Umweltminister beugt sich öffentlichem Druck
Nach tagelangem öffentlichen Beschuss hat Umweltminister Nikolaus Berlakovich beim „Bienengipfel“ am 7. Mai eingelenkt und unterstützt ein EU-weites Verbot von Neonicotinoiden. Nicht wissenschaftliche Erkenntnisse zum Bienensterben sondern dass sein bisheriger Vorschlag nicht angenommen wurde, hätten zu diesem Umschwung geführt.
Ein Musterbeispiel an politisch-medialer Erregungsdynamik konnte man in den vergangenen Tagen zur Diskussion um ein Verbot der als Insektizide in der Landwirtschaft eingesetzten Neonicotinoide beobachten. Nachdem Umweltminister Nikolaus Berlakovich vergangene Woche im dafür einberufenen Berufungssauschuss gegen einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission gestimmt hatte, gingen in Österreich die Wogen hoch. Opposition und Regierungspartner SPÖ schossen sich ebenso auf Berlakovich ein wie Umweltorganisationen und Imkerverbände. Berlakovich mache sich zum Erfüllungsgehilfen der Agrochemie-Industrie hieß es da, der Tod von Bienenvölkern würde leichtfertig in Kauf genommen.
Der Umweltminister berief sich dagegen darauf, es gebe keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise dafür, dass das weithin beobachtbare Bienensterben mit dem Einsatz der Neonicotinoide in Zusammenhang stehe. In Ländern, in denen es schon ein solches Verbot gebe, sei die Zahl der Bienenschäden auch nicht zurückgegangen. Zahlreiche Experten geben ihm hierin Recht: Als Hauptfaktor des Verlusts von Bienenvölkern wird die aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe angesehen, gegen die unter den heimischen Bienen kaum Resistenzen bestehen. Vertreter der Landwirtschaft argumentieren wiederum, viele Landwirte seien, gerade bei Raps- und Maiskulturen, auf wirksame Schädlingsbekämpfung angewiesen, zu denen es keine zureichende Alternative gebe. Einem Verbot ohne Ausnahme wollte Berlakovich daher bis vor kurzem nicht zustimmen.
Meinungsumschwung bei Bienengipfel
Doch auch der Koalitionspartner ließ diese Argumentation immer weniger gelten. Berlakovich bat daraufhin am Dienstagvormittag zum „Bienengipfel“, an dem Vertreter der Wissenschaft, der Imker und der Landwirtschaft teilnahmen. Dabei wurde erarbeitet, was Berlakovich in einer anschließenden Pressekonferenz eine „neue Lösung“ nannte: Die österreichische Regierung werde den Kommissionvorschlag nun doch unterstützen. Weil damit das Bienensterben aber voraussichtlich nicht zu Ende sein werde, einigte man sich darüber hinaus auf ein umfassendes Bienenschutzprogramm und will die Forschung beauftragen, die Ursachen des Bienensterbens genauer zu analysieren. Auch sollen begleitende Maßnahmen für den Umstieg von den Neonicotinoiden auf alternative Mittel für die Landwirtschaft eingeleitet werden.
Auf die Frage, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse den Meinungsumschwung bewirkt hätten, musste Berlakovich freilich zugeben, dass er sich nicht daran, sondern an der öffentlichen Meinung orientiert habe. Seine bisherige Linie eines Verbots mit Ausnahmen habe keine Akzeptanz gefunden, daher war eine neue Lösung zu erarbeiten, die nun vorliege. Kommen wird das Verbot im übrigen ohnedies: Da im Berufungsausschuss keine qualifizierte Mehrheit für eine der Positionen erzielt werden konnte, entscheidet die EU-Kommission nun selbst – und ihre Position ist bekannt.