AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.5 MÄRKTE & MANAGEMENT auf Kredite zurückgreift, tut sich häufig schwer. Einer Umfrage des Kreditschutz- verbandes KSV 1870 zufolge haben 59 Prozent der befragten 1.600 Unterneh- men eine Kreditaufnahme als „schwierig“ oder „sehr schwierig“ bezeichnet. So wer- den nach Angaben von zwei Drittel der Befragten vermehrt private Sicherheiten von den Banken verlangt. Die Folge: 63 Prozent der Befragten wollen heuer gar keinen Kredit beantragen. Dabei haben die Banken genügend Geld, dafür sorgen Sparer und Europä- ische Zentralbank. „Das vorhandene Geld wird jedoch nicht abgeholt“, heißt es dazu aus der Erste Bank. Von einer Kreditklemme könne man daher nicht sprechen. „Im ver- gangenen Jahr haben zwar die Kredite an private Haushalte um 4,3 Prozent zuge- nommen, diejenigen an Unternehmen aber praktisch nicht. Hier hat es nur ein Plus von 0,1 Prozent gegeben“, sagt auch Wolfgang Sützl vom Verband österreichi- scher Banken und Bankiers. Ihm zufolge „kommen eine zurückhaltende Kredit- nachfrage und eine vielleicht etwas vor- sichtigere Risikoeinschätzung der Banken als vor der Finanzkrise zusammen“. Dass der Spielraum der Banken immer gerin- ger wird, sieht auch Werner Girth von der KPMG: „Die Bonität der Kunden ist jedoch oft so stark belastet, dass Banken tatsäch- lich keine Kredite vergeben können.“ Durch Basel III und die Eigenkapitalvor- schriften der Banken sei deren Spielraum wesentlich geringer als früher. Vor allem bei Betriebsmittelkrediten sei der enge Rahmen deutlich spürbar. Noch engerer Rahmen Und er dürfte demnächst noch enger werden, laufen doch schon die Verhand- lungen über Basel IV. Damit wird die bis- her begünstigte Eigenkapitalunterlegung von KMU-Krediten infrage gestellt und damit die Finanzierung für KMU künftig noch schwieriger und teurer gemacht. Unter anderem soll die Unterlegungs- pflicht für Beteiligungen von 100 Prozent auf 250 Prozent angehoben werden. Um einen Kredit im Retail/KMU-Portfolio mit begünstigtem Risikogewicht von 75 Pro- zent unterlegen zu können, soll künftig kein Kredit dieses Portfolios (aus Diver- sifikationsgründen) mehr als 0,2 Prozent des Gesamt-Retail-Portfolios ausmachen dürfen. Die Vorschläge enthalten zum Teil wesentliche Verschärfungen für Kredite an die Realwirtschaft und würden auch zu einer merkbaren Verteuerung von Wohnbaufinanzierungen führen. Beab- sichtigt ist, Basel IV mit Ende 2016 abzu- schließen. Es ist davon auszugehen, dass die beschlossenen Änderungen in den EU-Rechtsbestand übernommen werden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007/2008 hatte vor allem im Bankbereich Defizite bezüglich der Regu- lierung enthüllt. Als Reaktion darauf erarbeitete das Basler Komitee für Ban- kenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) eine Weiterentwick- lung der früheren Regelwerke, um diesen Defiziten zu begeg- nen und so die Kri- senresistenz der Banken zu erhö- hen. Die in „Basel III – Ein globaler Regulierungsrah- men für widerstandsfähigere Banken und Banksysteme“ enthaltenen Bestim- mungen betreffen sowohl die Eigenmit- tel in Quantität und Qualität als auch Liquiditätsstandards sowie die Berech- nung der risikogewichteten Aktiva. Die nunmehr geplanten Verschärfungen und grundlegenden Änderungen unter dem Schlagwort Basel IV (Kreditrisiko-Stan- dardansatz) werden diskutiert, obwohl der Umsetzungsprozess von Basel III noch nicht abgeschlossen ist. Alternativen gefragt Angesichts dieses Zukunftsszenarios werden alternative Finanzierungsformen wie etwa Crowdinvesting bzw. Crowd- funding zunehmend zum Thema. Im Anfangsstadium meist eher für die Finan- zierung von Start-ups gedacht, greifen all- mählich auch bestehende Unternehmen auf diese Möglichkeit der Kapitalaufbrin- gung zurück Mittels Crowdinvesting holen sich Unternehmen, etwa zur Entwicklung neuer Produkte, Kapital nicht auf dem klassischen Finanzmarkt, sondern von vielen Klein- und Kleinstinvestoren. Für ihr Geld erhalten diese je nach Modell beispielsweise einen Anteil am Unter- nehmen, einen Sachwert, eine Dienstleis- tung oder das eingesetzte Kapital plus Zinsen retourniert. Weltweit wurden im Vorjahr mehr als 34 Milliarden US-Dol- lar an Investitionskapital über Crowd- funding-Plattformen generiert. Auch in Österreich befindet sich Crowdinvesting, vor allem dank des im Vorjahr in Kraft getretenen Alternativfinanzierungsgeset- zes, im Aufschwung: Allein 2015 wurden mittels Crowdinvesting 8,1 Millionen Euro eingesammelt und dadurch 44 Projekte finanziert. Beim Crowdfunding hingegen erhalten die Kapitalgeber keine Anteile an einem Unternehmen, sondern nur eine symbolische Gegenleistung. Auf 250 % soll die Unterlegungspflicht angehoben werden.