Archive - Apr 18, 2012

„Papier wird nicht so schnell vergilben“

Wir werden uns mit neuem Schwung in einem schwierigen Umfeld behaupten“, betonte der Präsident des österreichischen Papierindustrieverbandes Austropapier, Wolfgang Pfarl, heute bei der Jahrespressekonferenz der Branche. Das Jahr 2011 habe dieser hart zugesetzt. So sank die Auslastung der Fabriken von 92 auf 90 Prozent, die Produktion ging um 2,2 Prozent zurück. Überdies stiegen die Kosten von Holz, einem der wichtigsten Rohstoffe für die Papiererzeugung, und die Altpapierpreise „waren sehr volatil und werden das auch bleiben.“

Allerdings gab es auch Erfreuliches zu melden: Der Umsatz der Branche erhöhte sich um sechs Prozent auf knapp über vier Milliarden Euro und liegt damit über dem Niveau des Vorkrisenjahres 2007. Die Durchschnittserlöse pro Tonne Papier und Pappe lagen knapp unter 750 Euro, ein Wert, der zuletzt im Jahr 2001 erreicht worden war. „Diese auf den ersten Blick erfreuliche Entwicklung war auch sehr notwendig, um die gestiegenen Produktionskosten abdecken zu können“, relativierte Pfarl. Auch heuer stehe die Papierindustrie vor großen Herausforderungen. Für Euphorie gebe es keinen Grund, auch, wenn mit einer „leichten Verbesserung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds“ im zweiten Halbjahr gerechnet werden könne. Grundsätzlich sei aber festzuhalten: „Die österreichische Papierindustrie ist keine Sunset-Industrie. Papier wird nicht so schnell vergilben.“

 

Investitionen „gefährlich“ niedrig

Noch nicht abgeschlossen sind Pfarl zufolge die Debatten mit der ÖBB-Tochter Rail Cargo Austria (RCA) über die Erhöhung der Transportkosten. Immerhin wolle sich die RCA das Geschäft mit der Papierindustrie offensichtlich erhalten: „Wir sind ja einer ihrer größten Kunden.“ Etwa 45 Prozent ihrer Transporte wickelt die Branche auf der Schiene ab, und das solle auch so bleiben, betonte Pfarl: „Wir haben größtes Interesse am Bahntransport, nicht zuletzt, um unsere CO2-Emissionen in Grenzen zu halten.“ Ein Ausweichen auf den Straßentransport wäre ihm zufolge mit massiven ökologischen Auswirkungen verbunden.

Nicht zufriedenstellend war 2011 das Investitionsniveau, bedauerte Austropapier-Vizepräsident Christian Skilich. Es stagnierte bei etwa 100 Millionen Euro, „und das ist gefährlich wenig. Wir haben eine sehr gute und moderne Industrie. Aber bei derart niedrigen Investitionen könnte sich das längerfristig ändern.“ Die Mondi, für die Skilich als Operations Director tätig ist, wirkt dem allerdings entgegen: Sie investiert an ihrem Kärntner Standort Frantschach rund 60 Millionen Euro in einen neuen Laugenverbrennungskessel. Er soll im zweiten Halbjahr 2013 in Betrieb gehen und zwei Kessel aus den 1950er und 1970er Jahren ersetzen. Frantschach ist eines der wichtigsten Werke Mondis in Europa.

 

Hirnschmalz nötig

Ausdrücklich bekannten sich Pfarl, Skilich und Austropapier-Energiesprecher Max Oberhumer zur Vorreiterrolle der österreichischen Papierindustrie in Sachen Ökologisierung und Reduktion von CO2-Emissionen. Pfarl verwies auf das Ziel der EU, die letzteren bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken: „Dazu braucht es Hirnschmalz für die notwendigen Innovationen, und die können nur aus der Industrie kommen.“ Die Politik sei eingeladen, für ein investitionsfreundliches Klima zu sorgen.

Kritik übte Oberhumer an der geplanten neuen Energieeffizienz-Richtlinie der EU. Deren ursprünglicher Entwurf sei „vernünftig“ gewesen und habe die Bemühungen der Industrie unterstützt: „Leider wurde er inzwischen zerredet, und jetzt geht es hauptsächlich um Klientelpolitik und Stimmenkauf.“ Ähnliche Probleme seien auch im Zusammenhang mit dem in Österreich geplanten Energieeffizienzgesetz nicht auszuschließen. Manche Politiker sähen darin leider eher ein Mittel zur Budgetsanierung als zur Verbesserung der Energieeffizienz, bedauerte Pfarl.