Das Team des <a href=http://www.humantechnology.at>steirischen Humantechnologie-Clusters</a> um Clustermanager Robert Gfrerer berichtet für den Chemiereport täglich vom wichtigsten Branchentreff der Biotechszene weltweit, der <a href=http://convention.bio.org> BIO Convention</a> in Atlanta, Georgia. Am letzten Messetag erregte ein Erfahrungsbericht über einen 1-Milliarde-Dollar-Deal Aufmerksamkeit.
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<small>Der Geschäftsführer des steirischen Humantechnologie-Clusters, Robert Gfrerer, berichtet mit seinem Clusterteam täglich über die News auf der BIO 2009 in Atlanta.</small>
Das kleine kanadische Unternehmen Bio MS berichtete dabei von einem 1-Milliarde-Dollar-Deal mit Eli Lilly, einem Konzern aus der „Big Pharma“-Welt. Die Geschichte zeigt sehr schön, wie in solchen Fällen vorgegangen wird.
<b>Die Geschichte einer Partnerfindung</b>
Als im Jahr 2007 dem Unternehmen Bio MS in Edmonton (Alberta, Kanada) klar wurde, dass man das erfolgreich bis Phase II entwickelte Medikament zur Therapie für Multiple Sklerose (MS) nur im Rahmen eines Partnering-Deals fertigstellen möchte und die Firma nicht an einen großen Player verkaufen will, machte sich das Team rund um Jeremy Webster an die Arbeit.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma gerade einmal 30 Mitarbeiter und man beschloss: „We put the foot on the gas“. Dann ging dem Vernehmen nach alles sehr schnell. Die Unterlagen wurden zusammengestellt, man erarbeitete ein Muster für ein CDA (Confidential Disclosure Agreement, eine Vertraulichkeitsvereinbarung) und bereitete sich auf eine „Stage I Limited Due Diligence“ (eingegrenzte Buchprüfung und Unternehmensanalyse) vor. Mit diesen Voraussetzungen wurden zehn sondierte Pharmapartner angesprochen, von vieren gab es schließlich einen LOI (Letter of Intent, eine Absichtserklärung), der bereits finanzielle Rahmenvereinbarungen inklusive Upfront Payment (Vorauszahlung) enthielt. Der Clinical Development Plan und der Regulatory Development Plan wurden fertiggestellt, im Herbst 2007 lag die Zusage der FDA für Phase III-Studien vor.
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<small>Abendstimmung am letzten Tag der BIO 2009 in Atlanta – 2010 zieht die BIO weiter nach Chicago … </small>
Dann ging es in mehreren Runden in intensive Meetings, bei denen die Entwicklungs-Teams von Eli Lilly die Daten genau unter die Lupe nahmen. Das Team von Bio MS hatte in der Zwischenzeit die letzten fünf Deals von Lilly mit anderen Bioetch-Unternehmen analysiert. Im Herbst 2008 wurde klar, dass man zu einer dauerhaften Partnerschaft die finalen Details aushandeln wird. So begannen am 20. November 2008 die Verhandlungen mit dem Ziel, den Deal zu Weihnachten unter Dach und Fach zu bringen.
Auf die Frage der Moderatorin, wie man auf die Höhe des Upfront Payments gekommen sei, kam eine spannende und überraschende Antwort von Jeremy Webster: Klar habe man seine Hausaufgaben gemacht und alles korrekt berechnet und die Größenordnung definiert, aber dann habe das Bio MS-Team auch herausgefunden, dass der letzte Deal von Eli Lilly mit einem kanadischen Unternehmen 87 Jahre zurücklag und mit Diabetes zu tun hatte. Damit waren die 87 Millionen Dollar fixiert.
Beide Unternehmen sehen nun einer weiterhin aufregenden Zukunft entgegen. Wichtig für den Deal war beiden, dass man über die Unternehmenskultur und das gemeinsame Verständnis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit übereinkam.
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<small>14.352 Menschen besuchten von Dienstag bis Donnerstag die BIO 2009</small>
<b>Treffpunkt BIO: Partnerings und Kooperationen</b>
Für die steirische Delegation war dieser letzte Tag auch geprägt von frisch auf den Weg gebrachten Kooperationen mit internationalen Partnern. So stand das letzte Partnering für den Humantechnologie-Cluster auf dem Programm und endete vielversprechend: Ein Vertreter der größten japanischen (und zugleich größten asiatischen) Pharmafirma war höchst interessiert am Standort Steiermark. Im Mittelpunkt standen dabei „New Drug Formulations“ des Grazer Forschungszentrums für <a href=http://www.rcpe.at> „Pharmazeutisches Engineering“ RCPE</a>.
Der Gesprächspartner legte auch Wert darauf, über jegliche weitere Innovation (Translational Medicine, Biomarkers, Small Molecules etc.) informiert zu werden. Das Indikationsspektrum reicht von Diabetes bis zur Onkologie, die Asiaten sind an allem interessiert und beobachten verstärkt die Aktivitäten der Universitäten und Transferzentren. Eine Einschränkung kultureller Natur gab der Experte aus Japan allerdings mit auf den Weg: die Mühlen in Asien mahlen etwas langsamer, als man es in Europa gewohnt ist.
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<small>Das Herzstück jeder BIO sind die Partnering- und One-on-one-Meetings, die natürlich gut vorbereitet und organisiert sein wollen … </small>
Dennoch lässt sich aus diesem Gespräch und den anderen in dieser Woche eines mitnehmen: die Pipelines der Unternehmen aus der Welt von Big Pharma sind nicht mehr „voll“; künftig führen nur Zukäufe, Lizenzierungen und kooperative Forschung zum Ziel. Und genau das rückt Österreich und die Steiermark mehr und mehr in den internationalen Fokus.
<b>Ein erstes Resümee</b>
Auch über die Besucher am österreichischen Messestand lässt sich nun ein erstes Resümee ziehen: Kontakt hatte man vorrangig mit Firmen, die einen kompakten ersten Überblick über die Biotech-Unternehmen in Österreich erhalten und auch mitnehmen möchten. Es kommen Vertreter von Pharma-Unternehmen, die auf der Suche nach neuen Produkten und Ideen sind und Firmen, die Partner suchen, die ihre Produkte in den USA verkaufen. Auffällig groß vertreten bei den Länderständen war Spanien. Daneben stehen die großen Pharmaunternehmen und die Bundesstaaten der USA.
Es waren zwar weniger Menschen auf der Messe als letztes Jahr, die Qualität der Gespräche war jedoch sehr gut. Sehr viele Österreich-Interessenten verbinden mit unserem Land Urlaub, schöne Landschaft – aber nicht Biotech. Das Erstaunen über die lebendige Biotech-Szene ist entsprechend groß.
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<small>Für viele Menschen immer noch eine Überraschung: In Österreich gibt’s keine Känguruhs, dafür aber eine lebendige Biotech-Szene</small>
Die BIO bietet immer auch Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen – und aus diesen Gesprächen wird oft mehr. So konnte vom steirischen Humantechnologie-Cluster eine Kooperation mit der Region Baden-Württemberg angebahnt werden. Ein erstes Meeting dazu wird es bereits im Juni in Stuttgart geben.
BIO 2009, Teil 4: Der Miliarden-Dollar-Deal
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB) haben überraschende Einblicke in das Phänomen der Supraleitung gewonnen. Bestimmte Strukturänderungen könnten eine viel größere Rolle bei der Entstehung der Supraleitung haben als bisher angenommen.Kristallstruktur entscheidend für Supraleitung<% image name="e_halle" %>
<small>Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Berlin haben neue Erkenntnisse zur Hochtemperatur-Supraleitung gewonnen. (c)Helmholtz-Zentrum Berlin</small>
Seit japanische Wissenschaftler vor etwa einem Jahr eine neue Gruppe von Hochtemperatursupraleitern entdeckt haben, ist die Forschungsaktivität auf diesem Gebiet neu entbrannt. Experten hatten gehofft, nun endlich erklären zu können, wie der Stromtransport ohne Widerstand tatsächlich entsteht. Das Phänomen tritt in der Regel erst bei Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt auf – außer bei einigen Kupfer-Sauerstoff-Verbindungen, den sogenannten Kupraten. Diese werden schon bei minus 150 Grad supraleitend. Die von den Japanern entdeckte neue Gruppe der Eisen-Arsen-Verbindungen sind nun die erste Verbindungsgruppe, die diesen „hohen Temperaturen“ recht nahe kommt. Sie werden bei Temperaturen um minus 218 Grad Celsius supraleitend. Vielversprechend sind die Verbindungen, weil sie nicht so spröde sind wie die Kuprate und sich daher besser verarbeiten lassen, zum Beispiel kann man sie zu Drähten ziehen.
Experten haben außerdem gehofft, dass man nun eine von den Kupraten unabhängige Verbindungsgruppe hat und man durch Untersuchungen an dieser Gruppe die bestehenden Thesen zum Mechanismus der Hochtemperatursupraleitung bestätigen kann.
<b>Dotieren weniger wichtig als gedacht?</b>
Doch das Gegenteil ist der Fall, wie die Wissenschaftler des HZB mithilfe der Neutronenstreuung herausgefunden haben. In Kooperation mit mehreren internationalen Forschergruppen berichten Simon Kimber und Dimitri Argyriou in der Zeitschrift Nature Materials, dass bestimmte Strukturänderungen eine viel größere Rolle bei der Entstehung der Supraleitung spielen als das Einschleusen von Ladungen (Dotieren), das bislang zur Herstellung von Hochtemperatursupraleitern (Kupraten) verwendet wird.
Dies geschieht, indem man in eine Ausgangsverbindung - die sogenannte Mutterverbindung -Fremdionen einschleust. Dadurch entstehen in dem ursprünglichen Isolatormaterial Ladungsträger, die den Strom leiten. Doch nicht nur das. Durch den Einbau der Fremdatome verzerrt sich auch die Kristallstruktur.
<b>Andere Möglichkeit der Herstellung von Supraleitern</b>
Für die supraleitenden Eisen-Arsen-Verbindungen gibt es eine andere Möglichkeit der Herstellung. Man setzt die metallische Mutterverbindung einem hohen Druck aus. Das Forscher-Team hat festgestellt, dass sich die Kristallstruktur dadurch in ähnlicher Weise verzerrt wie dies bei den Kupraten durch Einbau der Fremdatome beobachtet wird. Die Eisen-Atome rücken näher zusammen und die Tetraeder, die sie mit den Arsen-Atomen bilden, nähern sich dem idealen Tetraeder-Winkel von 109 Grad. Die Forscher schlussfolgern daraus, dass diese Struktur entscheidend ist für die unbegrenzte Bewegung der Elektronen und damit für den Stromfluss ohne Widerstand.
<b>Internationale Zusammenarbeit</b>
Die Experimente haben die Berliner Wissenschaftler zusammen mit ihren amerikanischen und deutschen Kollegen (Goethe-Universität Frankfurt) an der Neutronenquelle des ILL in Grenoble durchgeführt. Am HZB sollen jedoch im Rahmen eines umfangreichen Programms weitere Untersuchungen zur Erklärung der Supraleitung stattfinden. Danach soll die neue Klasse der Hochtemperatursupraleiter sowohl mit Neutronen als auch mit Synchrotronstrahlung ausführlich untersucht werden. „Von dem Einsatz der komplementären Methoden versprechen wir uns ganz neue Einblicke und wesentliche Erkenntnisse darüber, wie man supraleitende Materialien in Zukunft herstellen kann“, sagt Dimitri Argyriou.