Archive - Apr 1, 2015

Deutschland: Einschränkungen für Fracking

Die deutsche Bundesregierung beschloss heute neue Regeln für das „Fracking“, das Aufbrechen unterirdischer Gesteinsformationen im Zuge der Schiefergasförderung. Ihnen zufolge wird das Fracking in Schiefer- sowie Kohleflözgaslagerstätten oberhalb von 3000 Metern Tiefe grundsätzlich verboten. Erlaubt ist es ausschließlich im Zuge von Probebohrungen. Allerdings dürfen die für das Fracking eingesetzten Flüssigkeiten „nicht wassergefährdend“ sein, hieß es in einer gemeinsamen Aussendung des Wirtschafts- und des Umweltministeriums. Generell untersagt ist das Fracking in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten, Einzugsgebieten von Talsperren und natürlichen Seen, aus denen Wasser für die öffentliche Wasserversorgung entnommen wird, sowie in „Einzugsgebieten von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung“. Die Bundesländer können diese Verbote auf Einzugsgebiete von Mineralwasservorkommen, auf Stellen zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Getränken sowie Steinkohlebergbau-Gebiete ausweiten.

 

Für alle Fracking-Vorhaben ist künftig eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig, egal, ob diese der Erschließung konventioneller oder unkonventioneller Erdgas- oder Erdölvorkommen dienen. Bei Auseinandersetzungen über behauptete Schäden durch Fracking-Maßnahmen soll im Rahmen der sogenannten „Bergschadenshaftung“ die Beweislastumkehr gelten. Das heißt, das betreffende Unternehmen hat nachzuweisen, dass die Schäden nicht durch seine Fracking-Aktivitäten verursacht wurden.

 

Die Kosten für die Unternehmen beziffert die Bundesregierung mit 300.000 bis 500.000 Euro pro UVP. Zusätzlich fallen bei den Landesbehörden, die für die UVPs zuständig sind, etwa 75.000 bis 150.000 Euro pro UVP an. Wie viele Anträge auf Fracking-Aktivitäten es geben wird, kann laut Bundesregierung „nicht genau beziffert“ werden. Die seitens der Regierung verabschiedeten Regelungen müssen noch vom deutschen Bundesparlament beschlossen werden. Da die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD dort allerdings über die erforderliche Mehrheit verfügen, gilt dies als Formalität.

 

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wurde in der erwähnten Aussendung wie folgt zitiert: „Der heutige Kabinettbeschluss schafft Rechtssicherheit für die Menschen ebenso wie für die betroffene Industrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze. Im Vordergrund steht klar der Schutz von Umwelt und Gesundheit. Zudem stellen wir sicher, dass die heimische Erdöl- und Erdgasförderung unter Beachtung strenger Rahmenbedingungen auf höchstem technischen Niveau fortgesetzt werden kann.“

 

BDEW sieht Licht und Schatten

 

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verlautete in einer Aussendung, die Entwürfe der Bundesregierung seien grundsätzlich zu begrüßen. Prinzipiell erhöhten sie die „Sicherheit bei der Anwendung der neuen Technologie.“ Allerdings sieht der BDEW auch Schattenseiten: „Nicht nachvollziehbar sind aber fehlende Bestandsregelungen für bestehende konventionelle Erdgasförderungen vor Ort. Kritisch ist aus Sicht des BDEW im Hinblick auf Untergrundspeicher eine Erweiterung der Bergschadenshaftung, die in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Gewinnung von Erdgas steht.“

 

 

 

 

Biomassekraftwerke Klagenfurt: Wildes Hacken

Die seit Jahren dauernde Groteske um die beiden in Klagenfurt geplanten Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungen (Biomasse-KWK) ist um einen weiteren Akt reicher. Die RZ-Gruppe hat ein rund 3000 Quadratmeter großes Grundstück, das für die Errichtung einer der Anlagen nötig ist, um 1,55 Millionen Euro ersteigert. Der Verkehrswert der Fläche im Stadtteil Lendorf im Norden Klagenfurts wurde von Experten auf etwa 323.000 Euro geschätzt.

 

In einer Aussendung übt der Papierindustrie-Verband Austropapier nun heftige Kritik. Ohne dies nachzuweisen, unterstellt er der RZ-Gruppe, den Kauf letztlich nur mittels der Ökostromförderungen finanzieren zu können, die für die Stromerzeugung der beiden Kraftwerke bezahlt wird. „Es geht bei diesem Projekt nicht nur um die langfristige Sicherung des wertvollen Rohstoffes Holz, sondern auch um die Verschwendung von Fördergeldern für wirtschaftlich wie ökologisch fragwürdige Biomasse-Projekte. Mit diesem Unsinn muss endlich Schluss sein“, wird Austropapier-Präsident Alfred Heinzel in einer Aussendung zitiert. Eine offizielle Reaktion der RZ-Gruppe liegt bis dato nicht vor. 

Was die Papierindustriellen indessen nicht erwähnen, ist: Sie selbst waren bereit, rund 1,2 Millionen Euro für das Grundstück auf den Tisch zu legen, also nur geringfügig weniger, als nun die RZ-Gruppe bezahlte. Der Hintergrund: Das zum Constantia-Konzern gehörende Holzwerkstoffunternehmen Fundermax mit Sitz in St. Veit bot der Stadt Klagenfurt an, deren Fernwärmeversorgung zu übernehmen und dafür eine rund 18 Kilometer lange Wärmeleitung zu bauen. Die Stadt in Person des nach der Niederlage bei der Stichwahl am 15. März im Abgang befindlichen Bürgermeisters Christian Scheider entschied sich allerdings für das Vorhaben der RZ-Gruppe. Scheiders Nachfolgerin Maria-Luise Mathiaschitz hat angekündigt, dieses nach ihrer Angelobung am 7. April zu prüfen.

 

Keine UVP

 

Die beiden geplanten KWK haben eine thermische Leistung von jeweils 35 Megawatt (MW), gemeinsam also von 70 MW. Wie die Landesregierung in ihrer Sitzung am 24. März - in Abwesenheit des freiheitlichen Landesrates Christian Ragger - einstimmig beschloss, ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig, weil jede der beiden KWK für sich betrachtet weniger als 50 MW Leistung aufweist. Sogenannte staatlich „anerkannte Umweltorganisationen“ sowie Bürgerinitiativen hatten der RZ-Gruppe gerade aus diesem Grund den Versuch einer Umgehung des UVP-Gesetzes unterstellt und die nun erfolgte Prüfung durch die Landesregierung verlangt.

 

Die Diskussionen um die Versorgung Klagenfurts mit Fernwärme aus Biomasse-KWKs laufen seit etwa Mitte 2012. Im April 2012 lehnte der Umweltsenat den Bau einer mit Erdgas befeuerten KWK mit rund 400 MW Leistung ab, die der Verbund gemeinsam mit den Stadtwerken Klagenfurt plante. Sie sollte das ölbefeuerte Fernheizkraftwerk ersetzen, das seit Ende der 1950er Jahre in Betrieb ist. Diese Anlage wurde mittlerweile auf Erdgasbetrieb umgestellt.

 

Beobachter verweisen angesichts der schier endlosen Auseinandersetzungen um die Fernwärmeversorgung für Klagenfurt auf den Tourismus-Werbespruch „Kärnten is a Wahnsinn“. Dem sei leider auch energiepolitisch nichts hinzuzufügen.