Archive - Jun 16, 2016

Weiter Debatten um endokrine Disruptoren

Kritik an den gestern von der EU-Kommission präsentierten Kriterien für endokrine Disruptoren (EDs) kommt nun auch vom europäischen Chemieindustrieverband CEFIC und vom deutschen Verband der Chemischen Industrie (VCI). In einer gemeinsamen Aussendung der CEFIC, des Kunststoffindustrieverbands Plastics Europe und des Verbandes der Pflanzenschutzmittelhersteller (ECPA) heißt es, die Vorschläge seien „nicht akzeptabel“. Faktisch würden keine Kriterien festgelegt. Statt dessen übernehme die Kommission lediglich die Definition der WHO, die unzureichend sei. CEFIC-Generaldirektor Marco Mensink verlautete: „Nach etlichen Jahren haben wir nun nur eine neuerliche Bekräftigung der WHO-Kriterien. Das schafft zwar wenigstens mehr Klarheit, ist aber unzureichend. Wir müssen höchstmögliche Sicherheitsstandards festlegen, die gleichzeitig Innovationen ermöglichen.“ ECPA-Generaldirektor Jean-Jacques Bocquet bemängelte, aufgrund des Vorschlags der EU-Kommission müssten Pflanzenschutzmittel verboten werden, die Stoffe beinhalten, „wie sie auch in alltäglichen Produkten vorkommen, zum Beispiel Kaffee“. Dies sei sinnlos. Die Kriterien sollten ausschließlich auf wirklich bedenkliche Substanzen abstellen, nicht aber auf solche, die die Landwirtschaft zur Produktion sicherer, gesunder und erschwinglicher Nahrungsmittel benötige. Ähnlich argumentierte Karl Förster, der Exekutivdirektor von Plastics Europe.

 

Konzentration aufs Wesentliche

 

Auch der VCI sieht den Vorschlag der Kommission „kritisch“, betonte Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann: „Zwischen hormonell aktiven Stoffen, die sicher verwendet werden können, und denen, die schon bei niedrigen Mengen oder Dosierungen eine schädliche Wirkung haben, kann damit nicht unterschieden werden. Es darf nicht dazu kommen, dass eine Vielzahl von Stoffen, die wichtig für modernen Pflanzenschutz oder effiziente Materialien ist, verboten wird“. Tillmann zufolge unterliegen endokrine Disruptoren bereits einer Reihe von Vorschriften: „Im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung REACH können sie einer Zulassungspflicht unterworfen werden. Die Verordnungen für Pflanzenschutzmittel oder Biozid-Produkte schreiben sogar ein weitreichendes Verwendungsverbot vor“. Tillmann empfiehlt daher, neue Regulierungen für endokrine Disruptoren auf Stoffe zu beschränken, „die bereits in niedrigen Mengen oder Dosierungen eine schädliche Wirkung beim Menschen oder in der Umwelt auslösen. Die Entscheidung, ob ein Stoff reguliert werden muss, sollte die Schwere der schädlichen Effekte, die Reversibilität eines negativen Effekts sowie die Aussagekraft der wissenschaftlichen Daten berücksichtigen“.