Archive - Mär 31, 2017

Arzneimittel: Preisobergrenze beschlossen

Mittels eines verfahrenstechnischen Tricks zog die Regierung die ASVG-Novelle rasch durch. Ihr zufolge bringt diese „Planbarkeit für die Pharmafirmen“. Diese reagieren grantig.

 

Eine Preisobergrenze gibt es künftig auch für Arzneien, die nicht im Erstattungskodex der Krankenkassen stehen. Das beschloss der Nationalrat am 30. März. Dem Beschluss zufolge dürfen neue teure Medikamente nicht mehr kosten als im EU-weiten Durchschnitt. Ferner ist 18 Monate nach der erstmaligen Festsetzung des EU-Durchschnittspreises eine weitere Preisprüfung mit allfälliger Kostenadaptierung vorgesehen, nach weiteren 24 Monaten eine dritte, nach nochmaligen 18 Monaten schließlich eine vierte. Bei der Preisbestimmung werden gesetzlich festgelegte Rabatte berücksichtigt. Änderungen gibt es auch bei den Preisen für Generika. Der Preis des ersten Generikums muss demnach um 50 Prozent niedriger sein als der des Originalpräparats, bisher betrug der Preisunterschied 48 Prozent. Das dritte Generikum hat um 65 Prozent billiger zu sein als das Originalmedikament. Eine ähnliche Regelung wird für Biosimilars eingeführt, also Nachfolgemedikamente von Biopharmazeutika. Für sie gilt ein Preisunterschied von 52,5 Prozent. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner sagte, den Patienten sollten „auch in Zukunft moderne innovative Arzneimittel ohne ausufernde Kosten zur Verfügung stehen“. Ihr zufolge bringen die neuen Bestimmungen „auch Planbarkeit für die Pharmafirmen“.

 

Verfahrenstechnisch bediente sich die Regierung eines - völlig rechtskonformen - Tricks, um den Beschluss rasch durchzubringen. Mittels eines Antrags zu einer geringfügigen Änderung des ASVG ließ sie dieses auf die Tagesordnung der Plenarsitzung setzen. Zu diesem Antrag brachten die Koalitionsparteien einen Gesamtänderungsantrag ein, in dem die nunmehrigen Bestimmungen enthalten waren. SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger verlautete, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) und die Pharmaindustrie hätten 14 Monate ergebnislos verhandelt. Daher sei die jetzige Vorgangsweise nötig geworden. Ihm zufolge ist die Regelung „fair“, weil die Pharmaindustrie ohnehin „Milliardengewinne“ erwirtschaftet.

 

Erwartungsgemäß wenig erfreut zeigte sich die Pharmaindustrie. Für den Branchenverband Pharmig kritisierte Generalsekretär Jan Oliver Huber, der HV „bestellt sich bei der Politik ein Gesetz, ohne dass auch nur im Geringsten eine Notwendigkeit dafür bestünde. Offensichtlich soll hier der eigene Reformbedarf der Krankenkassen – Stichwort Effizienzstudie – einmal mehr durch ungerechtfertigte Einschnitte bei medikamentösen Therapien kaschiert werden“. Huber zufolge besteht die Gefahr, dass „innovative Produkte nicht mehr so schnell in Österreich zur Verfügung stehen. Draufzahlen werden dank Hauptverband die österreichischen Patienten“. Manuel Reiberg, der Präsident des Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI), bezeichnete die Vorgangsweise bei der Novelle als „Tiefpunkt des österreichischen Parlamentarismus“. Außerdem würden damit die im Gesundheitssystem bestehenden Probleme nicht gelöst. „Und die in den langen und zähen Verhandlungen getroffene Übereinkunft bedeutet für die Pharmaindustrie zusätzliche massive Belastungen“, haderte Reiberg.

 

Kritik kam auch vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Laut Geschäftsführerin Sylvia Hofinger ist es „unverständlich, dass man bei einem so heiklen Thema wie der Arzneimittelversorgung bereit ist, ohne eine Abschätzung der Auswirkungen vorzugehen. Weder Patientenorganisationen, Patientenanwaltschaft, Ärztevertreter noch Apotheker waren in die Entwicklung des Gesetzes eingebunden. Diese intransparente Vorgehensweise ist auch aus demokratiepolitischen Aspekten von der Pharmawirtschaft unisono abgelehnt worden“. Einmal mehr verlangte Hofinger eine „Strukturreform“ bei den Krankenkassen. Die Pharmaindustrie könne „unmöglich akzeptieren, dass der Zugang zu innovativen Therapien und die Versorgungssicherheit gefährdet werden, nur um mögliche Budgetlöcher zu stopfen“.