Glyphosat: EU vertagt Entscheidung
Die Europäische Union hat die Entscheidung über die Neuzulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat erneut vertagt. Das teilte die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) mit. In einer Aussendung meldete die AGES, die EU-Kommission habe „im Ständigen Ausschuss keinen mehrheitsfähigen Vorschlag zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffes Glyphosat vorgelegt. Den Fachexpertinnen und Fachexperten der EU-Mitgliedstaaten und insbesondere Österreichs – vertreten durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES - gingen die Risikomanagement-Maßnahmen, also rechtlichen Anwendungsbestimmungen zum Schutz von Anwendern, Konsumenten und Umwelt nicht weit genug“. Für Österreich habe die Gesundheit der Bevölkerung sowie der Schutz von Umwelt und Biodiversität oberste Priorität.
Zwar ist laut AGES der „Anwender- und Konsumentenschutz in den wesentlichen Punkten gewährleistet“. Jedoch sei den Anliegen des Umweltschutzes und der Artenvielfalt nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Insbesondere habe die Kommission das Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes „so wenig wie möglich und so viel wie gerade notwendig“ bei der Verwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft nicht genügend gewürdigt. Laut AGES obliegt es nun der EU-Kommission, über die weitere Vorgangsweise zu entscheiden.
Kritik von der IGP
Heftige Kritik kam von der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP). Obmann Christian Stockmar sprach von einer „Entscheidung gegen die Wissenschaft und für eine Verlängerung der absurden Kampagne gegen Glyphosat durch NGOs“. Über 1.000 Studien hätten nachgewiesen, dass Glyphosat „bei sachgemäßer Anwendung für Mensch, Tier und Umwelt unbedenklich“ ist. Dies werde auch durch etliche „unabhängige Behörden“ bestätigt, zuletzt durch das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR), ein gemeinsames Gremium der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welternährungsorganisation FAO.
Nicht krebserregend
Erst vor wenigen Tagen hatte das JMPR festgestellt, dass Glyphosat in der Dosierung, der Menschen anzunehmender Weise ausgesetzt sein können, höchstwahrscheinlich nicht erbgutschädigend ist. Bei Ratten wirke es nicht krebserregend. Bei Mäusen sei eine krebserregende Wirkung bei sehr hoher Dosierung nicht auszuschließen. In einer für den Menschen relevanten Dosierung ist das Mittel bei Nagetieren aber weder krebserregend noch erbgutschädigend. Daher ist es laut JMPR unwahrscheinlich, dass Glyphosat bei Menschen Krebserkrankungen verursacht. Das gilt auch bei berufsbedingter - also höherer - Glyphosat-Exposition. Das JMPR bestätigte den schon bisher geltenden Richtwert für die akzeptable Tagesdosis (acceptable daily intake, ADI), der bei 0 bis 1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht liegt. Wegen der geringen Toxizität von Glyphosat ist es laut JMPR nicht notwendig, einen Grenzwert für die Aufnahme (acute reference dose, ARfD) festzulegen.
Kein Widerspruch zur IARC
Wie das JMPR betonte, stehen seine Schlussfolgerungen nicht im Widerspruch zu den Feststellungen der International Agency for Research on Cancer (IARC), der Krebsschutzagentur der WHO, vom vergangenen Jahr. Die IARC hatte damals festgestellt, dass Glyphosat potenziell krebserregend sein kann. Dieses bezieht sich allerdings auf die grundsätzliche Gefährlichkeit des Mittels. Es sagt nichts über konkrete Risiken aus, denen Menschen im täglichen Umgang mit Glyphosat ausgesetzt sind - eine Tatsache, auf die die IARC übrigens bereits seinerzeit verwiesen hatte. Das JMPR stellt daher fest: „Es ist somit möglich, Expositionsniveaus festzulegen, die sicher sind“, also kein Risiko für den Menschen bedeuten. Genau dies geschieht mit der ADI.