolge „ist zu hoffen, dass sich die Verantwortlichen noch eingehender mit der Studie auseinander setzen, Mut beweisen und nicht nur auf schnelle, sichtbare Gewinne setzen.“
Studie mit Schwächen
Und auch die Studie selbst hat nach Ansicht Hubers ihre Schwächen. So gingen die Autoren einmal mehr auf die angeblich zu hohen Arzneimittelkosten los und konstatierten angebliche hohe Steigerungen bei den Pro-Kopf-Ausgaben. Huber kritisiert das scharf: „Hier wird manipuliert, um einen Sündenbock zu finden, und das ist wieder einmal die pharmazeutische Industrie. Selbst die Europäische Kommission stellt im Zuge ihres Country Reports die Ausgaben für Arzneimittel in Österreich nicht zur Diskussion.“ Immerhin werde in der Studie zu Recht auf die Möglichkeiten von Kostensenkungen durch vermehrtes Verschreiben von Generika verwiesen: „Bereits heute entfällt mehr als jede zweite Verordnung auf ein Nachahmerprodukt. Gleichzeitig herrscht eine strikte Generikapreisregelung, auf Grund derer der Preis des Originalproduktes ebenfalls auf das Niveau des Generikums zu senken ist.“
Laut Pharmig-Präsidend Martin Munte ist auch nach der Stöger-Studie klar: „Unserem Gesundheitssystem mangelt es an Effizienz vor allem aufgrund des sehr großen Spitalssektors und der unzureichend genutzten ambulanten Versorgung. Zudem trägt die zersplitterte Organisations- und Finanzierungsstruktur nicht zur Kosteneffizienz bei. Das wissen alle Beteiligten, und das seit Jahren.“
Nicht ganz so sieht das wohl HV-Vizepräsident Achitz. Ihm zufolge gilt es, aus der Studie „die richtigen Schlüsse zu ziehen. Vielen sind die wissenschaftlichen Ergebnisse egal. Denen geht es nur darum, wie viele Sozialversicherungsträger sich zusammenlegen lassen“. Also dann: Ring frei zur nächsten Runde.
„Vererbung“ epigenetischer Marker bei Pflanzen
Forscher des Gregor-Mendel-Instituts für molekulare Pflanzenbiologie in Wien haben Teile eines Mechanismus aufgeklärt, der dazu beiträgt, dass in überwinternden Pflanzen epigenetische Information auf Tochterzellen weitergegeben werden kann.
Es gibt Pflanzen, die zu blühen beginnen, sobald die ersten warmen Sommerstrahlen des Frühlings sie erreichen. Auf molekularer Ebene wird dafür eine Histonmodifikation verantwortlich gemacht, also eine Veränderung eines jener Proteine, auf die die DNA einer Zelle aufgewickelt ist und die so gleichsam als deren Verpackungsmateriel fungieren. Diese Modifikation verhindert die Expression eines Gens, das für gewöhnlich die Blütenbildung hemmt. Die Pflanzenzellen sind dadurch über den Winter bereits auf das Blühen vorbreitet und können bei Temperaturerhöhung sofort damit loslegen.
Eine Histonmodifikation ist aber nicht in der DNA selbst gespeichert, wie es bei der Erbinformation de Fall ist. Sie stellt vielmehr einen sogenannten epigenetischen Marker dar. Wie kann ein solcher aber bei der Zellteilung auf die Tochtergeneration weitergegeben werden? Danhua Jiang und Frederic Berger vom Gregor-Mendel-Institut für molekulare Pflanzenbiologie, einer Forschungseinrichtung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, haben gezeigt, wie das für eine trimethylierte Variante des Histons 3.1 funktionieren könnte. Nach der Replikation von DNA liegt zunächst zwar weniger von der Histon-Variante vor – jene Proteine, die für das Kopieren des Erbmaterials zuständig sind, bewirken danach aber auch das Wiederherstellen des höheren Niveaus an methyliertem Histon, das zum Zeitpunkt der Zellteilung damit wieder dem der Mutterzelle entspricht.
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