Nächstes Match im Mehrweg-Streit
Laut einer Studie im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe sollen Mehrwegverpackungen Einwegverpackungen überlegen sein. Die Debatten über diese Frage sind dennoch nicht beendet.
Die Geschichte der Debatten über die Vor- und Nachteile von Ein- und Mehrwegverpackungen ist um ein Kapitel reicher. Mitte Jänner präsentierte die Arbeitsgemeinschaft österreichischer Abfallwirtschaftsverbände (ARGE Abfallwirtschaftsverbände) im Verein mit der Wiener Umweltanwaltschaft, dem Ökologieinstitut sowie dem Abfallwirtschaftsexperten Gerhard Vogel von der Wirtschaftsuniversität Wien eine Studie präsentierten, die das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe erstellt hatte. Deren Tenor: Mehrwegsysteme sind Einwegsystemen in ökologischer und zumeist auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht überlegen. Allerdings können der Getränkewirtschaft unter Umständen höhere Kosten als bei Einwegsystemen entstehen. Doch insgesamt betrachtet, sei eine „Förderung effizient funktionierender Mehrwegsysteme gesamtwirtschaftlich sinnvoll“, hieß es bei einer von PwC bereitgestellten Unterlage zu der Präsentation.
„Jahrzehntelange Aufweichung“
Während sich der Hauptteil der Studie mit den Verhältnissen in Deutschland befasst, setzt sich die „Anlage A“ mit Österreich auseinander. Und die PwC-Experten kommen zu folgendem Befund: „Zusammenfassend zeigt sich über die Jahrzehnte eine Abnahme beziehungsweise ‚Aufweichung’ der gesetzlichen Anforderungen zur Wiederverwendung von Getränkeverpackungen, bis hin zur Ablöse konkreter Quoten durch freiwillige Selbstverpflichtungen bei nachhaltigen Verpackungssystemen. Gleichzeitig ist eine starke Abnahme des Anteils von Mehrwegverpackungen zu verzeichnen.“ Das stützt schwerlich die wiederholten Versicherungen der Getränkewirtschaft, der zufolge alles nur Mögliche zur Förderung von Mehrwegverpackungen getan wird und deren sinkender Anteil am Verpackungsaufkommen der mangelnden Annahme durch die Konsumenten geschuldet ist.
Das Ökologieinstitut, die ARGE Abfallwirtschaftsverbände und die Umweltanwaltschaft sehen in der Studie jedenfalls ein Plädoyer für das „Ökobonusmodell“ zur Förderung von Mehrwegsystemen, das der Wiener Ökonom Gerhard Vogel im Herbst 2010 vorlegte. Diesem zufolge wird jedes verkaufte Einweggebinde mit einem Malus von 20 Cent belastet. Mit den Einnahmen wird ein Bonus von 46,6 Cent pro verkauftem Mehrweggebinde finanziert. „Sofort“ lasse sich damit der Anteil der Mehrweggebinde an den Getränkeverpackungen von derzeit etwa 18,3 Prozent wieder auf 30 Prozent erhöhen, berechnete Vogel. Mittelfristig ist es ihm zufolge wünschenswert und auch möglich, den Mehrweg-Anteil auf rund 50 Prozent zu steigern, „was etwa der Situation von 1998 entspräche.“ Der seinerzeitige Auftrag an Vogel zur Ausarbeitung des Systems erging seitens des Umweltministeriums. Doch bis dato gibt es keinerlei einschlägige Gesetzesinitiative. Im Gegenteil: Drei entsprechende Anträge der Grünen im Umweltausschuss des Nationalrates wurden zurückgestellt.
„Konkrete Schritte“
Die Reaktionen auf die Studie ließen nicht lange auf sich warten. In einer Aussendung verwies die Wirtschaftskammer (WKÖ) auf ein Paket der Sozialpartner vom Sommer 2011 „zur Verbesserung der ökologischen Performance von Getränkeverpackungen“. Dieses solle nicht zuletzt auch Mehrweggebinde für die Konsumenten attraktiver machen. „Die Wirtschaft steht voll hinter diesem Paket und setzt konkrete Schritte, um den Rückgang der Mehrwegquote zu stoppen“, wurde Stephan Schwarzer, der Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Aussendung zitiert.
Wie auch immer: „Mit Hinblick auf die Herausforderungen des zunehmenden Anspruchs an Energie- und Ressourceneffizienz, als auch der Klimaschutzthemen, könnte das Mehrwegsystem in Österreich wieder an Bedeutung gewinnen“, resümiert PwC. Ob davon alle einschlägigen österreichischen Akteure überzeugt sind, ist indessen fraglich: Im „Ressourceneffizienz-Aktionsplan“ (REAP) der Bundesregierung, den das Umweltministerium kürzlich vorlegte, kommt der Begriff „Mehrweg“ nicht vor.
Bemerkenswert fiel übrigens die Reaktion von PwC Österreich auf die Studie aus: „Die Ergebnisse der von PwC Deutschland erstellten Auftragsstudie sind nicht auf Österreich übertragbar, da sich sowohl die Märkte, als auch die Sammelsysteme deutlich unterscheiden“, wurde per Aussendung mitgeteilt.