Archive - Mär 23, 2008

Tribolium castaneum: Erstes Käfergenom sequenziert

Käfer bilden mit rund 350.000 Arten die größte Gruppe des Tierreichs. Mit Tribolium castaneum (der Rotbraune Reismehlkäfer) wurde nun erstmals das Genom eines Käfers komplett sequenziert. Joachim Schachtner von der Uni Marburg konnte zeigen, dass Tribolium sich von allen bisher untersuchten Insekten durch Gene unterscheidet, die in ähnlicher Form auch beim Menschen vorkommen. Tribolium castaneum: Erstes Käfergenom sequenziert <% image name="Tribolium_castaneum" %><p> <small> Die Körperlänge des Rotbraunen Reismehlkäfers misst nur wenige Millimeter. &copy; Gregor Bucher </small> <table> <td width="120"></td><td><small> <b>Tribolium castaneum:</b> Die nur etwa 3 mm großen Tiere leben als Getreideschädlinge in Mehl. Die Art ist seit einigen Jahren als neues Modell in der Entwicklungsbiologie etabliert. Diese Disziplin erforscht, wie aus einem befruchteten Ei ein Organismus mit vielen Zellen entsteht, die trotz ihrer übereinstimmenden Gene ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen. </small></td> </table> Einer der wichtigsten Modellorganismen ist die Fruchtfliege Drosophila melanogaster, die seit Jahrzehnten molekulargenetisch erforscht wird, wofür Christiane Nüsslein-Volhard 1995 den Nobelpreis erhielt. Aber sind die Ergebnisse auch auf andere Insekten übertragbar? Um das herauszufinden, arbeiten Entwicklungsbiologen seit den 1990er Jahren vermehrt auch mit anderen Modellsystemen. Unter diesen gewinnt Tribolium zunehmend an Bedeutung. Der Käfer repräsentiert einen ursprünglichen Insektentypus, sodass er vermutlich mehr Eigenschaften mit anderen Arten teilt als die Fruchtfliege. Denn Drosophila ist an sehr spezielle Lebensbedingungen angepasst und weist daher eine Reihe von Sondermerkmalen auf. <% image name="Tribolium" %><p> <small> Im Gehirnmodell von Tribolium konnte das Team von Joachim Schachtner definierte Bereiche lokalisieren. &copy; David Dreyer </small> Die vermuteten Unterschiede zwischen den Modellorganismen haben sich durch die Ergebnisse bestätigt, die das internationale "Tribolium Genome Sequencing Consortium" nun vorlegt. So fanden sich bei dem Käfer eine Reihe von Genen, die man zwar in ähnlicher Form von weit entfernten Verwandten kennt - etwa von Wirbeltieren -, die Drosophila aber verloren hat. Umgekehrt hebt sich Tribolium mit einigen seiner Erbanlagen von allen anderen Insekten ab, die man bisher untersucht hat. Ein Beispiel hierfür sind Gene für Vasopressin-artige Verbindungen, die von der internationalen Wissenschaftlergruppe identifiziert wurden, der Schachtner angehört. Der Marburger Wissenschaftler beschäftigt sich mit dem Gehirn von Insekten sowie mit Molekülen, die auf das Nervensystem einwirken und dessen Funktion modulieren. <% image name="Reismehlkaefer" %><p> Vasopressin ist bei Säugetieren und dem Menschen das wichtigste Neurohormon, das die Rückgewinnung von Wasser in der Niere anregt. "Sein Vorliegen bei Tribolium mag darauf zurückzuführen sein, dass der Käfer in sehr trockenen Habitaten überleben muss", vermutet Schachtner. Anpassungen wie diese könnten künftig einen Ansatzpunkt darstellen, um den Schädling gezielt zu bekämpfen. <small> Original: The Tribolium Tribolium Genome Sequencing Consortium: The genome of the model beetle and pest Tribolium castaneum; Nature. </small>