Archive - Apr 18, 2016

Chemikalienleasing: Erleichterter Einstieg

Es gilt als internationale Erfolgsgeschichte: Chemikalienleasing, ein in Österreich seitens des Umweltministeriums entwickeltes Geschäftsmodell. Dieses unterstützt Chemieunternehmen auf dem Weg von Produktanbietern zu umfassend ausgerichteten Dienstleistern. Grob gesprochen, gelangt nicht mehr eine bestimmte Menge eines Produkts, etwa eines Reinigungsmittels, zum Verkauf, sondern die damit zu erbringende Leistung, also etwa die Reinigung eines Raumes oder einer Maschine. Dadurch haben sowohl der Hersteller des Mittels als auch sein Kunde einen Anreiz, das Mittel möglichst effizient einzusetzen. So lassen sich die Kosten für die Chemikalie wie auch die Umweltauswirkungen ihrer Anwendung verringern.

 

Um die bisherigen Erfahrungen mit Chemikalienleasing noch leichter zugänglich zu machen und Unternehmen sowie politischen Entscheidungsträgern den Zugang zu der Thematik zu erleichtern, ist seit wenigen Tagen eine neue Version des Chemical Leasing Toolkit online. Für beide Zielgruppen werden spezielle Informationsinhalte angeboten. Für die Unternehmen kann vor allem ein Leitfaden hilfreich sein, der den Einstieg ins Chemikalienleasing in drei Schritten erläutert, von der Vorbereitung über die Durchführung bis zur Überprüfung der Resultate. Ein Glossar sowie eine Linkliste runden das Angebot ab. Das Toolkit ist unter http://chemicalleasing-toolkit.org verfügbar.

 

Wie die UNIDO in ihrem kürzlich veröffentlichten „10 Years Chemical Leasing Report and Strategy Outlook“ berichtete, wurden bisher in 14 Ländern mehr als 50 Demonstrationsprojekte durchgeführt. Etwa 1.700 Unternehmen haben sich über Chemikalienleasing informiert. Über 450 Personen, insbesondere aus Entwicklungs- und Schwellenländern, absolvierten einschlägige Trainings. In Brasilien, Kolumbien, Serbien und Sri Lanka bestehen Nationale Arbeitsgruppen. Bereits drei Mal wurde für besonders gelungene Projekte der „Global Chemical Leasing Award“ vergeben, zuletzt 2014 in Wien. Auch für heuer ist die Vergabe der Auszeichnung wieder geplant.

 

 

 

FOPI: Arzneimittelmarkt könnte schrumpfen

Heuer könnte der Arzneimittelmarkt netto um rund fünf Prozent schrumpfen, warnte Ingo Raimon, der Präsident des Forums für forschende pharmazeutische Industrie in Österreich (FOPI), bei einem Hintergrundgespräch in Wien. Seine Rechnung: Der neue Rahmen-Pharmavertrag verpflichtet die Pharmaindustrie, den Krankenkassen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger (HV) heuer einen „Solidaritätsbeitrag“ von 125 Millionen Euro einzuräumen. Das entspricht rund sechs Prozent der 2,1 Milliarden Euro, die die Kassen jährlich für Medikamente ausgeben. Im ersten Quartal nun wuchs der Arzneimittelmarkt brutto um rund 1,2 Prozent. Bleibe dieser Wert im Jahresdurchschnitt stabil, errechne sich daraus das von ihm genannte Minus, argumentierte Reimon.

 

Der FOPI-Präsident fügte hinzu, dass die Arzneimittelkosten laut HV-Vorsitzender Ulrike Rabmer-Koller im vergangenen Jahr um rund 5,4 Prozent stiegen. Davon müssen seiner Ansicht nach jedoch zwei Prozentpunkte abgezogen werden. Die Gründe dafür sind der „alte“ Rahmen-Pharmavertrag, der die Kosten für die Kassen um 18 Millionen Euro verminderte, sowie individuelle Vereinbarungen der Pharmafirmen mit den Kassen (Preismodelle, PMs), die mit weiteren mindestens 21 Millionen Euro Kostenverminderung zu Buche schlugen. Reimons Fazit: „Damit sind wir für 2015 bei einem realen Wachstum der Arzneimittelkosten um 3,6 Prozent. Die Steigerung war damit niedriger als die der Krankenkassenbeiträge, die sich auf etwa 3,8 Prozent belief.“

 

Kosten senken

 

Nicht kommentieren wollte Reimon, dass der Rechnungshof in einem Ende März veröffentlichten Bericht mit den Krankenkassen hart ins Gericht ging. Dem Bericht zufolge hätte das Potenzial der Kassen zur Senkung der Arzneimittelkosten im Jahr 2014 rund 276 Millionen Euro betragen. Statt dessen wurden aber via Rahmen-Pharmavertrag nur 18 Millionen Euro realisiert. „Ich kenne die Berechnungen des Rechnungshofs nicht“, teilte Reimon dem Chemiereport mit. Tatsache sei aber jedenfalls, dass der neue Rahmen-Pharmavertrag die Pharmaunternehmen ihrerseits zwinge, ihre Kosten zu senken. Manche bauten Personal ab, andere wie seine Abbvie strichen Projekte, „die gut gewesen wären“. Zahlen hinsichtlich der Arbeitsplatzverluste wollte Reimon nicht nennen: „Wir sind dabei, die Werte zu aggregieren.“

 

Dennoch war es laut Reimon richtig, einen neuen Rahmen-Pharmavertrag abzuschließen, anstatt den Beitrag der Pharmaindustrie gesetzlich festzulegen. Zwar stünden voraussichtlich auch heuer wieder Debatten über die Entwicklung der Arzneimittelkosten und damit die Höhe des Solidarbeitrags ins Haus: „Trotzdem ist der Vertrag einem Gesetz vorzuziehen.“

 

Grundsätzlich äußerte der FOPI-Präsident Verständnis für die Position der Kassen, die Arzneimittel ausschließlich als Kostenfaktor zu betrachten: „Der ökonomische Nutzen kommt ja nicht bei ihnen an, sondern beim Sozialminister und bei den Gesundheitslandesräten.“ Aus diesem Grund empfehle sich eine „einheitliche Finanzierung“ des Gesundheitssystems, um Kosten und Nutzen miteinander abgleichen zu können. Dies habe auch HV-Chefin Rabmer-Koller vorgeschlagen. Wie eine diesbezügliche Lösung aussehen könnte, „kann ich leider nicht sagen“, so Reimon zum Chemiereport.

 

 

Standort erhalten

 

Positiv beurteilt er die Biotechnologie-Plattform, die der Pharmaindustrieverband Pharmig kürzlich präsentierte. Die Mitglieder der FOPI würden sich der Plattform anschließen. Diese könne sich als sehr wichtig für die Entwicklung neuer Medikamente in Österreich erweisen. Allerdings müsse dazu das Patentrecht verbessert werden. Lob zollte Reimon in diesem Zusammenhang Technologieminister Gerald Klug, der kürzlich einen Preis für neue Patente auslobte: „Das ist sehr gut, auch wenn Klug dabei eher nicht an Pharmaprodukte gedacht hat.“ Prinzipiell sei Österreich nach wie vor ein guter Standort für die Branche: „Wir sollten nur darauf achten, das auch weiterhin zu bleiben.“