Kritik an französischer GMO-Studie
Eine französische Studie, die gesundheitliche Langzeitfolgen einer gentechnisch veränderten Maissorte gefunden haben will, erregt derzeit die Gemüter. Methodik und publizierte Daten sind in der Wissenschaft aber höchst umstritten, eine schlüssige Erklärung fehlt ebenso.
Für Gegner der grünen Gentechnik ist es ein gefundenes Fressen: Französische Wissenschaftler unter der Leitung von Gilles-Eric Seralini haben in der Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ ein Studie veröffentlicht, der zufolge Ratten, die mit der Maissorte NK603 gefüttert wurden, eine höhere Sterblichkeit aufweisen und öfter an Krebs erkranken. NK603, dessen Saatgut von Monsanto hergestellt wird, ist resistent gegenüber dem Herbizid „Roundup“, das vom gleichen Produzenten stammt. In der EU ist NK603 zwar nicht zum Anbau zugelassen, darf aber als Futtermittel und für die Lebensmittelverarbeitung verwendet werden.
Seralini und sein Team fütterten Ratten über deren gesamte Lebensspanne von etwa zwei Jahren mit NK603, eine Kontrollgruppe bekam Roundup-hältiges Wasser zu trinken, eine weitere wurde mit Mais aus konventioneller Landwirtschaft gefüttert und bekam unbelastetes Wasser. Den publizierten Ergebnissen zufolge war die Sterblichkeit bei Fütterung mit GMO-Mais höher als bei Tieren, die konventionell angebauten Mais bekamen. Weibliche Versuchstiere erkrankten darüber hinaus öfter an Brustkrebs.
Methodik höchst umstritten
Die Methodik der Studie und die Vollständigkeit der Angaben sind aber höchst umstritten. Selbst der sonst nicht gerade Gentechnik-freundliche ORF berichtete auf seinem Online-Portal über massive Kritik von Wissenschaftlern aus England, Frankreich und Australien. Tom Sanders, der am renommierten King’s College in London die Abteilung für Lebensmittelforschung leitet, sprach davon, dass wichtige Angaben über die Ernährung der Versuchstiere in der Publikation fehlen. Gerade Ratten seien aber dafür bekannt, dass sie, besonders wenn sie zu viel zu fressen bekommen, eine hohe Anfälligkeit für Brustkrebs zeigen können. Zudem wird die in der Studie angewendete statistische Auswertung als zumindest unkonventionell bezeichnet.
Rationale Erklärung nicht in Sicht
Österreichischen Genetikern, deren Meinung Chemiereport.at eingeholt hat, fehlt vor allem eine rationale Erklärung für die gefundenen Ergebnisse. Wenn es derartig dramatische Folgen gebe, so der Tenor der Aussagen, sei es verwunderlich, dass diese nicht schon in bisherigen Studien zu Tage getreten seien. Zudem könne es nicht das veränderte Erbmaterial selbst sein, das Krebs auslöst. Etwaige Stoffwechselprodukte, die auf die Überexpression des Fremdgens zurückzuführen sein könnten, hätten aber bei einem seit längerem zugelassenen Produkt längst gefunden werden müssen. Und dass das angewandte Herbizid, gegen das die Maispflanzen resistent gemacht wurden, Krebs auslöst, kann dezidiert ausgeschlossen werden: Wohl kaum eine Substanz ist so umfassend daraufhin untersucht worden wie Glyphosat, der Hauptbestandteil von Roundup. Die US-Umweltbehörde EPA stuft Glyphosat als Stoff ein, für den bewiesen ist, dass keine Kanzerogenität für den Mensch besteht.