Archive - Jul 22, 2007

"Mikroskopische Obertöne" zeigen Zellwand genauer

Biophysiker der <a href=http://www.jku.at>Uni Linz</a> können mit einer neuen Methode in der Atomkraftmikroskopie Zellmembranen im Nanometerbereich darstellen. Damit lässt sich nun besser verstehen, was sich auf den Zellmembranen abspielt und welche Funktionen miteinander in Beziehung stehen. <table> <td> Dabei wird ein aus der Musik bekanntes Prinzip genutzt: Analog zur menschlichen Stimme oder einer gestrichenen Violinsaite schwingt hier die Blattfeder des Atomkraftmikroskops während der Probenabrasterung nicht nur mit der Frequenz, mit der sie angetrieben wird – es werden zusätzlich auch die Obertöne genutzt. <p> Im Frequenzspektrum der Blattfeder tauchen wie bei den Instrumenten ganzzahlige Vielfache dieser Frequenz auf, die in der Musik als Obertöne oder Harmonische bezeichnet werden. Die Kombination dieser Obertöne definiert die Klangfarbe des jeweiligen Instruments. <p> Die Klangfarbe ermöglicht es dem Zuhörer, zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu unterscheiden, auch wenn sie dieselbe Note mit derselben Lautstärke spielen. Im Falle der schwingenden Blattfeder ermöglicht dieser Mechanismus den Wissenschaftlern die Unterscheidung von Wechselwirkungen und Materialzusammensetzungen. </td> <td><% image name="Grafik_Bakterienmembran" %></td> </table> In einem Experiment wurde gezeigt, dass die Methode funktioniert: Die Obertöne wurden während der Abrasterung einer Bakterienoberfläche und von Schnupfenviren aufgezeichnet. Die dabei erzielte Auflösung von etwa 0,5 Nanometer ist eine Größenordnung höher als bei der herkömmlichen Methode. Das neue Verfahren soll nun für Strukturaufklärungen biologischer Proben sowie zur Bestimmung lokaler elastischer Parameter herangezogen werden. Eine Kooperation mit der Curie Universität in Paris wurde bereits vereinbart. "Mikroskopische Obertöne" zeigen Zellwand genauer

Schlaganfall: Phase IIa mit AX200 abgeschlossen

Die Heidelberger <a href=http://www.sygnis.de>Sygnis Pharma</a> hat die klinische Phase IIa-Studie (AXIS) für AX200 in der Indikation Schlaganfall erfolgreich abgeschlossen. Nach der multizentrischen Doppelblindstudie könne der Einsatz von AX200 im Schlaganfallpatienten als sicher und gut verträglich gelten. <% image name="Sygnis_Logo" %><p> Auch wenn die Erhebung von Sicherheits- und Verträglichkeitsdaten im Mittelpunkt der Studie standen, wurden auch Daten zur Wirksamkeit von AX200 erhoben. Da diese Sicherheitsstudie nur eine geringe Patientenzahl erforderte, konnte in der Gesamtbetrachtung der gebräuchlichen klinischen Endpunkte kein signifikanter Unterschied zwischen AX200- und Placebo-Patienten beobachtet werden. Eine detaillierte Auswertung der Daten erbrachte allerdings Hinweise, dass bestimmte Schlaganfallpatienten möglicherweise von einer Behandlung mit AX200 profitieren können. AX200 zur Behandlung von akutem Schlaganfall ist der am weitesten entwickelte Medikamentenkandidat in der Pipeline von Sygnis. Neben Schlaganfall testet das Unternehmen das Eiweißmolekül AX200 derzeit präklinisch auch in weiteren neurodegenerativen Indikationen wie Amyotropher Lateralsklerose (ALS). Der nächste Schritt ist nun die Planung und Durchführung einer klinischen Phase IIb-Studie, deren Ziel es ist, die Wirksamkeit von AX200 in Schlaganfallpatienten nachzuweisen. Schlaganfall: Phase IIa mit AX200 abgeschlossen

Bioinformatik: Der Zellregulation auf der Spur

Derzeit weilt die Creme de la creme der Bioinformatikzunft im Rahmen der beiden Konferenzen <a href=http://www.iscb.org/ismbeccb2007>ISMB</a> und <a href=http://bioinf.mpi-sb.mpg.de/conferences/eccb/eccb.htm>ECCB</a> in Wien. Der Chemie Report hat einigen jener Top-Experten zugehört, die "ein völlig neues Verständnis der Genome" in 2-5 Jahren versprechen. Eine Annäherung. <% image name="Router" %><p> Diese Forscher haben den Hype rund um das Genom längst verlassen. Es sind Bioinformatiker, die mit Hilfe von Rechenkraft - also in silico - nicht länger bloß "Gene finden", sequenzieren wollen. Nein: "Das Genom ist letztlich nur die Blaupause, der Bauplan für das Leben", sagt John Mattick von der University of Queensland in Brisbane, "es braucht aber ebenso Prozesse, diesen Bauplan umzusetzen, zu verwirklichen." Dieses höchst komplexe Zusammenspiel gelte es nun, mit Hilfe von dynamischen Computermodellen besser verstehen zu lernen. Die Rede ist also von der Wirkweise molekularer Maschinen, vom Ablauf der Zelldifferenzierung, von den "high sophisticated interactions", welche die RNA in der Zelle auslöst, sie dirigiert. "Wir wollen uns also nicht mehr bloß ein Bild ansehen, sondern einen Film vorführen." Um die Dimension dieser komplexen Interaktionen zu verdeutlichen: 98 % des menschlichen Genoms kodieren nicht für Proteine, sondern für RNA - "das arbeitende Gegenüber der DNA", wie Peter Schuster, der Präsident der Akademie der Wissenschaften in Wien, das ausdrückt. "War diese RNA lange Zeit ein sehr mysteriöses Molekül, wird sie heute als ein zentraler Spieler angesehen." Mehr noch: Mattick spricht von einem eigenen Betriebssystem, das innerhalb der Zelle für Entwicklungsaufgaben zuständig ist. <b>Die RNA:</b> In den 1960er Jahren fand man heraus, dass sie sich selbst replizieren, in den 1970ern, dass sie hochgradig wie Proteine agieren können. Wie falsch die Wissenschaft aber mitunter liegen kann, das zeigt das Verständnis, das man lange von dieser Ribonukleinsäure hatte - bis vor wenigen Jahren galt sie noch als "cell junk". Heute wissen wir mehr: Die RNA ist es, die einen Großteil aller Regulationsmechanismen der Zelle steuert. Mit diesem Grundverständnis ausgerüstet wollen die Bioinformatiker nun in den nächsten 2-5 Jahren "ein völlig neues Verständnis des Genoms, einen neuen Level an Interaktionsverständnis" erreichen, so Mattick - es ist kein junk mehr, es ist "very high sophisticated information" geworden. Dass - wie das beim Menschen der Fall ist - 100 Trillionen Zellen in die richtige Position gebracht werden, ist auch nicht gerade einfach. <b>Das Protein:</b> Neben den rund 3 Mrd Basenpaaren der DNA und den Parallelaktivitäten der RNA zielen die Bioinformatiker auf die Aktivitäten der Proteine ab. Burkhard Rost von der Columbia University in New York erinnert: "Die Erkenntnis, dass der Mensch weder mehr Gene noch wesentlich mehr Proteine als ein Wurm hat, war zur Jahrtausendwende ein regelrechter Schock. Neue Modelle waren dringend vonnöten - Modelle, die erklären konnten, warum relativ wenige Proteine sehr viele Funktionen ausführen können." Alternatives Splicing liefert erste Antworten dafür, von "regions of disorder" ist die Rede - von sehr unstrukturierten Proteinen. Rost nennt es "unshaped areas", also die gestaltlosen Proteinbereiche, "die nicht bloß die mechanische Arbeit verrichten". Gerne sprechen die Bioinformatiker - die beiden Wiener Kongresse werden übrigens von mehr als 1.750 Wissenschaftlern frequentiert - vom "sozialen Umfeld der Proteine": Der Supercomputer soll dabei mit elaborierten statistischen Werkzeugen in einer Art "Rasterfahndung" entsprechende Protein-"Assoziationen" aufdecken. Transkriptions-Kontrolle heißt also das neue Buzzword. "Zell-Logik" schickt sich ebenso an: Die Regeln dafür herausfinden, warum ein und dieselbe Gensequenz unter diesen Bedingungen codiert werden, unter anderen jedoch nicht. Was die Bioinformatiker dafür in den nächsten Jahren noch mehr brauchen? "Jede Menge Maschinen natürlich", so Rost, "wobei teilweise so simple Dinge wie die Abwärme der Rechner Schwierigkeiten machen." Aber das ist nur ein Teil des Ganzen: "Während sich Datenbanken mitunter über Nacht verdreifachen, braucht das 'Understanding' wesentlich länger." Thomas Lengauer vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken fügt hinzu: "Entscheidend ist bei unseren Bemühungen auch die Datenqualität, es gilt immer einen 'biological noise' zu berücksichtigen. Zudem müssen wir die Daten, die ja aus unterschiedlichsten Quellen stammen können, noch vergleichbarer machen." Moderne Microarrays liefern den Bioinformatikern dazu entweder Durchschnittswerte von Zellpopulationen, selten auch von individuellen Zellen. Die Modelle dahinter müssen dynamisch und mikrostrukturiert, kurz: als Netzwerk "mit evolutionary design" konzipiert werden. Schuster vergleicht das mit den Wettervoraussagen früherer Jahre: "Während wir vor 50 Jahren erst wenige Messstationen hatten, sind es heute Zigtausende am Lande, in der Luft, sogar im All. Dazu braucht es nun aber die Informatik, welche diese Fülle an Daten zusammenschauen hilft." Führende Forscher finden sich in der Bioinformatik in den USA und UK, Lengauer spricht den Deutschen die beste Ausbildung zu. Aufholen würden die Chinesen, Stärken würden sich zudem in Singapur und Japan finden. Jedenfalls sei eine relativ stark ausgeprägte Pharmaindustrie für die durchaus teuren Spielereien der Bioinformatik förderlich. Erstere erhofft sich nicht zuletzt im Rahmen der "Chemoinformatics" brauchbare Vorhersagen darüber, wie sich bestimmte Wirkstoffe in bestimmten Zellen entfalten. Kurz und gut: Jede Menge zu tun; around the world. Bioinformatik: Der Zellregulation auf der Spur