Archive - Apr 28, 2020

Hydroxychloroquin: EMA rät zur Vorsicht

Das Mittel sollte zur Behandlung von COVID-19 nur im Rahmen klinischer Studien und unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden, mahnt die oberste europäische Arzneimittelbehörde.

 

Nicht nur für US-Präsident Donald Trump gilt das Malariamittel Hydroxychloroquin bekanntlich als Hoffnungsträger im Kampf gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Und einige Hersteller, darunter Novartis und Sanofi, erklärten sich bereit, größere Mengen des Arzneimittels für einschlägige klinische Studien sowie Tests zur Verfügung zu stellen. Novartis führt selbst eine Phase-III-Studie mit dem Mittel durch. Getestet wird dessen Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 „allein und in Kombination mit Azithromycin“, die Probanden werden stationär behandelt. Sanofi wies anlässlich der Spende von 100 Millionen Dosen Hydroxychloroquin an 50 Staaten allerdings darauf hin, dass das Medikament keineswegs nur positive Seiten aufweist: „Hydroxychloroquin hat eine Reihe schwerer bekannter Nebenwirkungen und sollte mit mit Vorsicht verwendet werden. Nicht jedermann kann dieses Arzneimittel einnehmen.“

 

Bestätigt wird diese Warnung nun einmal mehr von der European Medicines Agency (EMA). Sie konstatiert, dass Chloroquin und Hydroxychloroquin neuen Studien zufolge speziell in hohen Dosen und in Kombination mit antibiotischem Azithromycin Herzrhythmusstörungen auslösen können - bisweilen sogar mit tödlichem Ausgang. Bekannt ist laut EMA ferner, dass die beiden Mittel Leber- und Nierenprobleme verursachen können. Ebenso sind sie in der Lage, Nervenzellen zu schädigen und damit unter anderem zu Unterzuckerung (Hypoglykämie) zu führen.

 

Bis jetzt gibt es nach Angaben der EMA nur wenige klinische Daten über die Wirkung von Chloroquin und Hydroxychloroquin auf SARS-CoV-2. Und was vorliegt, ergibt bis dato kein eindeutiges Bild. Jedenfalls seien positive Wirkungen bei der Behandlung von COVID-19 nicht nachgewiesen.

 

Deshalb empfiehlt die EMA, COVID-19-Patienten bei der Behandlung mit den Mitteln rigoros zu überwachen. Vor allem sollen die Ärzte darauf achten, ob die Patienten an Herzkrankheiten leiden und daher anfälliger für Herzrhythmusstörungen sein können. Speziell bei der Anwendung höherer Dosen von Chloroquin und Hydroxychloroquin ist der Behörde zufolge Vorsicht am Platze. Jedenfalls sollten die Mittel zur Behandlung von COVID-19 ausschließlich im Rahmen klinischer Studien verwendet werden. Ohne Verschreibung und ohne Aufsicht durch einen Arzt dürften sie keinesfalls zum Einsatz kommen.

 

 

Marinomed testet Mittel gegen SARS-CoV-2

Die FFG fördert bis zu 45 Prozent des Projektvolumens von über vier Millionen Euro. Geprüft wird eine Inhalationslösung gegen Lungenentzündung auf Basis des Rotalgen-Wirkstoffs Carragelose.

 

Die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt das Wiener Biotechnologieunternehmen Marinomed bei der Entwicklung eines Medikaments gegen COVID-19. Dies erfolgt im Zuge des „Emergency-Call zur Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2“ der FFG. Nach Angaben des Unternehmens macht die Förderung bis zu 45 Prozent der Projektkosten aus, die mit „über vier Millionen Euro“ beziffert werden. Somit würde die Marinomed rund 1,8 Millionen Euro lukrieren können. Zustande bringen will sie eine Inhalationslösung gegen Lungenentzündungen, die vom „Coronavirus“ SARS-CoV-2 sowie anderen Viren ausgelöst werden, die Atemwegserkrankungen hervorrufen.

 

Das Unternehmen stützt sich dabei auf seinen aus Rotalgen gewonnenen Wirkstoff Carragelose. Dieser habe sich bereits 2014 als effektiv gegen Coronaviren erwiesen und die Erkrankungsdauer von Patienten „um mehr als drei Tage“ verkürzt, hieß es in einer Aussendung. In Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) werde nun eine Carragelose-Inhalationslösung an gesunden Personen sowie an Lungenentzündungungs-Patienten getestet. Überdies überprüfe die MedUni in In-vitro-Tests die Sicherheit des Mittels. Ergebnisse hinsichtlich seiner Wirksamkeit und Verträglichkeit erwartet die Marinomed innerhalb eines Jahres.

 

Die wissenschaftliche Leiterin des Unternehmens, Eva Prieschl-Grassauer, verwies auf die Wirksamkeit von Carragelose gegen andere Coronaviren als SARS-CoV-2. Sie gab sich „zuversichtlich, auch beim aktuellen Coronavirus gute Ergebnisse erzielen zu können“. Prieschl-Grassauer zufolge kann eine „kausale Therapie direkt in der Lunge für Patienten, die an einer viralen Lungenentzündung leiden, die Dauer der Krankheit und damit der Hospitalisierung verkürzen, die Anzahl der Patienten in intensivmedizinischer Versorgung reduzieren und damit für Patienten und das Gesundheitssystem enorme Vorteile bringen“.