Archive - Okt 9, 2008

Was die Abwehr der Zellen zum Bröckeln bringt

Forscher haben in Miesmuscheln erstmals vollständige Gensequenzen und die Funktion von 2 Proteinen identifiziert, die eine wichtige Abwehrfunktion gegen Umweltgifte haben. Diese Proteine sind Teil einer aktiven, physiologischen Barriere in den Muschelkiemen. Was die Abwehr der Zellen zum Bröckeln bringt <% image name="Mytilus_californianus" %><p> <small> In Muscheln wie Mytilus californianus - sie können mehr als 20 l Wasser/h durch ihre Kiemen pumpen - wirken MXR-Proteine der Anreicherung von Fremdstoffen aus dem Wasser im Gewebe entgegen. Als Chemosensitizer können Umweltchemikalien diese molekularen Pumpen außer Gefecht setzen. &copy; UFZ </small> <table> <td width="110"></td><td><small> Zellen besitzen Mechanismen, die es ihnen ermöglichen, mit schädlichen Substanzen umzugehen. Ein solcher wird etwa durch Transportproteine gebildet, die in der Zellmembran sitzen und als molekulare Pumpen verhindern, dass sich toxische Verbindungen in der Zelle anreichern. Dieser Abwehrmechanismus gegen giftige Chemikalien wird Multixenobiotic Resistance (MXR) genannt. Substanzen, die den MXR-Mechanismus hemmen, werden als Chemosensitizer bezeichnet. </small></td> </table> Die beiden neu entdeckten Proteine gehören zu den ABC-Transportern. Diese Klasse von Membranproteinen ist nach einem gemeinsamen Strukturelement benannt: der ATP-bindenden Kassette. ABC-Transporter sind eine der größten bekannten Proteinfamilien, die in Bakterien ebenso wie in Säugetieren vorkommen. Beim Menschen sind ähnliche Proteine an der Blut-Hirn-Schranke beteiligt. Bei Muscheln trennt diese Barriere nicht verschiedene Teile eines Organismus, sondern ist nach außen gerichtet. "Die Proteine sitzen in der Zellmembran und sorgen dafür, dass Stoffe, die nicht in die Zelle hineingehören, wieder heraustransportiert werden - ähnlich wie bei einer Pumpe, die eindringendes Wasser aus einem Schiff abpumpt", so Till Luckenbach vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Mögliche Effekte von Umweltchemikalien auf das MXR-System wurden bereits vor fast 20 Jahren beschrieben. Aber erst in den vergangenen Jahren begann man, solche Wirkungen intensiver zu untersuchen. "Wir wollen verstehen, wie Chemikalien mit diesen Transportern interagieren", sagt Luckenbach, der an der Hopkins Marine Station der Stanford University mit Untersuchungen an Miesmuscheln begann und seine Arbeiten am Leipziger UFZ an Fisch- und Säugerzellen fortsetzt. "Bisher sind wenige umweltrelevante Substanzen bekannt, die über die Blockierung des MXR-Systems diese Sensibilisierung für Chemikalien auslösen. Allerdings gehören die bekannten Substanzen zu chemisch sehr unterschiedlichen Gruppen. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Interaktionen von Umweltsubstanzen mit dem System recht weit verbreitet sind." Bisher werden Chemikalien bei der Zulassung auf ihre Gefahren wie Giftigkeit, erbgutverändernde oder krebserzeugende Wirkungen untersucht. Die Wirkung als Chemosensitizer spielt in der Gesetzgebung momentan keine Rolle. Luckenbach ist aber überzeugt, dass diese Stoffe großen Einfluss auf die Umwelt haben und es wichtig ist, mehr über diese Prozesse herauszufinden. <small> Luckenbach, T., Epel, D., (2008): ABCB and ABCC type transporters confer multixenobiotic resistance and form an environment-tissue barrier in bivalve gills. American Journal of Physiology, 294(6):R1919-29. Epel D., Luckenbach T., Stevenson C.N., MacManus-Spencer L.A., Hamdoun A., Smital T., (2008): Efflux transporters: newly appreciated roles in protection against pollutants. Environmental Science & Technology, 42(11):3914-3920. </small>

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