Archive - Dez 13, 2012

Medizin-Uni Wien: Ehrendoktorat für Carl Djerassi

Carl Djerassi erhielt aus den Händen von Rektor Wolfgang Schütz das Ehrendoktorat der <a href=http://www.meduniwien.ac.at>Medizinischen Universität Wien</a>. Der in Wien geborene Chemiker synthetisierte Anfang der 1950er-Jahre den Wirkstoff der ersten Verhütungs-Pille.

 

„Spät kommt Ihr - doch Ihr kommt!“ – Carl Djerassi wertete es als Zeichen der Qualität jener Bildung, die ihm an einem Wiener Gymnasium vermittelt wurde, dass er Schillers Wallenstein heute noch zitieren kann. Den Satz bezog er freilich auf die akademischen Ehren, die ihm erst in den vergangenen Jahren auch aus jenem Land entgegengebracht wurden, in dem er geboren wurde und den größten Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte. Nach der TU Graz, die ihm 2010 einen  Ehrendoktor verlieh, folgten erst in diesem Jahr die Universität Wien und die Medizinische Universität Wien.

Mit letzterer, die die Ernennungsurkunde zum Doktor honoris causa in einer akademischen Feier am 12. Dezember an Djerassi übergab, ist der Chemiker, der sich selbst als „Mutter der Pille“ bezeichnet, über zahlreiche Anknüpfungspunkte verbunden. Die Mutter, eine askenasische Wiener Jüdin und sein Vater, ein sephardischer Jude aus Bulgarien, hatten beide in Wien Medizin studiert und einander dabei kennengelernt. Im heutigen Rektoratsgebäude der Medizinischen Universität, in dem auch die Feier zur Verleihung der Ehrendoktorwürde stattfand, wurde Djerassi 1923 geboren. Ab den 1990er-Jahren kam es auch zu wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit der Wiener Universität-Medizin.

 

Chemiker, Schriftsteller, Kunstsammler

Djerassi, der seine Kindheit in Sofia und Wien verbrachte, musste 1938 emigrieren und studierte in den USA Chemie. Als Forschungsdirektor bei der Firma Syntex in Mexico City gelang ihm die Synthese des ersten oral einzunehmenden kontrazeptiven Wirkstoffs Norethisteron. Er wirkte lange Jahre als Professor für Organische Chemie an der Standford-Universität in Kalifornien, nach seiner Emeritierung erfand er sich als Schriftsteller neu und prägte mit „Science-in-Fiction“ – der literarischen Darstellung sozialer Verhältnisse in der Wissenschaft – ein neues Genre. All diese Aspekte führte Laudator Carl Aigner, der Direktor des Landesmuseums Niederösterreich, mit viel Wissen um die Zusammenhänge vor Augen. Aigner selbst ist aber durch eine anderes gemeinsames Interessensgebiet mit Djerassi verbunden:  Als frischgebackener Direktor der Kunsthalle Krems wollte Aigner eine Ausstellung mit Werken Paul Klees erarbeiten und stieß dabei auf Djerassis umfangreiche Sammlung von Bildern dieses Künstlers.

Arnold Pollak, der Vorsitzende des  Universitätssenats, begründete den Beschluss, Djerassi zum Ehrendoktor der Wiener Medizin-Uni zu verleihen, auch damit, dass der Geehrte für die „Vertreibung der Vernunft“ unter den Nationalsozialisten stehe und dieses Unrecht niemals vergessen werden solle. Djerassi, der seit einigen Jahren wieder einen seiner Wohnsitze in Wien hat, meinte in seinen Dankesworten demgegenüber, er habe Heimat verloren und wisse nicht, ob man sie wiedergewinnen könne. Man könne sich nie sicher sein, ob man als Person Anerkennung finde oder als ehemaliger Flüchtling.