Archive - Feb 11, 2013

Neue Rolle für einen alten Bekannten

Ein Forscherteam unter Federführung von Innsbrucker Medizinern konnte zeigen, dass das Protein RANKL die Wirkung von Insulin in der Leber hemmt. Die Ergebnisse könnten entscheidend zum Verständnis der Entstehung von Diabetes Typ 2 beitragen.

 

RANKL (die Abkürzung steht für „Receptor Activator of Nuclear Factor Kappa-B Ligand) ist ein Protein mit zahlreichen Funktionen, die in Bezug zu ebenso zahlreichen Krankheitsbildern stehen. Zunächst wurde das Cytokin aus der Familie der Tumornekrosefaktoren als Botenstoff bekannt, der die Bildung von Osteoklasten anregt – von Zellen, die Knochensubstanz abbauen und so im gesunden Organismus zu einem Gleichgewicht zwischen Resorption und Neubildung von Knochengewebe beitragen.

Eine ganze Reihe von Erkrankungen (etwa Rheumatoide Arthritis) kann die Überexpression von RANKL auslösen und durch Beschleunigung des Knochenabbaus dieses Gleichgewicht pathologisch verändern.  Auch hat man herausgefunden, dass RANKL von den T-Zellen des Immunsystems exprimiert wird und vermutlich eine Rolle in der Reifung von dendritischen Zellen spielt. Eine Forschergruppe um IMBA-Leiter Josef Penninger hat 2010 gezeigt, dass das Protein in die Erhöhung des Brustkrebsrisikos durch die Einnahme synthetischer Gestagene verwickelt ist.

 

Was macht RANKL in der Leber?

Dass auch Leberzellen empfänglich für die Aktivität von RANKL sind, weckte das Interesse einer Forschungsgruppe rund um Stefan Kiechl, Johann Willeit und Herbert Tilg von der Medizinischen Universität Innsbruck. Den Wissenschaftlern gelang der Nachweis, dass RANKL den Transkriptionsfaktor NF-Kappa B in der Leber stimuliert - der dort als zentraler Entzündungsschalter eine Aktivierung von Entzündungsgenen im Zellkern bewirkt.

Dass dadurch das Hormon Insulin seine Wirkung verliert, wurde zunächst epidemiologisch gezeigt. Im Rahmen der sogenannten „Bruneck-Studie“ (einer seit 22 Jahren laufenden Langzeitbeobachtung von zufällig ausgewählten Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol) wurde die Konzentration von RANKL im Blut von fast 1.000 Teilnehmer gemessen. Dabei zeigte sich, dass Personen mit hohem RANKL-Spiegel, unabhängig von Geschlecht und Alter, ein deutlich erhöhtes Risiko aufwiesen, an Diabetes Mellitus Typ 2 zu erkranken.

 

Mechanismen aufgeklärt

In mehrjähriger Laborarbeit konnten in einem zweiten Schritt – gemeinsam mit Forschern um Georg Schett von der Universität Erlangen –die hinter dem Auftreten der  Zuckerkrankheit stehenden zellulären Mechanismen aufgeklärt werden. Durch die spezifische Hemmung der Aktivierung von RANKL in der Leber konnte eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels erreicht werden. Die Hoffnung ruht nun darauf, in diesen Prozess gezielt medikamentös eingreifen und die Entstehung von Diabetes Mellitus 2 verhindern zu können.

Originalpublikation: „Blockade of receptor activator of nuclear factor-κB (RANKL) signaling improves hepatic insulin resistance and prevents development of diabetes mellitus.” Nature Medicine, published online 10 February 2013; http://dx.doi.org/10.1038/nm.3084